Ein Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro für 2015, die Aktie nahe dem Allzeittief: Auf der jährlichen Bilanzpressekonferenz musste Cryan Investoren überzeugen, dass Ende am Licht des Tunnels beim Konzernumbau der Deutschen Bank zu sehen ist. Ihre Geduld scheint allmählich aufgezehrt: Schon 25 Prozent beträgt das Kursminus seit Jahresbeginn, der Börsenwert der Bank ist rund 20 Milliarden Euro geschmolzen.

Doch die nun veröffentlichen genauen Zahlen für 2015 zeigen ein gemischtes Bild: So steigerten die Sparten Zahlungsverkehr und Vermögensverwaltung im Gesamtjahr ihren Vorsteuergewinn kräftig, erstere verzeichnete gar ein Rekordergebnis. Doch gerade im wichtigen Investmentbanking sanken die Umsätze im vierten Quartal um knapp ein Drittel. Dort kämpft die Bank mit einem schwachen Anleihenhandel. Das ist neu: Bisher betonte sie stets, es seien vor allem einmalige Strafen für Skandale, die das ansonsten starke Tagesgeschäft drückten. Nun steht vor Steuern ein Quartalsverlust von 1,2 Milliarden Euro. Eine herbe Enttäuschung für Investoren.

Schwächen im Investmentbanking



Daher bemühte sich Cryan gleich zu Beginn, Erfolge herauszustellen: Den für das zweite Quartal anvisierten Verkauf der Beteiligung der Frankfurter an der chinesischen Hua Xia Bank, einen Vergleich mit US-Behörden über Verstöße gegen amerikanische Sanktionen sowie das Schrumpfen der internen Bad Bank.

"Wir haben im Handelsgeschäft etwas an Momentum verloren", gab Cryan zu. Doch das Trading mit Währungen und Zinsen bleibe stark. Mehr Sorgen mache ihm der schwächere Aktienhandel. Die Bank werde in Research und Handel investieren, um Marktanteile zurückzugewinnen.

Doch zugleich stellte er Investoren auf weiter harte Zeiten ein. "Der Umbau der Bank wird das ganze Jahr weiter gehen", sagte Cryan. Dazu zähle der Verkauf der Postbank, der Umbau des Privatkundengeschäfts und die Digitalisierung des Geschäfts. 2016, so Cryan, werde der Höhepunkt der Restrukturierung. Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten, die 2015 rund 5,2 Milliarden Euro betrugen, würden weiter eine "erhebliche Belastung" bleiben. Wichtige Fälle wolle die Bank aber dieses Jahr beilegen. Wahrscheinlich würden die Rückstellungen für Skandale 2016 unter denen des Vorjahres liegen. Der Zenit der Geldstrafen könnte also überschritten sein - angesichts von 5,2 Milliarden Euro Rückstellungen indes noch kein Grund zur Freude.

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Keine Kapitalerhöhung geplant



Vor allem bei einem Thema will Cryan beruhigen: Es bestehe keine Notwendigkeit, neues Kapital aufzunehmen - nach allem, "was die Bank derzeit vorhersehen könne". Die Kosten der Bank sollen im neuen Jahr stabil bleiben, Kosten für den Konzernumbau von einer Milliarden Euro an anderer Stelle eingespart werden.

Die harte Kernkapitalquote (derzeit 11,1 Prozent), so Cryan, werde im ersten Quartal ihren Tiefpunkt erreichen und dann langsam steigen, auch wegen des Verkaufs der Hua Xia Beteiligung, der wertvolles Eigenkapital bringt. Bis 2018 soll die Kernkapitalquote auf 12,5 Prozent steigen. Eine Dividende, sagt Cryan, sei "frühestens für das Geschäftsjahr 2017" in Sicht.

Probleme mit der Postbank



Finanzvorstand Markus Schenck schob derweil den Verkauf der Postbank auf die lange Bank: Dies sei ein "Thema der nächsten 24 Monate". Es könne 2016 so weit sein, aber auch 2017. Dies hänge auch von den Marktumständen ab, so Schenck. Damit wird klar: Die eigentlich für dieses Jahr geplante Abspaltung wir schwerer als gedacht. Ein schwerer Rückschlag für die auf eine schnelle Wende hoffenden Aktionäre.

So musste Cryan einmal mehr auf seinen guten Ruf als früherer Sanierer der Schweizer Großbank UBS verweisen: "Eine Restrukturierung braucht Zeit", sagt Cryan. "Ich selbst kenne solche Situationen aus eigener Erfahrung und bin überzeugt, dass wir auch diese erfolgreich bewältigen werden."

Investoren bleibt wenig anderes übrig, als ihm das zu glauben.

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Investoren überzeugen Cryans Botschaften noch nicht. Die Aktie fällt erneut unter die Marke von 17 Euro. Zu ungewiss ist derzeit, wie lange der teure Umbau noch dauert und welche bösen Überraschungen von Rechtsstreitigkeiten noch drohen. Der Verkauf der Postbank droht sich zu verzögern, das Investmentbanking schwächelt. Auch wenn die Bank nicht mehr weit von ihrem Allzeittief notiert, sollten sich Anleger nicht zum Einstieg verleiten lassen. Beobachten.