Die Kritik der Ermittler fiel deutlich aus: "Über Jahre haben Mitarbeiter der Deutschen Bank rund um den Globus illegal Zinssätze manipuliert", erklärte das US-Justizministerium. Die britische Finanzaufsicht FCA warf der Bank vor, die Ermittler behindert und in die Irre geführt zu haben. So brauchte das Institut, das sich selbst einen "Kulturwandel" verordnet hat, zum Beispiel zwei Jahre, um Tonbänder auszuhändigen, auf denen fragwürdige Absprachen einzelner Händler dokumentiert sind.

Die Deutsche Bank räumte ein, dass die Zusammenarbeit besser hätte laufen können und gelobte Besserung. Im Zuge einer internen Untersuchung seien mehr als 150 Millionen elektronische Dokumente und 850.000 Audio-Mitschnitte gesammelt worden. Das Institut habe verantwortliche Mitarbeiter im Handelsbereich bestraft oder entlassen und interne Kontrollen verschärft. "Der Vergleich ist ein weiterer Schritt auf unserem Weg, die Vergangenheit aufzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass die Bank das Vertrauen der Kunden, Aktionäre und der gesamten Gesellschaft wieder zurückerlangt", erklärten die Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Sie betonten, kein aktuelles oder ehemaliges Vorstandsmitglied habe von den Tricksereien gewusst.

Bei den Anlegern herrschte Erleichterung darüber, dass die größte Altlast unter den zahllosen Rechtsstreitigkeiten des Instituts nun zu den Akten gelegt werden kann. Die Aktie der Deutschen Bank notierte leicht im Plus, während der Gesamtmarkt deutliche Verluste verbuchte.

Dabei fiel die Strafe um einiges höher aus, als die Bank befürchtet hatte. Weil die Rückstellungen nicht ausreichten, musste das Institut weitere 1,5 Milliarden Euro draufpacken. Auch "andere Themen" sollen damit abgedeckt werden, wie es hieß. Das belastet zwar das erste Quartal, aber ein Gewinn bleibt nach Konzernangaben trotzdem übrig. Nun spekulieren Analysten auf starke Geschäfte gerade im Investmentbanking zu Jahresbeginn. Das hatte sich bereits bei den US-Rivalen abgezeichnet. Die Quartalsbilanz wird am Mittwoch erwartet.

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"MÄRKTE MANIPULIEREN SICH NICHT VON SELBST"

In den Zinsskandal sind Banken weltweit verstrickt. Nach Erkenntnissen der Regulierer haben sich einzelne Händler bei wichtigen Referenzzinsen wie Libor und Euribor abgesprochen, um Handelsgewinne einzustreichen. An solchen Zinssätzen hängen weltweit Geschäfte in einem Volumen von vielen hundert Billionen Dollar. Etliche Institute haben in den vergangenen Jahren Vergleiche mit verschiedenen Instanzen geschlossen. Als bisherige Rekordstrafe in der Affäre galten die 1,5 Milliarden Dollar, die die Schweizer Großbank UBS 2012 bezahlen musste. Die Deutsche Bank war von der EU-Kommission bereits Ende 2013 zu einer Strafe von 725 Millionen Euro verdonnert worden.

Zu den angelsächsischen Regulierern, mit denen die Deutsche Bank nun als sechstes Institut den Vergleich geschlossen hat, gehörte auch die New Yorker Finanzaufsicht DFS von "Bankenschreck" Benjamin Lawsky. Allein an sein Haus fließen aus der Gesamtsumme 600 Millionen Dollar. Auch Lawsky fand deutliche Worte: "Wir müssen uns immer in Erinnerung rufen, dass sich Märkte nicht von selbst manipulieren. Dazu erfordert es ein vorsätzliches Fehlverhalten einzelner Leute." In umfangreichen Chat-Protokollen waren die Aufseher den illegalen Absprachen auf die Spur gekommen, die sich zwischen 2005 und 2010 abspielten. So sagte ein Händler zum anderen - auf dessen Bitte, den Libor in die gewünschte Richtung zu lenken: "Ok, ich werde versuchen, Dir ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk zu machen."

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin dürfte sich über die umfangreichen Erkenntnisse ihrer Kollegen in Großbritannien und den USA freuen und sich daraus bedienen. Denn auch sie hat sich die Zinstricksereien bei der Deutschen Bank genauer angeschaut. Sie ging vor allem der Frage nach, ob Manager - etwa der langjährige Chef-Investmentbanker Jain - davon wussten und diese womöglich duldeten. Der mehrfach verschobene Abschlussbericht der BaFin wird jetzt spätestens im Frühsommer erwartet.

Reuters