Zeitplan

Deutsche Bank und Commerzbank loten derzeit einen möglichen Zusammenschluss aus. Bis spätestens Ostern dürfte klar sein, ob die Fusionsgespräche fortgesetzt und die Bücher im Rahmen einer sogenannten Due Dilligence vertieft geprüft werden. Bis zu den Hauptversammlungen im Mai könnte dann geklärt sein, ob es zu einer Fusion kommt.

Der Deal

Möglich sind zwei Varianten:

  • Die Deutsche Bank übernimmt die kleinere Commerzbank und bietet einen Aufschlag auf den aktuellen Commerzbank-Aktienkurs

  • Beide Banken überführen ihre Aktivitäten und Vermögenswerte in eine neue Gesellschaft, an der die jeweiligen Altaktionäre mit neuen Aktien in einem bestimmten Tauschverhältnis beteiligt werden.
  • Kapitalbedarf

    In beiden Fällen gehen Analysten von einem zusätzlichen Kapitalbedarf von drei bis neun Milliarden Euro aus. Der Bedarf hängt insbesondere davon ab, welche Restrukturierungskosten (Stellenabbau) anfallen, wie die Neubewertung der Bilanzen ausfällt und ob zusätzliche Risikopuffer gebildet werden müssen. So hat die Commerzbank italienische Staatsanleihen im Volumen von neun Milliarden Euro in den Büchern, deren Marktwert drei Milliarden Euro niedriger liegt. In der Bilanz der Deutschen Bank ist es vor allem ein schwer durchschaubares 25-Milliarden-Euro-Portfolio von Finanzwerten aus der Finanzkrise, für die es nur interne Bewertungen, aber keinen Marktwert gibt.

    Kapitalerhöhung

    Im Fall der Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank könnte der zusätzliche Kapitalbedarf über eine Kapitalerhöhung gedeckt werden. Eine Kapitalerhöhung gilt aber auch angesichts des niedrigen Aktienkurses als schwierig.

    Alternative I: "Badwill" heben

    Einige Analysten sehen einen Weg, ohne Kapitalerhöhung auszukommen. Demnach könnte sich die Deutsche Bank zu Nutze machen, dass die Commerzbank nur zu einem Drittel ihres Eigenkapitals am Markt bewertet wird - die Lücke wird auf rund 14 Milliarden Euro taxiert. Übernimmt sie die Commerzbank zum Marktwert, könnte sie diesen sogenannten "Badwill" (negativer Firmenwert) von bis zu 14 Milliarden Euro heben - und unter bestimmten Bedingungen als Eigenkapital in die Bilanz nehmen. Auf diesem Weg hat beispielsweise die Wiesbadener Aareal Bank bei zwei Übernahmen 90 und 150 Millionen Euro "Badwill" erzielt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Bilanz vorher auch auf stille Lasten geprüft wird (siehe Kapitalbedarf). Und selbst dann ist fraglich, ob die Bankenaufseher diesen Badwill bei der Fusion Deutsche-Commerzbank akzeptieren werden.

    Alternative II: Verkauf der Fondstochter DWS

    Als alternative Kapitalbeschaffung wird deshalb am Markt ein Szenario gespielt bei dem die Deutsche Bank zur Finanzierung ihre vor einem Jahr an die Börse gebrachte Fondstochter DWS verkauft, an der sie noch 77,8 Prozent hält. Dadurch könnten bis zu fünf Milliarden Euro mobilisiert werden. Die DWS-Aktie reagierte darauf zu Wochenbeginn mit deutlichen Kurszuwächsen. Nach Einschätzung aus Branchenkreisen kommt ein Verkauf der DWS, die als Ertragsperle gilt, für die Deutsche Bank derzeit aber nicht in Frage. Auch der Allianz-Konzern, der als möglicher Käufer gehandelt wird, hat angeblich kein Interesse.

    Großaktionäre

    Die Anteilseigner ziehen bei dem Projekt längst nicht an einem Strang. Wichtige Aktionäre der Deutschen Bank, darunter das Emirat Katar (rund sechs Prozent) und der US-Vermögensverwalter Blackrock (jeweils fünf Prozent an Deutscher und Commerzbank), gelten als Gegner der Fusion. Hauptbefürworter ist Commerzbank-Großaktionär Staat (rund 15 Prozent). Der US-Finanzinvestor Cerberus ist an der Deutschen Bank mit drei und an der Commerzbank mit fünf Prozent beteiligt und soll dem Zusammenschluss aufgeschlossen gegenüberstehen. Unklar ist bislang auch, wie der Streubesitz reagiert, der bei der Deutschen Bank bei 82 Prozent liegt und bei der Commerzbank bei 75 Prozent. Ausschlaggebend dürfte hier das Urteil der sogenannten Stimmrechtsberater wie Glass Lewis und ISS sein, die sich noch kein Urteil gebildet haben.

    Staatsanteil

    Der Staat, der derzeit an der Commerzbank rund 15 Prozent hält, wäre an einem fusionierten Institut rein rechnerisch zu fünf bis sechs Prozent beteiligt. Unklar ist, ob der Staat tatsächlich beteiligt bleibt (politisch hochgradig umstritten) oder sich unter milliardenschweren Verlusten für den Steuerzahler aus seiner Bankbeteiligung zurückzieht.

    Weitere Risiken der Fusion

    1. Kundenschwund: Die Banken sind bei einer Fusion vor allem mit sich selbst beschäftigt. Dadurch könnte es zu Kundenschwund und zu Marktanteils-Verlusten kommen.
    2. Aufsichtshürden Die Transaktion ist an vielen Stellen von der Zustimmung der Aufsichtsbehörden abhängig. Die regulatorischen Anforderungen könnten durch den Zusammenschluss steigen. Die Monopolkommission sieht zwar keine Wettbewerbsprobleme. Sie warnt aber vor einem neuen Systemrisiko durch die schiere Größe. Gerät das Institut bei einer neuen Finanzkrise in Schieflage, müsste es staatlich gerettet bzw. abgewickelt werden
    3. Widerstand der Arbeitnehmervertreter Der der Zusammenschluss kaum Ertragssynergien bringt, gilt er nur dann als betriebswirtchaftlich sinnvoll, wenn dadurch signifikante Kostenvorteile erzielt werden, die sich vor allem über den Abbau von 20000 bis 30000 Stellen realisieren lassen. Die Arbeitnehmervertreter haben bereits signalisiert, dass sie das nicht mittragen wollen - und beispielsweise mit einem Stopp der laufenden Integration der Postbank gedroht. Inzwischen warnt auch die Bundesregierung, ein Hauptantreiber der Fusion, vor einem Stellenabbau.

    Kaufempfehlung

    Wer trotz allem auf einen Zusammenschluss setzen will, sollte die Commerzbank-Aktie kaufen. Die meisten Analysten rechnen mit einem Szenario, bei dem die Deutsche Bank die Commerzbank übernimmt und einen Aufschlag auf den Commerzbank-Aktienkurs von 20 Prozent bietet. Zuletzt hat zwar auch die Deutsche-Bank-Aktie auf Fusionsspekulationen angezogen, doch die Commerzbank gilt eindeutig als Favorit bei den Investoren. Da eine Fusion als komplex und riskant gilt, könnten die Kurse in den nächsten Wochen stark schwanken. Als nicht ausgeschlossen gilt, dass die Banken am Ende ihre Gespräche ergebnislos beenden - und es zu keiner Fusion kommt.