Jains Kollege Jürgen Fitschen entschuldigte sich bei den Aktionären für die mageren Renditen der zurückliegenden Jahre und betonte, mit der neuen "Strategie 2020" seien die Weichen für Deutschlands größtes Geldhaus nun gestellt: "Wir steuern die Deutsche Bank in die richtige Richtung." Die Resonanz der Aktionäre fiel verhalten aus, vereinzelt ertönten Buhrufe aus dem Publikum.

Die 2012 angetretene Doppelspitze steht unter Druck. Etliche Großinvestoren hatten vor der Hauptversammlung klargemacht, dass sie mit den bisherigen Ergebnissen nicht zufrieden sind und ein Fragezeichen hinter die Führungsmannschaft gesetzt. Wesentliche Ziele der vor drei Jahren ausgerufenen "Strategie 2015+" wurden nicht erreicht. Manche Investoren signalisierten sogar, dass sie dem Vorstand eine Entlastung verweigern würden, weil ihr Vertrauen aufgebraucht ist.

Auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner machte klar, dass ein "Weiter so" für das Top-Management keine Option seien kann. "Keine Frage, das öffentliche Bild der Deutschen Bank ist derzeit stark angeschlagen und beschädigt", sagte er in der nicht gänzlich gefüllten Frankfurter Festhalle vor rund 4000 Aktionären. "Niemand kann mit dem äußeren Erscheinungsbild und dem Aktienkurs zufrieden sein."

"ACHT VERLORENE JAHRE"



Am Vorabend der Hauptversammlung hatte Achleitner einen umfangreichen Vorstandsumbau auf den Weg gebracht, über den der Aufsichtsrat gut drei Stunden lang intensiv beraten hatte. Dabei wurde Jain gestärkt, er leitet die Umsetzung der neuen Strategie nun persönlich. Wichtigster Punkt ist die Abspaltung der Postbank, um die riesige Bilanzsumme der Deutschen Bank zu kürzen. Das verbleibende Privatkundengeschäft im Konzern wird zusammengestrichen. Damit gewinnen die Investmentbanker wieder an Macht, die Jain jahrelang selbst geführt hat.

Großer Verlierer der Neuaufstellung ist der langjährige Privatkunden-Chef Rainer Neske, der wie erwartet von Bord geht. Seine Aufgabe übernimmt der erst im Januar in den Vorstand eingezogene Rechts- und Compliance-Vorstand Christian Sewing zusätzlich. Er wird auch den sich abzeichnenden Jobabbau in der Privatkundensparte durchsetzen müssen.

Die Fondsgesellschaft Union Investment, einer der Top-20-Aktionäre der Bank, erklärte, mit dem Vorstandsumbau sei ein Anfang gemacht. Portfoliomanager Ingo Speich nutzte seine Rede auf der Hauptversammlung jedoch für eine Generalabrechnung mit Jain und Fitschen und kündigte an, die Führungsmannschaft nicht zu entlasten: "Der Kredit an Vertrauen, den wir dem Management bislang gegeben haben, ist durch die Enttäuschungen der letzten Wochen, Monate und Jahre verspielt."

Die neue Strategie überzeugt ihn nicht. Die Bank habe bereits "acht verlorene Jahre" hinter sich. "Nach einer langen Durststrecke werden jetzt schon wieder fünf unprofitable Übergangsjahre mit Restrukturierungskosten in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt."