Mehr als zehn Jahre nach der Finanzkrise sprechen die beiden größten, börsennotierten deutschen Banken über einen Zusammenschluss - aus der Not geringer Erträge hinaus. Ist das wirklich immer noch eine Nachwirkung der Krise?
Ja, das ist es tatsächlich. Die Deutsche Bank ist das beste Beispiel für das Problem. Vor der Krise hat die Bank den Zugang zu ihrer Bilanzsumme zu billig verkauft. Und nach der Krise haben sie lieber drei Jahre lang unter dem damaligen Vorstandschef Anshu Jain die Regulierer bekämpft anstatt sich schnell von den Altlasten zu befreien und zu entschulden. Den Kampf gegen die Behörden haben sie verloren - und die Trendwende nicht geschafft. Sie erzielen einfach nicht genug Gewinne. Ich habe die Deutsche Bank noch im letzten Jahr auf der Shortlist gehabt, jetzt aber nicht mehr

Stellen die noch vorhandenen Altlasten ein potenzielles Risiko dar?
Nein, sie sind mittlerweile am Markt gut bekannt.

Was halten Sie von der Fusionsidee generell?
Es ist schwierig, weil in Deutschland Landesbanken und andere das Retailgeschäft beherrschen. Kombiniert man beide, macht das nur über massive Kostenersparnisse im Privatkundengeschäft Sinn. Sie beantworten damit zudem nicht die Frage, was sie als Bank machen, um zu überleben. Und ich rechne auch nicht damit, dass es danach für die Deutsche Bank günstiger wird, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.

Warum haben sich die US-Banken so viel schneller von der Finanzkrise erholt als die europäischen?
Die US-Regulierer haben die Banken damals in einen schmerzhaften Reformprozess gezwungen. Dafür war die Krise dann 2011 verdaut, der Verschuldungsgrad von US-Banken ist deshalb heute deutlich niedriger als der der europäischen Häuser - und wir können die Zügel ein wenig lockern. Die EU-Regulierer sind damals anders vorgegangen, langsamer, weil die Staatsanleihen etwa von Spanien, Italien und Portugal in den Händen der heimischen Banken lagen und schnelle Reformen nicht möglich waren. Noch immer ist die Kapitalrendite viel zu niedrig, um die Entschuldung voranzutreiben.

Momentan setzen Sie allerdings weniger auf Kursverluste bei europäischen Banken, sondern bei kanadischen Banken. Wieso das?
Zunächst: Das ist kein Big Short von Kanada. Aber die kanadischen Banken haben in den vergangenen 30 Jahren keinen Kreditzyklus gehabt, also eine extrem geringe Ausfallquote. Jetzt beginnen allerdings gerade die Häuserpreise runterzugehen und die Kreditverluste sich zu normalisieren. Die kanadischen Banken werden die aktuell sehr niedrige Risikobewertung ihrer Hypothekendarlehen erhöhen müssen, wahrscheinlich verdreifachen. Das führt dann zu einem Rückgang der Kapitalquoten, weil sich die Risikogewichte ihrer Einlagen erhöhen.

Wann, glauben Sie, wird das Szenario eintreten?
Wir werden das noch in diesem Jahr erleben. Australien ist in einer ähnlichen Situation wie Kanada, dort findet die Normalisierung des Kreditzyklus bereits statt.

Sehen Sie denn andere strukturelle Risiken, die zu einer Krise - vergleichbar mit der in 2008 - führen könnten?
Das größte Risiko ist ein politisches: Die Volkswirtschaften sind gewachsen, aber die meisten Bürger haben nicht das Gefühl, etwas davon zu haben und protestieren dagegen.