Letzte Rettungsversuche seien ohne Ergebnis geblieben, räumte Deutschland-Chefin Stefanie Berk im hessischen Oberursel ein. "Leider ließ sich auf dem Verhandlungsweg keine kurzfristige Lösung erreichen." Der Reiseveranstalter will sich durch die Insolvenz vom Mutterkonzern lösen, um einen Neustart zu schaffen. Dafür braucht er aber einen Überbrückungskredit von Bund und Land. Der Staat hatte erst der Cook-Tochter Condor am Dienstag einen Kredit über 380 Millionen Euro zugesagt, weil die Airline als profitabel und lebensfähig gilt.

Das Bundeswirtschaftsministerium und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärten, das Hilfegesuch von Thomas Cook zu prüfen. Eine Bewilligung staatlicher Finanzhilfe sei allerdings nur möglich, wenn es Gewissheit gebe, dass das Unternehmen zukunftsfähig sei. "Dazu liegt uns wirklich Beratungsfähiges bis zur Stunde noch nicht vor", sagte Bouffier in Wiesbaden. Die Gewerkschaft Verdi forderte, die unverschuldet in Not geratene Firma zu stützen.

Nach EU-Regeln für Staatshilfen können die Mitgliedsländer Firmen in finanziellen Notlagen vorübergehend unter die Arme greifen. Die EU-Kommission muss die Hilfe allerdings genehmigen. EU-Vertretern zufolge dauert die Prüfung einige Wochen. Vor zwei Jahren hatte der Staat die mittlerweile verschwundene Fluggesellschaft Air Berlin in der Pleite mit 150 Millionen Euro gestützt, damit der Flugbetrieb weiterging und das Unternehmen verkauft werden konnte. Der Kredit wurde vor Kurzem vollständig getilgt.

EXPERTE SKEPTISCH ÜBER COOKS AUSSICHTEN


Thomas Cook ist in Deutschland die Nummer zwei nach TUI. Der Umsatz belief sich nach Angaben des Deutschen Reiseverbands auf vier Milliarden Euro im vergangenen Jahr, was einem Marktanteil von knapp zehn Prozent entsprach. Ein Experte äußerte sich skeptisch, ob der Staat Thomas Cook mit seinen Marken Neckermann, Öger Tours oder Bucher Reisen und den rund 2000 Beschäftigten hilft. "Da sehe ich wenig Perspektive", sagte Torsten Kirstges, Professor für Tourismuswirtschaft an der Jade Hochschule. Der zu vermeidende Schock für den Reisemarkt wäre nicht so groß wie bei einem Ende der Condor-Flugline, die für alle großen Veranstalter fliegt. "Die Airline ist systemrelevant für Freizeitreisen", sagte Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb. Condor habe perfekte Geschäftsaussichten und werde sicher einen neuen Eigentümer finden.

Für die Thomas Cook GmbH sei das dagegen schwierig, sagte Kirstges. Da die Rendite im Veranstaltergeschäft gering sei, dürften Finanzinvestoren abwinken. Und den großen Konkurrenten am Markt - wie TUI, DER, FTI, Alltours oder Schauinsland - wäre ein Marktaustritt von Thomas Cook wegen des harten Wettbewerbs nur recht. "Das wird sich schnell umverteilen." Verkäuflich wären vor allem die Marken. Aber die seien durch die Insolvenz ein Stück weit verbrannt. Reisebüros, die jetzt auf Kosten sitzen bleiben, und gestrandete Kunden seien schwer zu halten.

VERSICHERUNG RÄT URLAUBERN: "KEINE PANIK"


Thomas Cook muss jetzt auch die Rückkehr von noch 97.000 Urlaubern im Ausland organisieren. Alle neuen Reisen hatte Thomas Cook Deutschland bereits zu Wochenbeginn gestoppt. "Wir sind derzeit im Austausch mit dem Auswärtigen Amt, dem Reiseinsolvenzversicherer und weiteren Partnern mit dem Ziel, eine geordnete Rückführung der Gäste zu ermöglichen", erklärte Thomas Cook. Dafür zahlen muss der Versicherer Zurich, der die in Deutschland obligatorischen Reisesicherungsscheine für Thomas-Cook-Kunden ausgegeben hat. Auch bereits geleistete Anzahlungen für gebuchte Reisen sollen damit ersetzt werden. Ob die 110 Millionen Euro ausreichen, auf die der Insolvenzschutz begrenzt ist, ist aber offen. "Panik ist nicht angesagt", sagte ein Zurich-Sprecher. Die Reisenden müssten sich jetzt nicht hektisch um Rückflüge kümmern. Es könne aber sein, dass Kunden etwas früher zurückfliegen müssten.

AUFATMEN BEI CONDOR


Bei der Airline Condor reagierten die fast 4900 Mitarbeiter, Kunden und Partner nach Worten von Geschäftsführer Christoph Debus mit riesiger Erleichterung. Dank des Brückenkredits von 380 Millionen Euro normalisierten sich die Buchungszahlen. Condor beantragte beim Amtsgericht Frankfurt ein Schutzschirmverfahren, über das in den nächsten Tagen entschieden werden soll. Das Unternehmen hat dann drei Monate Zeit für einen Insolvenzplan. "Schon die ganze Woche sind wir ohne Flugausfälle geflogen. Wir verkaufen unsere Tickets wie gewohnt", sagte Debus Reuters. Die Reiseveranstalter stünden fest zu Condor. Die Suche nach einem neuen Eigentümer liefen auf Hochtouren. "Es gibt ganz konkrete Angebote und Partner mit denen wir sprechen, und wir sind zuversichtlich, dass wir eine gute neue Eigentümerstruktur für unsere Condor finden."

rtr