"Für die deutsche Industrie wären die unmittelbaren Folgen eines Austritts der Griechen aus der Währungszone aufgrund des vergleichsweise geringen Handelsvolumens beschränkt." Schwer zu kalkulieren seien allerdings die indirekten Folgen - etwa für die anderen Länder der Euro-Zone, die Finanzmärkte und die Konjunkturerwartungen in Europa.

Auch der Exportverband BGA sieht nach dem Scheitern der Schuldengespräche keinen Anlass zu großer Sorge. Die Kursabschläge an der Frankfurter Börse seien eher gering, sagte BGA-Präsident Anton Börner der Nachrichtenagentur Reuters. Er hätte Rückgänge bis zu 15 Prozent erwartet, anstatt des Verlusts beim Dax von rund drei Prozent am Vormittag. "Ein Chaos sieht anders aus."

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) macht sich dafür stark, die Kontakte zu Griechenland nicht abreißen zu lassen. "Im Moment helfen wir aus Deutschland heraus am ehesten, wenn wir versuchen, die Geschäftsbeziehungen zu griechischen Partnern aufrecht zu erhalten und auch weiterhin als Touristen nach Griechenland reisen", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Für die Menschen und Unternehmen in Griechenland beginne eine noch schwierigere Phase. "Gerade auch die Unternehmen werden unter den Einschränkungen des Kapitalverkehrs leiden", sagte Schweitzer. "Ein normales wirtschaftliches Leben ist kaum möglich in dieser Phase der absoluten Unsicherheit." Eine neue Perspektive für das Land setze voraus, dass die politische Elite Griechenlands die zugeschlagene Tür in Richtung Europa bald wieder öffne.

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"GRIECHENLAND IST ZU KLEIN"



Auch Ökonomen erwarten trotz der Krise keinen Konjunktureinbruch in der Bundesrepublik. "Das ist wirtschaftlich ein verlorenes Jahr für Griechenland, aber für Deutschland spielt das keine Rolle", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Nicht einmal ein Prozent der deutschen Exporte gehen dorthin." Ähnlich sieht das Ökonom Johannes Mayr von der BayernLB. "Die direkten Folgen für die Wirtschaft in der Euro-Zone und Deutschland dürften begrenzt sein - Griechenland ist zu klein, die Handelsverflechtungen zu gering", sagte der Experte. "Man muss aber abwarten, wie stark die Marktturbulenzen sein werden. Denn die könnten auf die Realwirtschaft durchschlagen."

Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut sieht das anders. "Die Eskalation der Griechenland-Krise könnte den Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr schwer schädigen, möglicherweise sogar vorzeitig abbrechen lassen", sagte IMK-Direktor Gustav Horn. "Ein Grexit oder eine zähe Agonie durch Unsicherheit könnte das bislang positive Konjunkturbild dramatisch verändern." Eine Ansteckung weiterer Länder und die Destabilisierung des gesamten Euro-Raums sei "keineswegs unwahrscheinlich".

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern am Wochenende droht Griechenland nach dem Auslaufen des Hilfsprogramms am Dienstag die Staatspleite, die zu einem Ausscheiden aus der Euro-Zone führen könnte. "Griechenland kann nicht um jeden Preis in der Währungsunion gehalten werden", warnte Industriepräsident Grillo vor zu großen Zugeständnissen an die griechische Regierung. Diese lehnt die Spar- und Reformforderungen der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ab.

Reuters