Zehn Prozent Aufschlag auf den Börsenwert der Firma - das wollte Dialog-Semiconductor-Chef Jalal Bagherli bei den Verhandlungen über den Zusammenschluss mit dem österreichischen Sensorspezialisten AMS AG angeblich herausholen. Doch die Grazer winkten ab. "Wir konnten uns nach mehrmonatigen Diskussionen nicht einigen", sagt der gebürtige Iraner, der die gemeinsame Firma wohl als Chef geführt hätte.

Der promovierte Elektroingenieur blickt trotz des Rückschlags optimistisch nach vorn. "Das spornt mich an", sagt Bagherli. Im laufenden Jahr soll die Firma demnach mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz einfahren. Bagherli ist zuversichtlich, das Ziel, das ursprünglich für 2015 galt, zu erreichen: "Mit durchschnittlich 40 Prozent mehr Umsatz pro Jahr wachsen wir weitaus schneller als der Markt."

Dialog entwickelt Chips, die dafür sorgen, dass Strom in Smartphones und Tablets effizient verbraucht wird. Manager Bagherli konzentriert sich seit geraumer Zeit auf diese Nische und hat das Unternehmen seit 2005 nachhaltig profitabel gemacht.

Die teure Produktion wurde früh an Auftragsfertiger wie Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) ausgelagert. Dialogs wichtigster Kunde ist der Technologiekonzern Apple, der die Chips in alle iPhoneund iPad-Modelle einbaut. Die Produkte könnten auch in der für Herbst erwarteten Computeruhr iWatch eingesetzt werden. Auch AMS ist Apple-Zulieferer, die Österreicher sind die größten Hersteller von Lichtsensoren. Mit ihrem Geschäft hätte Bagherli einen Konzern führen können, der auf mehr als 1,6 Milliarden Dollar Umsatz gekommen wäre. Vor seiner Zeit bei dem Chipentwickler aus Kirchheim unter Teck hatte der Ingenieur bei Konzernen wie Texas Instruments und Sony gearbeitet. Seither ist Bagherli bestens verdrahtet in der Branche. Mit großzügigen Aktienoptionen lockte der Fachmann viele internationale Fachkräfte nach Schwaben.

Der nächste Wachstumssprung schien mit der Fusion mit AMS schon in Reichweite. Nun macht Bagherli anders als viele Konkurrenten allein weiter. Denn die Chipentwickler fusionieren derzeit zuhauf: Cirrus Logic etwa, ein US-Entwickler von Audiochips, bot mehr als 70 Prozent Aufschlag auf den Börsenwert von Wolfson, Lieferant von Chips für Mikrofone in Smartphones und Tablets. Sowohl die Amerikaner als auch die Briten beliefern Apple und Samsung im großen Stil. Weiteres Beispiel ist die 1,6 Milliarden Dollar schwere Fusion der Hersteller von Antennenchips RF Micro und Triquint Semiconductor. Der neue Weltmarktführer im Segment fährt zwei Milliarden Dollar Umsatz ein.

Ein Grund für den Trend sind die knallharten Verhandlungen von Apple mit Zulieferern. Chipfirmen etwa sind ständig im Ungewissen, ob sie bei der künftigen Entwicklung der Produkte der Kalifornier noch dabei sind oder ausgemustert werden. Mit breiterem Portfolio und höheren Fertigungsvolumen bessert sich die Position gegenüber Kunden, aber auch gegenüber den eigenen Zulieferern und Auftragsfertigern. "Größe ist wichtig, um mehr Gewicht in Verhandlungen mit Zuliefererfirmen zu haben. Das wirkt sich positiv auf die Marge aus", sagt auch Dialog-Chef Bagherli.

Zukäufe bleiben deshalb auch für die Schwaben eine Option. "Kleine Firmen im Bereich Technologie, die wir schnell eingliedern, sind im Fokus, aber auch größere Unternehmen", sagt der Vorstandschef. "Wir müssen aber nicht um jeden Preis kaufen."

Dass der Elektroingenieur die Konsolidierungstrends im Blick hat, zeigt der Kauf der kleineren Firma iWatt im vergangenen Jahr. Die Amerikaner liefern Chips für das schnelle Laden von mobilen Geräten, das sogenannte Fast Charging. Dafür ist ein Chip im Ladegerät und einer im Smartphone oder Tablet notwendig. Den für das Ladegerät liefert iWatt, den anderen Dialog. Der Markt für diese Lösungen soll deutlich über 500 Millionen Dollar groß sein. Experten trauen Dialog zu, sich ein Fünftel davon zu sichern. Vorstandschef Jalal Bagherli: "Mit 40 Prozent mehr Umsatz pro Jahr wachsen wir weit schneller als der Markt".

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Einschätzung der Redaktion Günstiger Spezialist Anleger sehen die geplatzte Fusion mit Sensorspezialist AMS durchaus skeptisch. Trotz der soliden Bilanz für das zweite Quartal kam die Aktie unter Druck. Angesichts eines erwarteten Gewinnwachstums von jährlich mehr als 20 Prozent bis einschließlich 2016 ist die Aktie vergleichsweise günstig. Positive Überraschungen sind durchaus drin. Dialog bleibt ein spekulativer Favorit der Redaktion.