Fehler Nr. 1: Jahres- und Konzernabschluss: Auf Kurzfassungen verlassen



Mittlerweile sind viele Finanzinformationen (webbasiert) frei verfügbar. Einige Dienste bieten auch aggregierte Übersichten und Kennzahlenvergleiche an. So wichtig diese Übersichten und Kennzahlenvergleiche sind, wer sich ernsthaft und intensiv mit einer Unternehmensbeteiligung beschäftigen will, für den führt kein Weg daran vorbei: Er oder sie sollte sich mit den Original-Jahres- und Quartalsabschlüssen auseinandersetzen. Denn in zusammenfassenden Darstellungen werden in der Regel sämtliche im Geschäftsjahr als Einmaleffekt ausgewiesene Sondersituationen in einer Zeile saldiert. Informationen über die Anzahl und die Höhe der Einmaleffekte gehen damit verloren. Zudem ist nur schwer nachzuvollziehen, inwieweit sich qualitative Aussagen des Managements zu Geschäftsentwicklung und Sondersituationen mit den quantitativen Angaben in der Rechnungslegung decken.



Fehler Nr. 2: Bilanz, Kapitalfluss- sowie Gewinn- und Verlustrechnung getrennt betrachten



Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und Kapitalflussrechnung sind die wichtigsten Elemente der Rechnungslegung und sollten nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Während die Bilanz eine Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden ist, zeigt die GuV Aufwände und Erträge. Und die Kapitalflussrechnung zeigt die Veränderungen der liquiden Mittel im Verlauf einer Abrechnungsperiode. Anleger, die die Zusammenhänge dieser Elemente der Rechnungslegung kennen, können etwaige Inkonsistenzen besser erkennen und einschätzen - zum Beispiel mit Blick auf die Bildung und Auflösung von Abgrenzungsposten und anderen nicht zahlungswirksamen Buchungen. Diese können signifikante Ergebniseffekte verursachen, im Unterschied zur Verbuchung von Cash Flows jedoch auf fragwürdigen Einschätzungen und Bilanzierungsmethoden des Unternehmens beruhen.



Fehler Nr. 3: Zeiträume (Perioden) nicht beachten



Während die Gewinn- und Verlustrechnung und die Bilanz mehrheitlich quartalsweise veröffentlicht werden, wird der Cash Flow zumeist kumuliert dargestellt. Dieses Beispiel weist auf eine typische Herausforderung bei der Analyse der Rechnungslegung hin: Die Vergleichbarkeit von Perioden. Die besten Rückschlüsse kann ein Anleger daher dann ziehen, wenn er a) identifiziert, auf welchen Zeitraum sich die Informationen beziehen, und b) die vergleichbaren Perioden nebeneinander legt. Konkret bedeutet dies beispielweise, aus der kumuliert dargestellten Kapitalflussrechnung für das 2. Quartal die Cash Flows des 1. Quartals herauszurechnen und dieses Ergebnis dann der Gewinn- und Verlustrechnung des 2. Quartals gegenüberzustellen. Nur so lässt sich ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen verhindern.



Fehler Nr. 4: Schätzungen übersehen



Viele Einmaleffekte werden in Geschäftsberichten geschätzt angegeben - zum Beispiel im Falle von Abschreibungen, Wertminderungen oder Rückstellungen. Als Faustregel gilt: Finden sich hier allzu "runde" Zahlen wieder, dann handelt es sich nicht selten um eine Einschätzung des Managements. Dies sollte - gerade bei testierten Abschlüssen größerer Konzerne - per se keine Verdachtsmomente auslösen. Dennoch ist es wichtig für den Anleger zu erkennen a) wie verlässlich diese Schätzungen sind, und b) welche Methoden für diese Wertansätze angewendet werden. Je robuster und faktenbasierter der Prozess ist, der zur Bildung einer Abschreibung, Wertminderung oder Rückstellung führt, desto verlässlicher ist der Buchwert. Ist umgekehrt die Bewertung wesentlicher Bilanzposten mit Unsicherheiten behaftet, so dass sie nur auf dem Wege einer Schätzung ermittelt werden kann, sagt dies auch viel über das Risiko einer möglichen Unternehmensbeteiligung aus.



Fehler Nr. 5: Angaben im Anhang nicht lesen



Anhang und Lagebericht einer Gesellschaft enthalten wertvolle Informationen zum Jahresabschluss. Der Anhang enthält ergänzende quantitative und qualitative Informationen, die in dem Zahlenwerk der Bilanz und der GuV nicht enthalten sind. Der Lagebericht stellt die derzeitige und zukünftige Situation des Unternehmens hinsichtlich der Chancen und Risiken dar. Anleger sollten auf ungewöhnliche Vorkommnisse und außerbilanzielle Geschäfte achten sowie Hinweise zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden in die Betrachtung miteinbeziehen.