Früher nannte man sie neidisch Couponschneider - wohlhabende Bürger, die ihre Berechtigungsscheine von einem an Wertpapiere angehängten Bogen abschnitten und damit einen Anspruch auf Ausschüttungen von Unternehmen bei ihrer Bank geltend machen konnten. Die Zeiten haben sich geändert, das Schneiden von Coupons gehört der Vergangenheit an. Mittlerweile fließen Dividenden virtuell über Computersysteme um den Globus. Geblieben ist die Tatsache, dass stabile Firmenausschüttungen ein wichtiges Standbein beim Vermögensaufbau sind.

2021 zeigten sich viele Unternehmen großzügig. Laut Allianz Global Investors haben die europäischen Unternehmen des MSCI Europe ihre Ausschüttungen im vergangenen Jahr um etwa ein Drittel auf 378 Milliarden Euro angehoben. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs für die Dividenden sind noch nicht abschätzbar. Aus Sicht von Sam Witherow, Fondsmanager des JP Morgan Global Dividend, ist allerdings kein allzu großer Pessimismus angebracht: "Interessanterweise halten sich Dividenden im Schnitt deutlich stabiler als die Gewinne der Unternehmen und gehen in Krisen um weniger als die Hälfte der Gewinne zurück. Aufgrund des Ukraine-Kriegs könnte es einen Dämpfer bei den europäischen Dividenden geben, aber gerade in Europa ist der Abstand zur durchschnittlichen Dividendenrendite noch sehr groß, sodass es eher zurück zum Mittelwert gehen dürfte."

Nicht nur Rendite betrachten

Eine gut funktionierende Dividendenstrategie ist kein No-Brainer. Eine Orientierung an einer optisch hohen Dividendenrendite ist wenig sinnvoll. Dahinter kann sich ein starker Kursrückgang der Aktie verbergen. Hilfreich ist oft der Blick in die Vergangenheit: Konkret stellen sich die Fragen, ob Dividenden in den vergangenen Jahren ausgefallen und gekürzt wurden, oder ob sie kontinuierlich gezahlt und idealerweise auch erhöht werden. Wichtig ist, dass Unternehmen die Ausschüttung nicht aus der Substanz vornehmen. Eine Beurteilung der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells hilft bei der Einschätzung, ob die Dividenden auch künftig fließen werden.

Krisenfest durch Diversifikation

Beim JP Morgan Global Dividend stehen Wachstum und Qualität der Ausschüttungen im Fokus. Hinzu kommt eine breite sektorale Diversifikation. "Es ist sinnvoll, die Disruptoren in Bereichen wie erneuerbare Energien und Software zu berücksichtigen, auch wenn diese keine klassischen Dividendentitel sind", so Witherow.

Durch den Ukraine-Krieg stehen vielfach auch klassische Dividendensektoren wie Öl und Gas wieder im Fokus der Anleger. Der Fondsmanager investiert im ganzen Spektrum der Dividendenrenditen von 0,5 bis zehn Prozent. "Der Großteil der Titel in unserem Portfolio besteht aus Titeln, die wir Compounder nennen: Das sind robuste Kapitalvermehrer, die sowohl bei den Dividendenzahlungen als auch beim Dividendenwachstum eher im Mittelfeld liegen, aber mit einer langen Erfolgsgeschichte solider risikoadjustierter Erträge aufwarten können", so Witherow. "Taktisch mischen wir dann noch Dividendentitel mit besonders hoher Rendite und Dividendenaktien mit hohem Wachstum bei. Ein Blick auf die letzten 20 Jahre zeigt, dass die Compounder den MSCI World in der Gesamtrendite deutlich übertreffen."

Die Diversifikation erstreckt sich von Unternehmen mit hohem Wachstum wie dem Cloud-Profiteur Microsoft über Konzerne mit Dividendenzuwachs wie Texas Instruments bis hin zu Titeln mit hoher Ausschüttung wie dem Finanzdienstleister Truist Financial.

Ein überzeugendes Ergebnis hat auch der WisdomTree Global Quality Dividend Growth ETF hingelegt. Der ETF setzt bei der Auswahl der Dividendenzahler über ein Scoring-Verfahren erfolgreich auf einen Mix aus Qualität und Momentum. Im Aktienkorb findet sich ebenfalls Microsoft, das seit 18 Jahren die Ausschüttungen steigert.

Der Lupus alpha Dividend Champions versammelt stabile Dividendenzahler unter den europäischen Nebenwerten. Das High-Conviction-Portfolio konzentriert sich auf rund 30 Titel, von denen die Experten überzeugt sind. Für den Fondsmanager Marcus Ratz sind andere Aspekte als die reine Dividendenhöhe entscheidend. "Wichtig ist, dass die Ausschüttungen kontinuierlich über einen langen Zeitraum gezahlt werden und idealerweise auch zunehmen", erklärt der Experte.

Das Anlageuniversum von rund 1.400 Titeln wird gescreent und so auf 130 bis 150 Titel eingedampft. "Zu den Kriterien gehört, dass der Umsatz in den letzten zehn Jahren kumulativ nie um mehr als 30 Prozent zurückgegangen ist, dass immer ein positives Jahresergebnis erzielt wurde und dass die Eigenkapitalquote über 33 Prozent beträgt. Die Dividende darf kumuliert in den letzten zehn Jahren nie mehr als 15 Prozent zurückgegangen sein. Ausnahmen kann es geben, wenn in den letzten fünf Jahren erstmalig eine Dividende gezahlt wurde." Entscheidend für den Investmentansatz ist, dass die Dividenden nicht aus der Unternehmenssubstanz kommen, sondern mit Cashflows hinterlegt sind. Drei Prozent des Fonds- NAV sollen zum Ende eines Jahres an die Anleger fließen.

Warnung aus der Frontscheibe

Einer der Schwerpunkte des Portfolios liegt nicht ohne Grund auf britischen Titeln. "Die dortigen Unternehmen punkten mit einer hohen Dividendenstabilität. Während sich der deutsche Mittelstand eher über Banken refinanziert, hat in UK die Finanzierung über die Börse eine größere Bedeutung", so Ratz. Zu den Top-Ten-Unternehmen zählt eine belgische Holding: D’Ieteren ist Marktführer bei Autoglas-Reparaturen. In Deutschland ist sie mit der Marke Carglass präsent. Das Unternehmen profitiert von dem Trend der zunehmenden Technisierung der Automobile.

"Dazu zählen auch Warnsysteme, die das Fahren sicherer machen. Ab 2022 muss jeder Neuwagen ein solches Warnsystem im Auto haben, das meist an der Frontscheibe im Glas verbaut ist. Neben dem traditionellen Reparatur- und Austauschgeschäft kommt für D’Ieteren das Softwaregeschäft mit der Kalibrierung der Sensoren hinzu", erläutert der Fondsmanager.

Investor-Info


Globaler Dividendenfonds

Strategischer Mix

Beim JP Morgan Global Dividend setzen die Manager Helge Skibeli und Sam Witherow auf einen Mix aus Unternehmen mit starkem Wachstum, Dividendensteigerungen und hohen Ausschüttungen. Regional dominieren die USA mit knapp 60 Prozent. Die Sektoren sind breit diversifiziert. Microsoft, McDonald’s und Texas Instruments führen die Top-Positionen an. In den vergangenen drei Jahren lag der Wertzuwachs des Fonds für Euro-Anleger bei 47 Prozent.

Europa-Dividendenfonds

Cash aus der zweiten Reihe

Fondsmanager Marcus Ratz investiert beim Lupus alpha Dividend Champions in ein Portfolio von rund 30 europäischen Nebenwerten. Ein wichtiges Kriterium ist die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlungen. Das Gesamtgewicht der Top-Ten-Holdings liegt bei 46 Prozent. Darunter finden sich die DCC, ein irischer Vertriebs- und Marketingdienstleister, die belgische Holding D’leteren und die deutsche Gerresheimer. Der Fonds erzielte in drei Jahren 16 Prozent.

Globaler Dividenden-ETF

Wachstum und Momentum

Der WisdomTree Global Quality Dividend Growth ETF beinhaltet Qualitätstitel mit Dividendenwachstum und starkem Momentum aus Industrieländern, die zudem die ESG-Kriterien des Anbieters erfüllen. Am stärksten sind Aktien aus den USA (51,3 Prozent) vertreten, gefolgt von Großbritannien (10,5 Prozent). Je ein Fünftel des Portfolios ist in IT-Titel und Industriewerte investiert. Apple und Microsoft sowie der Minen-Gigant Rio Tinto sind hoch gewichtet. Euro-Anleger erzielten in den vergangenen drei Jahren 45 Prozent.