Wer arbeitet denn gern viel und hart für sein Geld? In Zeiten, in denen eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit immer wichtiger wird, vermutlich eher wenige Menschen. Regelmäßig Einkünfte zu generieren, ohne viel dafür tun zu müssen, klingt utopisch. Aber zum Glück gibt es die Börse. Dort findet man Aktien von Unternehmen, mit denen sich dieser Traum verwirklichen lässt, zumindest teilweise. Es handelt sich um Konzerne, die ihre Ausschüttungen im Idealfall schon seit mehr als 25 Jahren, besser noch seit über 50 Jahren erhöhen. Anleger sprechen hier von Dividendenaristokraten beziehungsweise von Dividendenkönigen.

Warum diese Titel und ihre Dividenden so wertvoll sind, verdeutlicht eine Beispielrechnung auf Seite 14. Ergänzen lässt sich dieses Ergebnis mit Daten von Ned Davis Research. Das US-Analysehaus hat für die Zeit von Ende Januar 1972 bis Ende 2017 ermittelt, welchen Wertzuwachs Aktien mit unterschiedlicher Dividendenpolitik erzielten. Demnach schnitten Dividendenkürzer und Firmen, die ihre Dividende sogar gestrichen haben, am schlechtesten ab, Dividendenerhöher und -initiatoren dagegen am besten.



Auf Erhöher setzen



Ebenfalls interessant: Das Risiko war bei den Dividendenerhöhern und -initiatoren am niedrigsten und bei den Dividendenkürzern und streichern am höchsten. Laut einer Analyse des US-Finanzdienstleisters Morningstar resultierten von 1930 bis 2017 beim Index S & P 500 Total Return 58 Prozent der Wertzuwächse aus Kursgewinnen und immerhin 42 Prozent aus Ausschüttungen. Andere Studien wiesen zudem die Bedeutung angemessener Ausschüttungsquoten nach. Das ist nachvollziehbar, denn wer über seine Verhältnisse ausschüttet, ist später von Kürzungen bedroht, und das bestraft die Börse. Selbstverständlich sind Dividendenaktien kein Allheilmittel. Auch auf ihnen basierende Anlagekonzepte laufen mal besser, mal schlechter. Bei steigenden Zinsen zum Beispiel droht eine Schwächephase, weil Anleihen dann attraktiver erscheinen. Langfristig gesehen sind Anleger mit den richtigen Dividendentiteln aber gut aufgestellt - das hat die Börsenhistorie eindrucksvoll bewiesen.

Nach echten Dividendenperlen zu suchen ist also sinnvoll. Und Dividendenjäger haben es aktuell leicht wie nie. Denn laut dem Index Janus Henderson Global Dividend erhöhten sich die Ausschüttungen weltweit im zweiten Quartal 2018 um 12,9 Prozent auf rekordhohe 497,4 Milliarden Dollar. Damit sind die Zahlungen seit 2009 um mehr als 80 Prozent gestiegen. Und auch für 2019 rechnet der britische Vermögensverwalter mit steigenden Ausschüttungen.

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Hohe Qualifikationshürden



Ein Problem ist jedoch die überschaubare Zahl an Unternehmen, die verlässlich ausschütten. Dividendenkönige (Erhöhung der Dividende seit über 50 Jahren) etwa gibt es in Europa überhaupt nicht, und in den USA waren es Ende 2017 gerade mal 26 Unternehmen. Kein Wunder, nur Firmen mit dauerhaften Wettbewerbsvorteilen können über sehr lange Zeiträume die Ausschüttungen erhöhen. Um nachhaltig steigende Gewinne zu erzielen, bedarf es außerdem eines krisenresistenten und Konjunkturzykluserprobten Geschäftsmodells. Doch damit können nur wenige Gesellschaften aufwarten. Den Pool geeigneter Kaufkandidaten noch kleiner machen aber unsere zusätzlichen Vorgaben. Diese verlangen neben einem wirtschaftlichen Schutzwall ein ansprechendes Chartbild und eine relativ vernünftige Bewertung. Diese hohen Qualifikationshürden übersprangen 20 Aktien, die wir als Dividendenmaschinen einstufen und die für den langfristigen Einkommens- und Vermögensaufbau geeignet sind. Bevor wir aber auf unsere 20 Dividendenfavoriten eingehen, vorab ein Lob Richtung Wall Street.

Dort gibt es nämlich so viele verlässliche Dividendenerhöher wie sonst nirgendwo. Der von den Interessen der Aktionäre getriebene US-Kapitalismus erfährt in Europa oft Kritik, was teilweise auch berechtigt ist. Doch die vergleichsweise zahlreichen US-Dividendenaristokraten und -könige zeigen, dass es dort auch viele langfristig agierende Unternehmen gibt.



Zehn Favoriten aus den USA



In diese Kategorie fallen zweifellos Emerson Electric und Lowe’s. Schließlich erhöht der erstgenannte Industriekonzern mit Sitz in Missouri seine Dividenden schon seit 61 Jahren und die Baumarktkette Lowe’s seit 55 Jahren. Beim Versuch, diese Serien auszubauen, helfen breite wirtschaftliche Schutzwälle. Diese speisen sich bei Lowe’s aus Größen- und Netzwerkvorteilen sowie dem Marken-namen. Emerson Electric kann als einer der größten Energietechnikhersteller der USA ebenfalls auf Kostenvorteile bauen, aber auch auf hohe Kundenwechselkosten und immaterielle Vermögenswerte.

Auf dem Weg zum Dividendenkönig sind Target und W. W. Grainger - beide mit Dividendenanhebungen seit 47 Jahren. Bei der Kaufhauskette Target ist das eine reife Leistung, denn das Konsumgeschäft legt ein eher volatiles Geschäftsumfeld nahe. Trotz Amazon-Konkurrenz stieg der Umsatz zuletzt aber so stark wie seit 13 Jahren nicht mehr. Das hievte den Target-Aktienkurs auf ein Rekordhoch. Dank guter Ergebnisse ist W. W. Grainger schon seit Januar wieder auf Rekordjagd. Dem Anbieter von Industriebedarfsgütern bietet ein fragmentierter Markt die Chance, den eigenen Marktanteil auszubauen. Bereits 69 Prozent der US-Aufträge kommen aus digitalen Kanälen. Das spricht für eine moderne Aufstellung.

Dem Status als Dividendenkönige ebenfalls nahe sind H. B. Fuller und PepsiCo mit Dividendenerhöhungen über 48 beziehungsweise 46 Jahre. Dem Hersteller von Industrieklebstoffen H. B. Fuller verhilft die gute Marktstellung zum Erfolg. Zudem soll die Industrie auf Zehnjahressicht um drei bis vier Prozent pro Jahr wachsen. Analysten sehen von 2017 bis 2022 den Gewinn von 2,45 auf 5,85 Dollar je Aktie steigen. Mit ebenfalls führender Stellung (im Portfolio erzielen 22 Marken Umsätze von mehr als einer Milliarde Dollar) und Wettbewerbsvorteilen ist der Getränke- und Lebensmittelkonzern PepsiCo ausgestattet. Für einen traditionsreichen Dividendenerhöher ist die Rendite mit gut drei Prozent attraktiv.

Der weltgrößte Bekleidungshersteller, V. F. Corp, nennt ein Portfolio mit starken Markennamen sein eigen und generiert damit hohe Cashflows. Das ermöglicht bereits seit 47 Jahren steigende Dividenden. Analysten erwarten beim Gewinn je Aktie von 2017/18 bis 2022/23 mit einem unterstellten Anstieg von 3,14 auf 6,29 Dollar viel Dynamik.

Seit immerhin 35 Jahren verwöhnt der Industriegasehersteller Air Products & Chemicals seine Aktionäre mit Dividendenerhöhungen. Beim Ausbau der Serie hilft, dass die Industriegasebranche typischerweise fast doppelt so schnell wächst wie die Gesamtwirtschaft. Als führender Anbieter von Wasserstoff- und Kohlenmonoxidprodukten sowie Helium profitiert Air Products davon.

Die Liste der verlässlichen US-Dividendenerhöher komplettieren Ecolab und Microsoft. Zum Dividendenaristokraten (32 Erhöhungen) ist der erstgenannte Anbieter von industriellen Reinigungs- und Hygieneprodukten dank hoher Wechselkosten und einer starken Marktstellung avanciert. Umsatz und Gewinn wachsen schon lange sehr ansehnlich und erklären den von 1990 bis heute verbuchten Kursanstieg von 2,09 auf 150,87 Dollar.

Der Soft- und Hardwarehersteller Microsoft kommt als Anwärter auf einen Dividendenaristokraten zwar erst auf 14  Anhebungen in Folge, doch scheint das Unternehmen mit Sitz in Redmond, Washington, der richtigen Strategie zu folgen, um seinen Aktionären künftig noch mehr ausschütten zu können. Dabei hilft etwa eine Nettoliquidität von 61,5 Milliarden Dollar.

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Zehn Favoriten aus Europa



Bei den Favoriten aus Europa sind die irische Kerry Group und Bunzl, ein in London ansässiger Großhandels- und Logistikkonzern, die beiden einzigen Vertreter aus der kleinen Gruppe der Dividendenchampions. Wobei die Briten erst seit 2018 dank der 25. Ausschüttungsanhebung dazugehören. Das Geschäft - der Vertrieb von Non-Food-Verbrauchsmaterialien - erscheint unspektakulär. Die Dividende kletterte trotzdem seit 25 Jahren um mehr als zehn Prozent. Eine Bilanz, die für viel Qualität spricht.



Die Kerry Group hat als Weltmarktführer für Nahrungsmittelzusatzstoffe und Aromen eine starke Stellung inne. Mit der Dividende ging es seit dem Börsengang 1986 regelmäßig nach oben. Die Iren streben bis auf Weiteres ein Gewinnwachstum von zehn Prozent per annum an.

Den Status als künftige Dividendenchampions haben mit 23 und 21 Jahre währenden Dividendenerhöhungsserien Unilever und Fresenius Medical Care fest im Blick. Der niederländische Lebensmittelkonzern Unilever zahlt bereits seit 1937 eine Dividende, und der deutsche Gesundheitskonzern hat seit der Firmengründung kontinuierlich mehr an die Aktionäre ausgeschüttet. Die beiden mit Wettbewerbsvorteilen ausgestatteten Gesellschaften dürften alles daran setzen, diese Serien fortzuschreiben.

Angesichts von erst neun jährlichen Dividendenanhebungen in Folge ist LVMH lediglich als Dividendenherausforderer einzustufen. Dem führenden Luxusgüterhersteller ist langfristig aber ein Aufstieg in der Hierarchie der Dividendenzahler zuzutrauen. Dafür sprechen ein effizientes Geschäftsmodell und ein starkes Markenportfolio.

Das 1910 gegründete Spezialchemieunternehmen Sika mit Sitz im schweizerischen Baar (kommt unter Einbeziehung von Nennwertrückzahlungen auf 13 Ausschüttungserhöhungen seit 2001. Mittelfristig will der Weltmarktführer im Bereich Bauchemikalien und führende Industrieklebstoffproduzent den Umsatz um sechs bis acht Prozent pro Jahr steigern. Werden diese Ziele erreicht, dürften die Ausschüttungen steigen.

In Deutschland überzeugen uns neben Fresenius Medical Care aus der ersten Börsenreihe SAP und Adidas. Bei SAP erhalten Aktionäre seit dem Börsengang 1988 eine Dividende. Auch hat der Vorstand die Ausschüttungsquote von 35 auf mindestens 40 Prozent erhöht. Weil dem Walldorfer Softwarehersteller dank starker Produkte höhere Gewinne winken, dürfte die Dividende steigen. Weiterhin anziehende Gewinne sind auch beim Sportartikelhersteller Adidas zu erwarten. Weil die Dividendenpolitik des Unternehmens eine jährliche Ausschüttung von 30 bis 50 Prozent des Gewinns vorsieht, lässt das auf weitere Dividendensteigerungen hoffen. Seit dem Jahr 2001 erhöhte der weltweit zweitgrößte Sportausrüster - bei nur einer Senkung - die Zahlungen zwölf Mal.

Unter den deutschen Nebenwerten sind Bechtle und VIB Vermögen hervorzuheben. Der IT-Dienstleister Bechtle erhöhte die Dividende acht Mal und zahlt seit dem Börsengang 2000 ohne Unterbrechung. Dem Digitalisierungsprofiteur winken gute Geschäftsaussichten und den Investoren in der Folge steigende Dividenden.

Dem Spezialisten für Gewerbeimmobilien VIB Vermögen spielt die Konzentration auf das wirtschaftsstarke Süddeutschland in die Karten. Laut Vorstand ermöglicht ein starker Cashflow eine attraktive Dividendenpolitik. VIB Vermögen erhöhte neun Mal in Folge die Dividende. Analysten sehen die Ausschüttung bis 2020 von 60 auf 74 Cent je Aktie steigen.

Anmerkung der Redaktion: In der folgenden Grafik wurden die Werte der Dividendenrendite vertauscht. Die erwartete Rendite 2018 ist die erwartete Rendite 2019. Und anders herum.