€uro: Fondssparen im Versicherungsmantel bietet viele Vorteile. Warum hat die fondsgebundene Rentenversicherung trotzdem nur ein mittelmäßiges Image?


Christian Nuschele (Leiter Sales Deutschland Standard Life): Das sind überwiegend alte Vorurteile. Fondsgebundene Versicherungen der neuen Generation haben sich von den früheren Produkten vollkommen emanzipiert. Es ist nicht übertrieben zu sagen, sie vereinen das Beste aus dem Vermögensaufbau mit Fonds, das Beste aus einer flexiblen Verfügung über ein Investmentdepot mit dem Besten aus der biometrischen Kompetenz eines Lebensversicherers, der Risiken wie Berufsunfähigkeit und Langlebigkeit dauerhaft absichern kann.

Michael Blank (Vorstand Liechtenstein Life): Wir sehen den Imagewandel in vollem Gange, weil gute Policen ein Maximum an Flexibilität bieten. Eine fondsgebundene Rentenversicherung ist ja eine langfristige Entscheidung. Es geht um Ansparzeiten von 20, 30 und mehr Jahren. Unsere Kunden können ihr Portfolio für die individuelle Lebenssituation, die eigenen Werte und das eigene Risikoempfinden konfigurieren und nach Wunsch an Veränderungen anpassen.

Martin Gräfer (Vorstand die Bayerische Lebensversicherung): Man hat früher Verträge verkauft und dann den Kunden damit allein gelassen. Heute ist das kein Geschäftsmodell mehr. Wir sind Berater und lebenslange Partner. Allerdings müssen wir dazu den Blick unter die Motorhaube erleichtern und die Produkte noch anfassbarer machen. Vielen Interessenten fehlt das Wissen, unterschiedliche finanzielle Instrumente richtig einzuschätzen. Die Aufklärung darüber, wie die Produkte einzeln und in ihrem Zusammenspiel funktionieren und was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet, erfordert viel Wissen, Sensibilität und Beratungskompetenz. Und sie braucht Zeit.

€uro: Was sind die wichtigsten Unterschiede gegenüber einem Fondssparplan?


Thomas Heß (Marketingchef und Organisationsdirektor WWK Lebensversicherung a. G.): Es gibt zwei entscheidende steuerliche Vorteile: Am Ende einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren und erreichten 62 Jahren wird in einer Fondspolice nur die Hälfte der Erträge versteuert, im Fondssparplan der gesamte Betrag. Zudem profitieren Kunden bei der Fondspolice von der günstigen Ertragsanteilsbesteuerung bei Wahl einer Leibrente. Dazu kommt der bedeutende Umstand, dass bei Umschichtungen keine steuerliche Belastung erfolgt. Jede Veränderung und jeder Strategiewechsel im Fondssparplan dagegen löst sofort einen Liquiditätsabfluss durch die Abgeltungsteuer aus …

Gräfer (die Bayerische): … und dieser Aderlass schlägt ins Gewicht: Wer heute 30 Jahre zurückdenkt, wird weder die gleichen Themen in seinem Portfolio haben wollen noch die gleichen Fondsanbieter: AOL, Japanische Telekom, Netscape nicht - und auch keinen ADIG-Fonds oder DWS Investa. Von Ausnahmen abgesehen sind die Flaggschiffe von früher ziemlich glanzlos geworden. Die Produktpaletten moderner Fondspolicen sind anders als in der Anfangszeit.


Blank (Liechtenstein Life): Fondspolicen können heute so smart sein wie Onlinebanking. Jeder Fondswechsel - egal ob aus Eigeninitiative oder auf Beraterratschlag - ist bequem und schnell erledigt. Zudem ist jeder über Internet und Handy jederzeit darüber informiert, was sich in seiner Police tut.

Nuschele (Standard Life): Dazu kommt eine Vorarbeit bei der Auswahl: Fonds ist ja nicht gleich Fonds, es gibt teurere Tranchen ein und derselben Strategie (für Privatanleger) und günstigere (für institutionelle). Und es gibt sogenannte Clean Share Classes, die keinerlei Vertriebs-, Bestandsprovision und Zusatzkosten eingepreist haben. Wir bieten nur noch provisionsfreie Fonds an.

Heß (WWK): Es ist ein zentraler Wettbewerbsvorteil, dass man heute in Policen günstige ETFs und institutionelle Share Classes kaufen kann statt wie früher die relativ teuren Endkunden-Fonds. Der Ausgabeaufschlag blieb einem zwar erspart, aber die hohe TER - die Kosten in der Fondsanlage - schluckte Performance.

Gräfer (die Bayerische): Noch etwas ist neu: Ich finde es faszinierend, dass viele Anbieter die eigene Kapitalmarktkompetenz exklusiv ihren Kunden anbieten. Denn unsere Kernkompetenz als Versicherer ist nicht das Zusammenbauen von Fonds und Versicherung, sondern neben der Biometrie die Kapitalanlage selbst. Man kann also eigene Strategien, wie die in unseren Pangaea- Life-Produkten, von denen man zutiefst überzeugt ist, im Policenmantel nutzen. Damit kann man gerade auch junge Menschen faszinieren.

€uro: Wie lassen sich generell junge Menschen für Fondspolicen begeistern?


Blank (Liechtenstein Life): Mit dem, was junge Menschen bewegt: Transparenz, Verständlichkeit und Technik. Als innovativ aufgestelltes Unternehmen mit vielen jungen Versicherungsnehmern wissen wir: Im Alter 30 plus sind die Kunden technikaffin und für Kapitalanlagen aufgeschlossen. Sie nutzen ein sehr breites Portfolio von gemanagten Produkten über ETFs bis zu Sachwertanlagen. Dank unserer App haben sie ihre Altersvorsorge quasi in der Hosentasche jederzeit dabei. In Kooperation mit den Vorsorgeexperten und den Vermittlern können sie ihre Anlage perfekt auf ihre Lebensumstände zuschneiden und im Nachgang selbst verwalten. Kurzum: Sie erwarten eine zeitgemäße Customer Experience, wie sie sie von digitalen Playern wie Amazon & Co kennen.

Nuschele (Standard Life): In einem Jahr 600 000 neue ETF-Sparer im Alter von 18 bis 28 Jahren sind ein guter Einstieg. Man eröffnet per Smartphone ein Onlinedepot und probiert aus, wie es sich als Investor anfühlt. Was dann häufig fehlt, ist ein griffiger Anknüpfungspunkt an eine komplexere und diffizilere Variante und die Anbindung an die eigene Lebensperspektive. Die Fondspolicen haben sich enorm weiterentwickelt, die Transparenz hat enorm zugenommen, es ist teilweise leider immer noch eine Imagefrage.

€uro: Was kann die Branche dazu beitragen, um als "hip" und "modern" zu gelten?


Nuschele (Standard Life): Unser neuer USP - unser Alleinstellungsmerkmal - muss sein: Wir haben wettbewerbsfähige Anlagekonzepte, die wenig kosten und steuerlich besser funktionieren. Wir haben aber viel mehr zu bieten: Wir nehmen dir für kleines Geld das Erwerbsunfähigkeitsrisiko in Bezug auf deine Altersvorsorge ab, indem wir dann deine Beiträge weiterzahlen. Bei diesem Thema hören die jungen Menschen zu, ebenso beim Thema Steuern. Wir fahren gut mit gemanagten Portfoliolösungen und bieten solche Multi-Asset-Strategien auch im Bereich der Nachhaltigkeit, die es außer bei uns bisher nirgendwo gibt.

Heß (WWK): Eine flexible Policenwelt orientiert sich am individuellen Lebenszyklus, erlaubt eine flexible Lebensplanung und nutzt dabei kostengünstige Investmentfonds. Das ist aber nicht alles - man kann wahlweise je nach Bedarf mehr Sicherheit oder Garantien ziehen. Jeder Kunde kann mit seinem Berater mehrmals entsprechend umswitchen. Das macht uns attraktiver als die reine Fondsindustrie.

€uro: Sind Sicherheit und Garantien überhaupt noch ein Verkaufsargument?


Heß (WWK): Entscheidend für die Wahl von Garantien ist immer die Risikotragfähigkeit des Kunden. Nicht alle möchten konstant ins volle Risiko gehen. Hier kann man in den Garantieprodukten den Vertragswert zum neuen Sicherungsniveau machen - und dann mit den neuen Beiträgen wieder investieren. Darüber hinaus sind natürlich die biometrischen Vorteile der Fondspolice anzusprechen. Mit dem garantierten Rentenfaktor sichert sich der Kunde bereits bei Vertragsabschluss die heute gültigen Rechnungsgrundlagen und hat sogar die Option, die zukünftig gültigen zu wählen, falls diese für ihn günstiger sind. Langlebigkeit und lebenslange Renten sind wichtige Themen. Steuerlich und biometrisch sind moderne Fondspolicen jedem Fondssparplan weit überlegen.

Gräfer (die Bayerische): Die lebenslange Verzahnung von Rendite, Sicherheit und sinnvollen Garantien kann uns keiner nachmachen. Bei uns beispielsweise kann ein Kunde bis zum 85. Lebensjahr ganz oder teilweise im Investment bleiben - oder aber eine sichere lebenslange Rente wählen. Die intelligente Verzahnung zwischen kollektivem Sicherungsvermögen und individuellem Fondsvermögen bietet so viele Gestaltungsmöglichkeiten, dass sich viele fragen, wozu sie noch ein Bankdepot brauchen, wenn sie in jeder Beziehung in der Investmentpolice eine bessere Lösung vorfinden können.


Blank (Liechtenstein Life): Die Kunden von heute stellen sich doch vor allem zwei Fragen: Erstens, wird mein angespartes Vermögen im Ruhestand ausreichen? Und zweitens, wie viel kann ich dafür realistisch zurücklegen? Das stärkste Verkaufsargument aus unserer Sicht ist deshalb ein optimaler Mix - dass Kunden aus unserem Universum von rund 300 Fonds wählen können und damit eine breite Risikostreuung, Sicherheit und langfristig sehr gute Renditechancen haben. Zudem lassen sich Pausen vereinbaren, Zuzahlungen leisten und Entnahmen tätigen. Die Fondspolicen können so den wechselnden Rahmenbedingungen eines ganzen Lebens angepasst werden.

Gräfer (die Bayerische): … wobei sich die Betreuungsqualität noch verbessern kann. Wir alle sind dabei, unsere Vertriebspartner intensiv an der kundenorientierten Begleitung von Fonds zu beteiligen. Sie brauchen die Tools und das Feedback, um sowohl die Wertentwicklung in den unterschiedlichen Strategien der Fonds aufmerksam zu begleiten und gleichzeitig mit unterschiedlichen Vergütungsmodellen zu arbeiten. Denn sie müssen die laufende Betreuung sicherstellen. Die Produkte sind heute so gut wie noch nie, es gibt unglaublich gute fondsgebundene Policen, aber sie sind für junge Leute noch nicht bequem genug und damit nicht die erste Wahl. Sie gehen eher zu etoro, Smartbroker oder Trade Republik, als dass sie schnell eine schlaue Fondspolice abchließen.

€uro: Welche Rolle spielen die verschiedenen Vergütungsmodelle?


Gräfer (die Bayerische): Weniger, als Politik und Pseudo-Verbraucherschützer glauben machen wollen. Beide werden übrigens ohne Bezug auf eine nachweisliche fachliche Qualifikation bezahlt. Die Vielfalt des Betreuungsbedarfs kann man nicht wegregulieren und sie bestimmt den Preis. Es ist mal mehr, mal weniger Beratung notwendig, wobei ein und derselbe Kunde mal mehr, mal weniger Beratungsbedarf hat. Seit 30 Jahren bieten wir möglichst alle Tarife auch auf Honorarbasis an. Verschiedenen Zielgruppen entsprechend haben wir eine komplette Palette von Netto-Tarifen, solchen mit abgestuften Provisionen und teilrabattierten Verträgen bis zur NAV-Vergütung, die Mitte des Jahres kommt und die ich extrem spannend finde. Die Betreuungskosten von der Depotperformance, ausgedrückt im Nettoinventarwert NAV, abhängig zu machen, führt zum Interessenausgleich. Berater und Kunden profitieren von Erfolg und Zusammenstellung der Fonds. So eine Vergütungsvielfalt ist heute technisch beherrschbar. Die Branche braucht daher keine Regulierung, um Beratern eine gute Idee für ihre Honorierung mitzugeben. Und die Kunden wissen genau, wofür sie Geld ausgeben wollen.

Nuschele (Standard Life): Wir stellen die Tarife ebenfalls in unterschiedlichen Varianten zur Verfügung. Beispiel Einmalbeitrag: Mit augenblicklich 60 Prozent des Volumens im Neugeschäft ist dieser Bereich gewaltig gewachsen. Das ist bemerkenswert, weil Standard Life als garantiefreier Versicherer ausschließlich Fondspolicen der reinen Lehre anbietet. Es gibt hier auch eine individuelle Vergütung. Als Courtage wird im Zuge der Beratung festgelegt, wie hoch die Abschlussvergütung sein soll und wie die laufende Betreuung honoriert werden soll. Genügt eine Beratung pro Jahr? Soll es öfter sein? Oder soll das Depot laufend begleitet werden? Die jeweilige Vergütung wird individuell vereinbart und sauber im Vertrag fixiert.

Blank (Liechtenstein Life): Als moderner Versicherer können wir alle Varianten spielen. Wir sind keine Fans von "One Size fits all!". Jede Vermittlerbeziehung ist individuell und muss auch entsprechend maßgeschneidert bedient werden. Wir können unseren Vertragspartnern eine Flexibilität bei den verschiedenen Vergütungsmodellen anbieten, bei denen viele nicht mithalten können. Deshalb sind wir auch sehr stark im Nettobereich tätig, wo der Markt zur NAV-Provision tendiert - sich also die Vermögensverwaltung in der Police als gewünschter Baustein etabliert. Wir glauben, dass sich dieser Vertriebsweg künftig noch stärker etablieren wird. Eine gute Performance, die zu einem höheren Volumen in der Police führt, ist eine Win-win-Situation für Kunden und Berater.

Heß (WWK): In unserer Runde setzen alle mit gutem Grund auf Beratung durch qualifizierte Vermittler. Wir glauben, dass der Kunde weder bereit noch in der Lage ist, sich seinen eigenen Bedarf herzuleiten und davon abgeleitet auch noch die passenden Produkte auszuwählen. Das schließt sich nahezu aus und lässt sich einfach belegen: Direktversicherer sparen sich die Kosten für Beratung, das macht sie zwangsläufig etwas günstiger. Trotzdem kommen Cosmos- Direkt, Europa und Co nie über drei bis vier Prozent Anteil am Neugeschäft des Gesamtmarkts hinaus.

€uro: Welche Unterschiede gibt es zwischen Honorar- und Provisionsberatung?


Heß (WWK): Weniger, als die meisten denken. Ein Beispiel aus der Praxis macht das schnell klar. Wer krank ist, geht zu seinem Arzt. Dort wird er gegen Honorar untersucht und bekommt eine Medizin verschrieben. Diese verkauft ihm ein Apotheker - mit gleich guter Ausbildung - auf Provisionsbasis. Keiner wird einen Qualitätsunterschied merken. Gute qualifizierte Beratung ist unersetzlich, sie hat aber nichts damit zu tun, wie sie abgegolten wird. Es kommt lediglich auf die Qualifikation und das Engagement der entsprechenden Personen an. Wir haben daher nichts gegen Honorarberatung. Da sie aber in Deutschland vom Volumen betrachtet noch wenig Bedeutung hat, setzten wir weiter auf die traditionelle Vergütung der Beratungsleistung.

€uro: Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in fondsgebundenen Versicherungen?


Heß (WWK): Mittlerweile eine große. Wie so ziemlich alles in unserem Geschäft ist es in der Regulatorik angelegt, ab dem 2. August muss es Gegenstand der Beratung sein. Schon aus Gründen des Zeitgeists wird keiner Rüstungsfirmen finanzieren oder sozial unverträglich unterwegs sein wollen. Dadurch wird sich ein künstlich verstärkter Nachfragedruck entwickeln, den man ambivalent betrachten muss. Gut, dass man in der Police seine Positionierung ohne Steuerangst nachjustieren kann. Was die Produktpalette angeht, tun wir alles, um saubere ESG-konforme Fonds und themenbezogene Baskets anzubieten. Wir unterstützen den entsprechenden Beratungsansatzpunkt und werden ab 2. August mit einem renommierten Softwarehaus zusammenarbeiten. Firmenintern sind wir nicht ganz so weit gegangen wie die Bayerische, die dazu mit Pangaea Life ein eigenes Unternehmen gegründet hat. Auch der Umbau der Kapitalanlagen im Deckungsstock ist ohne Greenwashing nicht hopplahopp anzustreben. Ich bewundere den Wettbewerb, wie weit einzelne Teilnehmer schon gekommen sein wollen.

Gräfer (die Bayerische): Hier sieht es in allen Häusern ähnlich aus. Es gibt einzelne Schildbürgerstreiche, um die Fondspalette schneller auf Artikel-8- und -9-, also hell oder dunkelgrüne Produkte zu trimmen, aber die meisten werden zurückrudern müssen. Was den Deckungsstock angeht, ist die deutsche Versicherungswirtschaft deswegen so erfolgreich, weil sie dort noch lang laufende Produkte mit ordentlichen Renditen hat. Da lässt sich nicht schnell etwas umstellen. Muss sie auch nicht, denn Immobilien-Assets sind ein ESG-Beitrag hinsichtlich der sozialen Verantwortung: Bei einer Versicherung wohnt sich in der Regel kostengünstiger als sonst auf dem freien Markt. Unsere Fondspalette richten wir ebenfalls nachhaltig aus. Zudem haben wir 2016 mit Pangaea Life eine nachhaltige Marke kreiert. Standard Life und Canada Life bringen ebenfalls ihre eigene Kapitalanlagekompetenz ins Spiel - wobei wir uns anders als sie auf Nachhaltigkeit fokussiert haben.

€uro: Sind "Blue Living" und "Blue Energy" dann reinrassig nachhaltige Produkte?


Gräfer (die Bayerische): Sie sind nachhaltig dunkelgrün, aber nicht als Artikel-9-Fonds klassifiziert. Der Grund: Sie müssen Rendite erwirtschaften können. Folglich kann ein Immobilienfonds wie der "Blue Living" nicht alle deutschen Vorgaben erfüllen. Wir haben die umfangreichsten, komplexesten und diffizilsten Bauvorschriften der ganzen Welt. Sie zu erfüllen, kostet Geld, und das ist der Hauptgrund, warum so wenige neue Wohnungen gebaut werden. Ein Vorschriftskanon der besonderen Art steht auch bei der Nachhaltigkeitsberatung ins Haus: Bleibt es beim Entwurf, muss ein Kunde in der Fondspolice auf die Nachkommastelle genau festlegen, wie hoch seine Nachhaltigkeitsquote bei Staatsanleihen sein soll. Etwas anderes steht bereits fest: Wenn man jetzt alle subventioniert in nachhaltige Investments drängt, verlieren solche Assets massiv an Attraktivität. Wir kaufen ja regelmäßig neue Objekte ein, und die Preise gehen bereits deutlich nach oben. Das ist Gift für die Altersvorsorge, denn hier kommt es nicht in erster Linie darauf an, ob eine Anlage nachhaltig ist, sondern ob sie eine genügend hohe Rendite einspielt. Das Demografieproblem ist mindestens so virulent wie das Klimarisiko - und nicht mehr abzuwenden, sondern nur durch die Finanzierbarkeit des langen Lebens abzumildern. Hier braucht man möglichst viel nachhaltige Rendite - etwa durch den Abbau von Vorschriften bei Neubau.

Blank (Liechtenstein Life): Nachhaltigkeit, Flexibilität und Altersvorsorge müssen nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern können sich sogar unterstützen. Unsere Kunden können aus über 200 nachhaltigen Fonds mit unterschiedlichen Zielaspekten bzw. verschiedensten Assetklassen wählen, denn für uns ist Nachhaltigkeit seit Jahren ein wichtiges Auswahlkriterium für unser Fondsuniversum. Aus diesem Grund freuen wir uns auch besonders, dass wir dieses Jahr mit unserer yourlife netto plus Police als eine der nachhaltigsten Policen in Deutschland ausgezeichnet wurden.

Nuschele (Standard Life): Es macht Sinn, die gesamte Wirtschaft nachhaltig zu gestalten. Das geht aber nicht auf Knopfdruck. Wir fahren daher in unseren Policen dreigleisig. Die Hälfte unserer sorgsam herausgepickten Fondspalette ist in irgendeiner Form nachhaltig. Das ist mit rund 60 Produkten ein breites Spektrum. Zusätzlich haben wir für einen ESG-Multi-Asset- Fonds gesorgt, den wir zusammen mit Franklin Templeton entwickelt haben. Der Hintergrund: Viele unserer Kunden ziehen es vor, gemanagte Portfolios als Basisinvestment zu nutzen und nur mit individuellen Satelliten zu ergänzen. Der Franklin ESG-Focused Balanced (WKN: A3C PWQ) hat ein zwei Sterne-Rating des Forums für nachhaltige Geldanlage (FNG) und arbeitet mit gezielten Ausschlusskriterien. Der dritte Zugang wird gerade in unseren MyFolios geschaffen, die es gegen Ende des Jahres auch in einer nachhaltigen Variante geben wird.

€uro: Demnach lassen sich die gemanagten Portfolios nicht über Nacht umbauen?


Nuschele (Standard Life): Nein, man darf hier nichts überstürzen. Solide Strategien kann man nicht aus dem Boden stampfen. Die Branche tut gut daran, einen weiten Bogen um Etikettenschwindel und Greenwashing zu machen. Dazu ist der Trend zu wichtig - und eine enorme Chance für uns Versicherer: Indem wir verständlich und verlässlich Licht in den Dschungel der Nachhaltigkeit bringen, verbessern wir unser Image. Gut beratene Verbraucher treffen vernünftige Entscheidungen und nutzen geeignete Kapitalanlagen - und sie können beides ohne Steuerangst folgenfrei korrigieren. Das spricht für nachhaltige Beratungsmodelle - am besten kombiniert mit einem nachhaltigen Maklerbüro.

€uro: Versicherer bieten zusätzlich ein Einstiegs- und Ablauf-Management an?


Heß (WWK): … das man am besten am konkreten Bedarf klarmacht. Eine Kundin hat Geld geerbt, sie muss diesen Einmalbeitrag aber nicht aus steuerlichen Gründen zu einem fixen Zeitpunkt in Aktien anlegen, sondern kann das flexibel gestalten. Weil nicht die ganze Summe auf einmal, sondern über drei Jahre gestreckt in die Zielanlage fließt, ist ihr Risiko des Market Timings auf kleinere Summen begrenzt, und sie kann jeden Part der Anlage jederzeit und ohne Liquiditätsabfluss korrigieren. Das kann bei uns performance-, intervall oder periodenorientiert erfolgen und dabei unseren Top-100-Fonds-Ansatz nutzen. Ein anderer Kunde arbeitet mit 67 Jahren in Teilzeit noch etwas weiter und setzt darauf, dass Aktien weiter steigen. Also verrentet er nur die Hälfte seiner Police. Der Rest bleibt investiert, wobei er bei uns wie bisher die Zusammenstellung seiner Fonds selbst bestimmen kann und nicht in rentenlastige Mischfonds gedrängt wird. Nach einigen Jahren entscheidet er sich um. Dann kann er bis zum Endalter 90 Jahre problemlos den Rest in den Deckungsstock einbringen und das wieder performance-, intervalloder periodenorientiert optimieren. Er kann diesen Übergang auf der Zeitachse und von der Modalität, so lange wie er will, gestalten. Dann ist die Rente lebenslang sicher, denn unsere Branche kann Biometrie absichern und darf es auch, ein Sparplan-Anbieter nicht. Kurzum, wenn man sich vor Augen hält, was eine Police leisten kann in Relation zu einem Fondssparplan, muss jeder erkennen, dass unsere Branche innovationsmäßig die Fondsindustrie bei Weitem überholt hat.


Gräfer (die Bayerische): Auch den Austausch zwischen Kundengeld und dem, was früher Deckungsstock genannt wurde, kann keiner außerhalb der Policenwelt leisten. Beispiel Pangaea Life "Blue Energy": Kunden können marktunabhängig investieren. Gibt es beim gewünschten Einstieg kein neues Projekt, verkauft Aktienklasse A - das Sicherungsvermögen - an Aktienklasse B - das Kundenvermögen - einen Teil der Anlagen. Wenn der Kunde aussteigen will, funktioniert das in der anderen Richtung. Man kann ja kein einzelnes Windrad verkaufen, wenn viele Kunden Liquidität brauchen. Das Sicherungsvermögen puffert den Fondssparer also nicht nur hinsichtlich der biometrischen Risiken ab - Kunden nutzen flexibel Assets, die sie als Normalanleger nicht bekommen könnten. Das ist Innovationskraft pur, weshalb ich der Politik nur nahelegen kann, die Aktienrente innerhalb der Riester-Rente anzusiedeln. Entsprechend umgestaltet, startet man mit kleinen Einschränkungen passgenau mit zehn Milliarden Euro - und all der Flexibilität, die die Versicherungsindustrie liefern kann.

Blank (Liechtenstein Life): In einem langfristigen Vertrag verändern sich laufend die Rahmenbedingungen. Man startet möglicherweise als Single, macht weiter als Paar, als Eltern und baut vielleicht ein Haus oder kauft eines. Hinzu kommen unvorhersehbare Entwicklungen wie Krieg, Rezession, Inflation und Folgen der Klimaerwärmung. All dies hat Einfluss sowohl auf die persönliche Situation als auch auf die Kapitalmärkte. Wenn der Einkauf für eine vierköpfige Familie mehr kostet als vorher, bleibt weniger Geld für anderes. Deshalb muss man in der Ansparphase auch mal eine Pause einlegen oder etwas Geld entnehmen können. Andererseits kann man bei fallenden Kursen an den Kapitalmärkten beispielsweise auch vom Cost-Average-Effekt bzw. günstigen Einstiegskursen für Zuzahlungen profitieren. Diese Gestaltungsfreiheit ist wichtiger als nominale Garantien auf dem Papier. Sie sorgt für Performancechancen, die als Einzige den Kaufkraftverlust sinnvoll und real ausgleichen können.

Nuschele (Standard Life): Flexibilität ist gefragt. Es ist wichtig, auch im Rentenalter investiert zu bleiben. Ein Einmalzahlungskonstrukt, das wir "WeitBlick" genannt haben und das bis zum 100. Lebensjahr funktioniert, findet großen Zuspruch. Nutzt man es als Auszahlungsplan, kann man verschiedene Assets nebeneinander laufen lassen und das momentan günstigste für seine Entnahmen nutzen. Allgemein gibt es das Problem der mittleren Lebensphase - des Übergangs zur Rente. Kunden tun sich schwer damit, viel Kapital gegen eine kleine monatliche Rente einzutauschen. Hier gibt es viel Unterstützungsbedarf. Was tun, wenn die Altersvorsorge streng genommen zu Ende geht? Das Leben muss trotzdem organisiert sein, das ist dann eine Finanzplanungs- Aufgabe …

Blank (Liechtenstein Life): … bei der wie vorher der Kunde in allen Produkten im Zentrum stehen muss.

€uro: Wie sehen Sie Ihre Unternehmen in den kommenden Jahren aufgestellt?


Blank (Liechtenstein Life): Wir sind heute einer der führenden Anbieter für passgenaue und flexible Vorsorgelösungen. Diese Position wollen wir weiter ausbauen. Zweitens wollen wir unsere Vorreiterstellung bei nachhaltigen Fonds weiter etablieren. Und drittens wollen wir als perfekte Schnittstelle zwischen Kunden und Vermittler 360 Grad digital werden und Kunden und Berater noch stärker unterstützen.

Heß (WWK): Als Pioniere - zusammen mit der Nürnberger und dem Deutscher Herold, heute Zurich - sind wir seit 50 Jahren für den Wettbewerb offen: Keiner kennt den Bedarf besser als qualifizierte Berater, die gute von mittelmäßigen Produktgebern über Ratings unterscheiden können. Unsere Produkte, egal ob mit oder ohne Garantien, ob IntelliProtect 2.0 oder Premium Fonds Rente 2.0, haben alle eines gemeinsam: Sie haben mit der WWK Lebensversicherung a. G. einen solventen wirtschaftsstarken Risikoträger und sie haben Topnoten bei den Ratings. Unsere FondsRente 2.0 wird bei Franke & Bornberg mit "FFF+" bewertet (besser kann man ein Bedingungswerk nicht gestalten) und hat sechs Kompasse bei Ascore. Wir haben eine exzellente hybride Police mit einem ICPPI-Motor und eine sehr leistungsstarke Fondspolice ohne Garantiekomponenten in der Ansparphase. Wir wollen glückliche Berater - denn sie haben zufriedene Kunden, sind dadurch erfolgreich, verdienen Geld und bleiben uns lange erhalten.

Gräfer (die Bayerische): Die Politik will onlinetaugliche Altersvorsorge-Produkte - und das geht genau in die falsche Richtung. Neben der Klimakrise ist Demografie die herausforderndste Aufgabe und nicht mehr abzuwenden. Deshalb spielt der langfristige Vermögensaufbau zur Altersvorsorge eine enorm wichtige Rolle. Folglich sehe ich für unsere Branche noch lange keine Wachstumsgrenzen, wenn sie einmal die Sackgasse verlassen hat, in die Garantien und Höchstrechnungszinsen geführt haben. Eine intelligente Altersvorsorge in der Fondspolice ist das Mittel der Wahl. Es kommt darauf an, Nachhaltigkeit als wesentlichen Aspekt bei der Kapitalanlage und bei der Produktgestaltung zu etablieren und dafür Berater und Beraterinnen zu begeistern. Wichtig ist Rückenwind von der Politik. Sie muss verstehen lernen, dass unsere Produkte einen echten Beitrag liefern, um ein großes sozialpolitisches Problem gar nicht erst entstehen zu lassen.

Nuschele (Standard Life): Fondspolicen gehören zur Altersvorsorge, in die Finanzplanung und ins Finanz- und Ruhestandsmanagement. Und jedes Mal braucht man gute Beratung. Wir arbeiten nur mit unabhängigen Finanzberatern zusammen, weil sie der beste Verbraucherschutz sind. Sie sind dem Kunden verpflichtet und gehalten, die besten Produkte und geeignetsten Lösungen zu suchen. An Fondspolicen muss man sich herantrauen, sie sind besser als ihr Ruf, ganz egal, ob sie für den Vermögensaufbau gedacht sind wie unsere "Maxxellence Invest" oder ob es ein komplexes Produkt für die Vermögensorganisation mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten ist, das wir "Weit- Blick" genannt haben. Es eignet sich gleichermaßen zum Vererben, Verschenken, Entsparen oder zur Regelung individueller Absichten. Mit Vergütungsregeln höchster Transparenz und ausschließlich Clean Share Classes oder MyFolios bestückt, zeigt es, was moderne Fondspolicen im Interesse ihrer Kunden leisten können.

Das Gespräch moderierte Ludwig Riepl