Zahlreiche Anleger halten Schuldtitel aus Schwellenländern (Emerging Market Debt, EM Debt) für eine relativ kleine, homogene Assetklasse, die stark mit den Rohstoffpreisen korreliert und sehr volatil ist. Tatsächlich handelt es sich bei EM Debt um drei verschiedene Assetklassen mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von mehr als 19 Billionen US-Dollar. Die EM-Volkswirtschaften sind nahezu gleichmäßig zwischen Rohstoffimporteuren und ­exporteuren aufgeteilt. So gibt es Gewinner und Verlierer bei Änderung der Rohstoffpreise. Die Annahme, dass EM Debt höhere Renditen bietet als entwickelte Märkte (Developed Markets, DM) als Ausgleich für höhere Volatilität, ist inzwischen falsch. In den vergangenen fünf Jahren näherte sich die annualisierte Volatilität in EM Debt den DM-Niveaus. In einigen Fällen zeigten EM-Unternehmensanleihen geringere Volatilität als die aus entwickelten Märkten mit gleicher Bonität.

EM-Volkswirtschaften dürften 2019 zusammengenommen doppelt so schnell wachsen wie die Wirtschaft der DM-Staaten. Dieses Gefälle wird voraussichtlich zunehmen, wenn die Effekte von Steueranreizen in den USA nachlassen und sich bestimmte EM-Märkte von landesspezifischen Problemen erholen. Die Inflation für die EM-Volkswirtschaften tendiert insgesamt abwärts. Dieser positive Trend sollte in den meisten EM-Ländern eine expansive Zentralbankpolitik zulassen. Die Fremdkapitalmärkte in DM­ und EM-Ländern sind seit der globalen Finanzkrise weltweit gewachsen. Die höhere Auslandsverschuldung von EM-Ländern sorgte für eine Verschlechterung der Leistungsbilanzen, die 2013 im Zuge des "Taper­Tantrum" in den Fokus rückte. Seither haben sie ihre Leistungsbilanzen verbessert - und im Verhältnis zum BIP weit geringer verschuldet als die DM-Staaten. Bei Unternehmensanleihen sind Emittenten aus EM-Ländern im historischen Vergleich geringer verschuldet als solche aus DM-Staaten. Die Verschuldung von EM-Unternehmen ist nach der globalen Finanzkrise zwar gestiegen, doch haben sie deutlich früher mit dem Abbau von Fremdkapital in ihren Bilanzen begonnen als Unternehmen aus DM-Ländern.

Das von Zentralbankliquidität und historisch niedrigen Renditen geprägte Umfeld hat zu verstärktem Engagement ausländischer Investoren auf den EM-Fremdkapitalmärkten geführt. Es sind aber nicht alle EM-Märkte gleichermaßen anfällig für den Entzug ausländischer Unterstützung, da viele ihre Leistungsbilanzen saniert, ihre Devisenreserven erhöht und ihre kurzfristige Schuldenlast gesenkt haben. Volatilität spürten die EM-Märkte 2018 auf den Devisenmärkten, was Ängste weckte, dass EM-Schuldtitel durch Ansteckungseffekte einen kräftigen Rücksetzer erleben könnten. Die Märkte für diese Papiere gaben zwar nach, doch die Rückstände fielen auf den meisten Märkten unterschiedlich aus. EM-Unternehmensanleihen outperformten Unternehmensanleihen in DM.

China ist mit Abstand das größte EM-Land und wichtiger Handelspartner vieler EM-Länder. Daher wirken sich die Tendenzen des dortigen Wirtschaftswachstums spürbar auf das EM-Universum aus. Die zunehmend feindseligen Äußerungen zum Handel zwischen den USA und China zu einer Zeit, in der China Maß­ nahmen zum Schuldenabbau und zur Umstellung seiner Wirtschaft vorantreibt, hat die Angst vor einer "harten Landung" in China verstärkt. Wir gehen davon aus, dass die Spannungen abflauen werden und die USA und China eine Einigung erzielen. Ferner erwarten wir, dass China beim Abbau von Schulden und in der Reformpolitik maßvoll vorgehen wird. Abschließend glauben wir, dass es tiefe analytische Fähigkeiten sowie einen engen Dialog mit den Emittenten erfordert, um EM-Debt zu verwalten. Ohne diese Fähigkeiten besteht für Anleger die Gefahr, zu stark von Missverständnissen aus Schlagzeilen beeinflusst zu werden.