Im Kampf gegen die Erderwärmung seien stärkere Kooperation und verbindliche Klimaschutzziele praktisch aller Staaten unverzichtbar, sagte BDI-Präsident Präsident Siegfried Russwurm am Sonntag und fügte hinzu: "Was in Glasgow erreicht wurde, reicht dafür nicht aus".

Dort hatten sich fast 200 Staaten nach langem Ringen am Samstagabend auf eine Abschlusserklärung verständigt, nach der die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll. Erstmals wurde die Kohle-Verstromung explizit ins Visier genommen, wenn auch die Formulierung vor allem auf Drängen Indiens abgeschwächt wurde. Allerdings würden die bisherigen Klimazusagen der Staaten Schätzungen zufolge den globalen Temperaturanstieg nur auf etwa 2,4 Grad Celsius begrenzen.

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer wertete die Weltkonferenz als Anstoß für schnelleres Handeln. "Es ist keine Euphorie da, aber das Ergebnis ist zufriedenstellend", sagte der Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung der Nachrichtenagentur Reuters. Das Ergebnis sei ein Handlungsauftrag. Der müsse auch von Deutschland deutlich stärker und rascher als bisher ausgeführt werden.

Der Klimaschutz spielt in den Koalitionsverhandlungen von SPD, FDP und Grünen eine zentrale Rolle. Hier geht es darum, mit welchen Instrumenten die erst kürzlich nachgeschärften Klimaziele erreicht werden können. "Die Konferenz hat es zumindest geschafft, dass die ambitionierten Ziele in Reichweite geblieben sind", sagte Edenhofer, der selbst acht Jahre Co-Vorsitzender des Weltklimarats IPCC gewesen ist.

"BLAH, BLAH, BLAH"


Eigentlich sollte die Konferenz bereits am Freitag enden. Konferenzleiter Alok Sharma forderte am Samstag wiederholt zur Übernahme von Verantwortung auf: "Fragen Sie sich bitte, ob dieser Text letztlich allen Menschen und unserem Planeten dient." Ziel des Gipfels war, den Ausstoß von Treibhausgasen so weit zu verringern, dass die 2015 in Paris vereinbarte Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau gelingt. Nach Einschätzung vieler Experten würde ein Überschreiten dieser Grenze zu einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels und katastrophalen Wetterextremen führen.

"In den kommenden Jahren gibt es noch viel zu tun", sagte der britische Premierminister Boris Johnson. "Aber das heutige Abkommen ist ein großer Schritt nach vorne." Er verwies darauf, dass es nun erstmals ein internationales Abkommen zum Kohleausstieg und einen Fahrplan zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gebe. Zu einem ganz anderen Schluss kam Klimaaktivistin Greta Thunberg. "Hier ist eine kurze Zusammenfassung: Blah, blah, blah", twitterte die Schwedin, deren Schulstreiks zur globalen Bewegung "Fridays for Future" geworden ist. Die eigentliche Arbeit gehe außerhalb der Konferenzhallen weiter. "Und wir werden niemals aufgeben, niemals", erklärte Thunberg.

Die Abschlusserklärung ist das Ergebnis von zwei Wochen zäher Verhandlungen. Möglich wurde die Einigung durch eine von Indien durchgesetzte Verwässerung des Entwurfs zum Kohleausstieg, in dem nun von "phase down" ("herunterfahren") statt vorher "phase out" ("aussteigen") die Rede ist.

"FÜR DIE MELADIVEN ZU SPÄT"


Konferenzleiter Sharma hatte dazu aufgerufen, die Forderungen aller Seiten ausgeglichen zu berücksichtigen: Die von Ländern, die durch den Klimawandel in ihrer Existenz gefährdet sind, die großer Industriestaaten und die jener Nationen, für deren Wirtschaft der Verbrauch oder der Export fossiler Brennstoffe sehr wichtig ist. Die Länder müssten sich fragen: "Ist dieses Paket ausgewogen? Bietet es genug für uns alle?"

Vor der Änderung am Abschlusstext in letzter Minute hatte Indiens Umwelt- und Klimaminister Bhupender Yadav die Erklärung noch kritisiert. "Wie kann jemand erwarten, dass Entwicklungsländer Versprechungen zum Ausstieg aus Subventionen für Kohle und fossile Brennstoffe machen können, wenn sich diese Länder noch mit ihrer eigentlichen Entwicklung und der Beseitigung der Armut auseinandersetzen müssen?" Die Umweltministerin der Malediven, Aminath Shauna, erklärte mit Blick auf die aus ihrer Sicht zu geringen Anstrengungen: "Für die Malediven wird es zu spät sein."

Ebenfalls Streitpunkt in Glasgow war die Klimafinanzierung. Großbritannien schlug hier Mechanismen vor, die sicherstellen sollen, dass die ärmsten Länder mehr versprochene Hilfen erhalten. Reiche Länder wurden aufgefordert, die Finanzierung der Klimaanpassung bis 2025 gegenüber dem Niveau von 2019 zu verdoppeln. Großbritannien forderte auch, dass ein UN-Ausschuss im kommenden Jahr über Fortschritte bei der Bereitstellung der jährlichen 100 Milliarden Dollar pro Jahr berichten soll, die reiche Nationen bis 2020 versprochen hatten, aber nicht lieferten. Die 100 Milliarden Dollar pro Jahr liegen nach UN-Angaben allerdings weit unter dem tatsächlichen Bedarf der ärmeren Länder.

rtr