Sie gilt als eine der erfolgreichsten Geschäftsfrauen in der internationalen Wirtschaftsgeschichte. Estée Lauder - die als Josephine Esther Mentzer am 1. Juli 1906 in Queens, New York, geboren wurde. Ihre Eltern kamen als Einwanderer in die USA. Lauders Vorfahren hatten sowohl französische als auch ungarisch-slowakisch-jüdische Wurzeln.

"Die erste Person, die ich als echte Schönheit wahrgenommen habe, war meine Mutter", sagte Estée Lauder, die in einfachen Verhältnissen aufwuchs. Rose Mentzers Pflegerituale zählten zu Lauders frühesten Kindheitserinnerungen. Sie pflegte Gesicht und Hände mit reichhaltigen Cremes. Rose schärfte ihrer Tochter ein: "Hände verraten viel über eine Person."

Estée Lauders Onkel, John Schotz, war Chemiker und Apotheker und stammte aus Ungarn. "Esty", wie Estée als Kind mit Spitznamen gerufen wurde, war früh fasziniert vom Umgang mit verschiedenen Salben und Schönheitscremes. Noch während ihrer Schulzeit in New York mixte sie in der elterlichen Küche Hautpflegemittel nach den Rezepten ihres Onkels zusammen. Die Produkte waren eine Creme, ein Reinigungsöl, eine Gesichtsmaske und eine Hautlotion.

Brillantes Marketing

Ihre ersten Kundinnen überzeugte sie mit ihren Pflegemitteln bei den Hausfrauenpartys, die sie bei sich zu Hause gab. Als Nächstes versuchte Estée Lauder, ihre Produkte in Schönheitssalons und Hotels anzubieten. Sie war die erste Kosmetikunternehmerin, die Gratisproben an ihre Kundschaft verteilte. Eine geniale Marketingidee war geboren. Zuvor war sie mit dieser Idee bei Werbeagenturen abgelehnt worden - diese fanden das Budget zu klein und die Werbeidee erschien ihnen zudem nicht Erfolg versprechend. Heute kennen wir diese Marketingmasche aus jeder Zeitschrift für die weibliche Zielgruppe.

1930 heiratete sie Joseph Lauder, einen mäßig erfolgreichen Geschäftsmann für Kurzwaren. Das junge Paar zog nach Manhattan und Joe versuchte sich in verschiedensten Berufszweigen. Estée Lauder experimentierte weiterhin in ihrer Küche mit Cremes und versuchte sich sogar einige Zeit im Cherry Lane Theatre am Broadway als Schauspielerin. Sie liebte die glamouröse Welt und fühlte sich durch Joseph eingeengt. 1939 ließ sie sich dann von ihm scheiden, doch sie blieben weiterhin in Kontakt, auch wegen des gemeinsamen Sohnes Leonard, der 1933 auf die Welt gekommen war. 1942 heirateten die beiden erneut. Estée Lauder schrieb darüber: "Ich habe sehr jung geheiratet. Man denkt, im Leben etwas verpasst zu haben. Ich fand aber heraus, dass ich den nettesten Mann der Welt hatte."

Nach einer Pause - 1944 kam der zweite Sohn Ronald Lauder zur Welt - gründete sie 1946 das Unternehmen Estée Lauder Companies zusammen mit ihrem Ehemann als Finanzchef. Estée, wie sie sich von nun an nannte, konzentrierte sich auf den Verkauf. Erste Erfolge hatte sie nun bei den Edelkaufhäusern wie Saks in der New Yorker Fifth Avenue. Dort konnte sie ihre Produkte mit einem eigenen Verkaufsstand an die Frau bringen.

Von nun an war Estée Lauder in den USA auf Promotiontouren unterwegs, um ihre Produkte bekannter zu machen. Es entstanden außerdem neue Produktionsstätten, um den Nachschub für die Kosmetikartikel zu sichern. Weiterhin experimentierte sie mit neuen Rezepten für Pflegeprodukte. Sie wollte einen Duft kreieren - nach Monaten war sie mit einer Komposition zufrieden, der sie an ihre Mutter erinnerte. Sie gab ihr den Namen "Youth Dew" - der "Tau der Jugend". Der Duft wurde ein großer Erfolg. Aber es gab auch Neider in der hartumkämpften Kosmetikbranche. Zu ihrem größten Konkurrenten zählte Charles Revson, der Begründer des Kosmetikherstellers Revlon.

1960 begann mit einem Auftrag für Harrods in London für Estée Lauder der internationale Durchbruch. Große Unterstützung fand sie bei den Modezeitschriften "Queen" und "Harper’s Bazar". Kurze Zeit später gab es eine Filiale in den Galeries Lafayette in Paris. 1967 wurde Estée Lauder von Wirtschafts- und Finanzredakteuren zu einer von zehn herausragenden Unternehmerfrauen der USA ernannt. Nach und nach entwickelte sich das Unternehmen zu einem weltweit erfolgreichen Kosmetikkonzern, trotz der großen Konkurrenz seitens bereits bestehender Großunternehmen wie Revlon, Elizabeth Arden und Helena Rubinstein.

Models und exklusive Kundinnen

Ihren Erfolg erklärte die hartnäckige Geschäftsfrau folgendermaßen: "Ich habe keinen Tag meines Lebens gearbeitet, ohne etwas zu verkaufen. Wenn ich an etwas glaube, verkaufe ich es." Sie verbrachte viel Zeit hinter den Verkaufstischen, um die Schönheitsberaterinnen zu schulen und ihre Kundinnen persönlich zu beraten. Estée Lauder war ab 1962 das erste Unternehmen, das Stars und Supermodels als Werbegesicht für seine Kosmetikprodukte einsetzte. Wieder war ein neues Werbekonzept - in enger Zusammenarbeit mit dem Modefotografen Victor Skrebneski - geboren, dabei wurde immer nur ein Exklusivmodel engagiert. Im Verlauf der Jahre waren die "Faces" weltbekannte Schauspielerinnen wie Elizabeth Hurley oder Gwyneth Paltrow. Auch der Kontakt zu den Reichen und Berühmten war Estée Lauder wichtig, um ihre Marke noch mehr bekannt zu machen. Zu den exklusiven Kundinnen zählten die Herzogin von Windsor, die ehemalige amerikanische First Lady Jacqueline Kennedy oder Fürstin Gracia Patricia von Monaco. Diese sagte über Estée Lauder: "Ich kenne sie nicht wirklich, aber sie schickt mir ständig diese Dinge." Damit meinte sie die Kosmetikproben. Beide wurden später gute Freundinnen.

Lauder verkaufte ihre Produkte vorzugsweise in den noblen Kaufhäusern dieser Welt, ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das den Produkten eine gewisse Exklusivität verlieh. Ihr Credo lautete: "In einer idealen Welt würden wir alle nach der Schönheit unserer Seelen beurteilt, aber in dieser nicht ganz so perfekten Welt hat eine gut aussehende Frau Vorteile und - meistens - das letzte Wort."

1995 ging das Unternehmen an die New Yorker Börse, Estée Lauder zog sich aus dem Tagesgeschäft zurück. Das "Time Magazine" kürte sie 1998 als einzige Frau zu den 20 einflussreichsten Geschäftsleuten des 20. Jahrhunderts.

Soziales Engagement

In ihren letzten Jahren widmete sie sich verstärkt sozialen und kulturellen Projekten, mit denen sie Universitäten, Museen und soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Pflegeheime unterstützte. 2004 erhielt sie dafür von US-Präsident George W. Bush die Freiheitsmedaille - The Presidential Medal of Freedom - als höchste zivile Auszeichnung in den USA.

Das Unternehmensimperium wurde im Jahr 2004, in dem die Firmengründerin verstarb, auf einen Wert von etwa zehn Milliarden US-Dollar taxiert. Im selben Jahr übernahm William Lauder, der Enkel von Estée Lauder, die Geschäftsführung. Die Erben behielten die Aktienmehrheit, sodass die Firma Estée Lauder auch heute noch in Familienbesitz ist. 2020 konnte das Unternehmen einen Umsatz von 14,3 Milliarden Dollar vermelden. Heute gehören zum Lauder-Konzern unter anderem bekannte Marken wie Aramis und Clinique.