Die meisten Besucher von Volksfesten und Freizeitparks sind in ihrem Leben schon einmal mit der "Wilden Maus" gefahren. 1957 entstand in Waldkirch bei Freiburg der (noch hölzerne) Prototyp dieses Fahrgeschäfts, das auch heute noch eines der beliebtesten der Welt ist. Mack Rides, wie der Hersteller sich heute nennt, wurde 1780 von Paul Mack als Unternehmen, das Fuhrwagen und Kutschen baute, gegründet. Roland Mack und sein Bruder Jürgen führen es heute in der siebten Generation, die Söhne haben ebenfalls bereits operative Verantwortung im Unternehmen übernommen.

Viel bekannter als die Fahrgeschäfte sind die Macks indes für ­ihren Europa-Park in Rust, den besucherstärksten saisonalen Freizeitpark der Welt. Ende November wird auf 32.600 Quadratmetern unter dem Namen "Rulantica" ein nordisch thematisierter ganzjährig geöffneter Wasserpark eröffnet.

€uro am Sonntag: Herr Mack, auch in diesem Sommer konnten Sie nicht über die Besucherzahlen im Europa-Park klagen. Wie schaffen Sie das?

Roland Mack:

Ich glaube, es ist die große Verfügbarkeit sehr unterschiedlicher und immer wieder neuer Angebote. Wir bringen unsere Besucher dazu, immer wieder zu uns zu kommen. Wir machen Marketing, aber unser Hauptverkaufskanal ist die Mund-zu-Mund-­Propaganda.

Was heißt "unterschiedliche Angebote" genau?

Wir bieten alles aus einer Hand. Hochmoderne Fahrgeschäfte, attraktive Unterhaltungsshows: 55 länder­typische, mit unseren "Europa"- Themen korrespondierende Restaurants, Bistros, Cafés, Eisdielen und Streetfood-Verkaufsstände inklusive eines Zwei-Michelin-Sterne-Restaurants, eine leistungsstarke Konferenz-Infrastruktur und nicht zuletzt sechs Hotels. Außerdem finden auf unserem Gelände viele Fernsehshows statt, wie Stefan Mross’ Sonntagmorgenunterhaltung "Immer wieder sonntags".

Und was heißt "immer wieder neue Angebote"?

Da wir bis zu 80 Prozent Wiederholer haben, müssen wir zwar das Bewährte erhalten, aber eben ständig Neues bieten. Die Shows sind jedes Jahr neu. Ob eine Show ein Erfolg wird, hängt manchmal auch vom Wetter ab. Wenn die Sonne scheint, funktionieren manche Shows nicht so gut. Bei den Fahrgeschäften müssen wir uns immer wieder etwas Neues einfallen lassen. Da heißt es auch, mit der Zeit zu gehen und zu digitalisieren.

Digitalisierung auf der Achterbahn. Im Ernst?

Aber natürlich. Das fängt damit an, dass wir überall WLAN haben, damit die Leute ihre Erlebnisse posten können - die moderne Form der Mund-zu-Mund-Propaganda. Und es geht damit weiter, dass wir mit dem Voletarium seit 2017 über ein Flying Theatre verfügen, in dem die Besucher einen einzig­artigen 3-D-Flug über Europa erleben können. Da haben wir einen Volltreffer gelandet. Schließlich ergänzen wir unsere klassischen Bahnen um Virtual-­Reality-(VR-)Angebote.

Wie muss man sich das denn vorstellen?

Ganz einfach. Wir ergänzen beispielsweise eine klassische Bahn mit einem zweiten Bahnhof; denn der Ladevorgang dauert ja länger, da die Leute dort eine VR-Brille bekommen und eingewiesen werden. Dann rasen sie mit der Bahn durch eine virtuelle Welt. Das ist im Vergleich zur Bahn in ihrer Europa- Park-Umgebung schon etwas komplett anderes. Aber Sie müssen wissen: Ganz viele Besucher - übrigens auch junge - wollen das ursprüngliche Erlebnis haben.

Haben Sie keine Angst, dass mit der zunehmenden Verbreitung und Gewöhnung an Virtual Reality die Menschen nicht mehr zu Ihnen kommen?

Nein, überhaupt nicht. Wir haben ja nur ein Prozent Einzelbesucher, die meisten kommen als Gruppe, mit Freunden oder der Familie. Mit der VR-Brille haben Sie kein Gemeinschaftserlebnis. Das suchen aber viele und kommen auch deshalb zu uns. Und noch ein Punkt: Auf den Beschleunigungseffekt der Achterbahn müssen Sie im Wohnzimmersessel auch verzichten.

Fahren Sie selbst noch mit Ihren Bahnen?

Hochgeschwindigkeitsbahnen fahre ich noch, auf dem Drehkarussell werden Sie mich nicht mehr sehen.

Der Park, Hotels, Shows, Gastronomie: Wie viele Mitarbeiter braucht man für so eine Unternehmung?

Wir hatten im Sommer rund 4.000 Mitarbeiter und stocken gerade noch einmal um 550 für "Rulantica" und das neue Hotel auf.

Wie bekommt man genügend Mitarbeiter nach Rust?

Das ist in der Tat die entscheidende Frage. Wir sind der größte Arbeitgeber hier in der Gegend, der lokale Arbeitsmarkt ist leergefegt, und es wird zunehmend schwieriger, Personal aus Frankreich zu rekrutieren. Die Bundesregierung hilft jetzt, was die Nicht-EU-Arbeitnehmer angeht, aber es bleibt schwierig, zumal wir ja das Problem der Saisonalität haben. Der Park ist 100 Tage im Jahr zu, da haben Sie die Fluktuation quasi programmiert. Ich kann Ihnen sagen, Ganzjährigkeit hilft ungemein. Mit dem Wasserpark, der ganzjährig offen ist, werden die Probleme geringer sein.

Könnte Outsourcing nicht helfen?

Das verlagert das Problem ja nur zu einer anderen Firma und ändert nichts an der Knappheit des Personals. Außerdem passt Outsourcing nicht zu uns. Schon aus Gründen der Qualität. Wir machen alles selbst. Da müssen wir eher in unseren Ruf und unsere Attraktivität als Arbeitgeber investieren und zum Beispiel Mitarbeiterwohnungen bauen.

Welches sind Ihre größten Konkurrenten im Parkgeschäft?

Das kann man gar nicht so sagen. Wir können uns ja nicht mit Disney vergleichen. Wir machen unser Geschäft hier, und wir wachsen in einem gesunden Tempo. Das reicht uns. Außerdem sind die meisten Parks ja Abnehmer unserer Bahnen. Je mehr wir uns zur Mehrtages­destination entwickeln, desto stärker sind andere Kurzreiseziele unsere Mitbewerber. Es geht dann nicht um Disney oder Europa-Park, sondern um Europa-Park versus Mallorca.

Was ist denn herausfordernder, der Park oder das Herstellergeschäft für Bahnen?

Der Maschinenbau ist technisch herausfordernder, der Park in kaufmännischer Hinsicht interessanter. Wenn wir den Wasserpark "Rulantica" Ende November eröffnet haben werden, sind es zusammen mit dem im Mai eröffneten Hotel Krønasar über 180 Millionen Euro, die wir investiert haben werden. Das ist für uns ein Riesenbrocken, und dann müssen wir dieses Geschäft auch noch zum Laufen bringen. Aber es gibt natürlich Schnittflächen: Der Park ist ja unser Schaufenster für die Attraktionen, auch wenn wir den Kunden stets Maßanzüge schneidern.

Lässt sich ein mittlerweile so großes Unternehmen mit einer Familie noch steuern?

Ja, das geht, indem wir auch unabhängig von Familienmitgliedern eine klare Struktur organisieren. Wir haben zunehmend externe Manager, die an die Familie berichten. Sonst ist das tatsächlich nicht mehr zu schaffen in der Größe. Die finanzielle Verantwortung muss aber weiter bei der Familie liegen.

Was heißt das?

Wir sind nicht an der Börse notiert und streben dort auch nicht hin, sondern sind und bleiben ein Familienunternehmen, das in der Form einer Familienstiftung geführt wird. Diese Stiftung haben wir in diesem Mai ­gegründet.

Warum haben Sie sich für eine Stiftung entschieden?

Das Ziel der Unternehmerfamilie Mack ist es, das fast 240-jährige Traditionsunternehmen auf Dauer zu sichern und in die nächsten Generationen zu führen. Die Leitung übernimmt gerade die achte Generation, die neunte Generation ist bereits auf der Welt.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass es in Ihrem Sinne weitergeht?

Die Familienstiftung basiert auf den Grundwerten der Familiencharta, die in einem langjährigen Prozess mit allen Familienmitgliedern erarbeitet wurde.

Hat die Stiftung auch außerhalb der Familie Auswirkungen?

Nein, für den Europa-Park und "Rulantica", die Mitarbeiter und Besucher ergeben sich keine Änderungen. Die Stiftung dient ausschließlich dem Zweck, unser wichtigstes Anliegen sicherzustellen: das Familienunternehmen Mack auf lange Sicht für die nächsten Generationen zu sichern und weiterzuentwickeln.

Mit 70 blicken Sie auf ein erfolgreiches Unternehmerleben zurück. Haben Sie einen Ratschlag, den Sie vielleicht auch Ihren Söhnen schon gegeben haben?

Ja, und den haben mein Bruder Jürgen, mit dem ich mich über all die Zeit perfekt ergänzt und ein sehr erfolgreiches Team gebildet habe, und ich schon von unserem Vater gelernt: Qualität steht immer an erster Stelle, und man sollte sich nicht auf seinen Erfolgen ausruhen.

Kurzvita

Familienmensch
Roland Mack studierte an der Universität Karlsruhe Maschinenbau und gründete 24-jährig mit seinem Vater Franz den EuropaPark in Rust, der heute als größter saisonaler Freizeitpark der Welt gilt. Das Ursprungsgeschäft, der Bau von Fahrgeschäften, heute Mack Rides, zählt zu den weltweit führenden Herstellern schienenbetriebener Fahrgeschäfte. Mack ist seit 45 Jahren verheiratet und Vater von zwei Söhnen und einer Tochter.