Die europäischen Börsen sind zum Wochenschluss unter die Räder gekommen. Am Freitagmittag gerieten die Kurse kräftig ins Rutschen: Der Dax büßte rund zweihundert Punkte innerhalb einer Viertelstunde ein. Am Nachmittag notierte er mit 11.770 Punkten rund zwei Prozent im Minus. Auf Wochensicht verlor der deutsche Leitindex damit fünf Prozent.

Auch an den anderen europäischen Handelsplätzen ging es am Freitag deutlich bergab: Der EuroStoxx fiel um 1,9 Prozent auf 3679 Zähler. Händlern zufolge beschleunigten Spekulationen um regulatorische Beschränkungen im Aktienhandel in China die Talfahrt. Daraufhin brachen die Terminkontrakte auf chinesische Aktien um sechs Prozent ein. Offenbar wollen die Regulierungsbehörden mit Auflagen exzessiven Marktspekulationen einen Riegel vorschieben, um einen Börsencrash zu vermeiden. So sei ein Verbot von Transaktionen auf Pump ("Margin lending") im außerbörslichen OTC-Geschäft geplant, hieß es am Markt. Diese Geschäfte boomen in Zeiten billigen Zentralbankgeldes und feuern die Rally am Aktienmarkt an. Der Shanghai Composite hat sich in den vergangenen zwölf Monaten so gut wie verdoppelt und notierte zuletzt bei 4288 Punkten.

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VERHÄRTETE FRONTEN IM GRIECHEN-STREIT MACHEN ANLEGER NERVÖS

Ein weiterer Faktor für die schnelle Abwärtsbewegung an den europäischen Börsen sei eine technische Panne beim Marktdatenanbieter "Bloomberg" gewesen. Viele Börsianer hätten deswegen bis zum Mittag nicht handeln können. "Händler mussten die China-Nachrichten erst verarbeiten, nachdem die Bloomberg-Terminals wieder liefen und dann kam es am Mittag zu dem Kursrutsch in Europa", sagte Ioan Smith vom Handelshaus KCG Europe. Zudem spielte auch der kleine Verfall von Optionen am Terminmarkt eine Rolle.

Außerdem drückt nach wie vor ein drohendes Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone - im Börsenjargon "Grexit" genannt - die Stimmung. Die europäischen Geldgeber verhandeln seit Wochen mit der Athener Regierung über Reformauflagen als Gegenleistung für weitere Hilfszahlungen. Der griechische Leitindex verlor 3,4 Prozent. Am Athener Anleihemarkt blieb die Lage ebenfalls angespannt, die Renditen blieben in Reichweite ihrer Mehrjahreshochs. "Griechenland läuft die Zeit weg", sagte Stratege Nick Stamenkovic von RIA Capital Markets. "Beide Seiten geben nicht nach, und es läuft alles auf die letzte Minute hinaus." Wegen Medienberichten über die Bitte um einen Zahlungsaufschub für eine Kreditrate des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatten Anleger griechische Papiere verstärkt aus ihren Depots geworfen.

Vor diesem Hintergrund blieben die als sicher geltenden Bundesanleihen für Investoren attraktiv. Die Rendite der zehnjährigen Titel fiel bis auf 0,050 Prozent und damit den vierten Tag in Folge auf ein Rekordtief.

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ANALYSTEN BEGRÜSSEN ENTSCHEIDUNG BEI VW

Im Machtkampf bei Volkswagen haben der Aufsichtsratschef Ferdinand Piech und der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn einen Frieden auf Zeit geschlossen. Winterkorns 2016 auslaufender Vertrag soll Anfang kommenden Jahres verlängert werden. Ob der Manager danach wie bislang geplant Piech als Aufsichtsratschef beerbt, bleibt aber offen.

Die VW-Aktien lagen mit 237,35 Euro nur knapp im Minus, während alle anderen Dax-Werte deutlich nachgaben. "Jetzt kann man hoffen, dass Ruhe im Konzern einkehrt", urteilte NordLB-Analyst Frank Schwope. "VW braucht einen starken Vorstandschef und keine Übergangslösung. Sonst wird es schwierig, Maßnahmen wie die geplanten Kosteneinsparungen durchzusetzen", sagte Commerzbank-Analyst Daniel Schwarz.

Reuters