EZB-Chef Mario Draghi kündigte eine Diskussion über die Zukunft der inzwischen auf 2,28 Billionen Euro angelegten Anleihenkäufe in diesem Herbst an. Die EZB hielt an der Option fest, im Notfall Anleihen-Kaufprogramm (QE) hinsichtlich Umfang und/oder Dauer auszuweiten. Volkswirte sagten in ersten Reaktionen:

ISABEL SCHNABEL, WIRTSCHAFTSWEISE:



"Die EZB lässt die Märkte weiter im Dunkeln tappen. Sie hat erneut die Chance verpasst, den Ausstieg aus dem Anleihen-Kaufprogramm einzuleiten und endlich eine Ausstiegsstrategie zu kommunizieren. Ein gradueller Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik wird immer schwieriger, und damit steigen die Risiken für die Finanzstabilität."

HOLGER SANDTE, NORDEA:



"Es bleibt dabei: Die EZB nimmt sich wie erwartet viel Zeit beim Ausstieg aus der super-expansiven Geldpolitik. Im Oktober wird sie wohl eine Verlängerung der Anleihenkäufe beschließen, bei geringeren monatlichen Volumina. Wahrscheinlich enden die Anleihenkäufe nächstes Jahr, bevor dann 2019 die Leitzinsen moderat steigen. Für Deutschland wird die Frage sein, ob die Wirtschaft bis dahin überhitzt. Zumindest bisher ist das Lohnwachstum aber verhalten."

JOCHEN MÖBERT, DEUTSCHE BANK:



"Die starke Euro-Aufwertung, sollte sie eine Fortsetzung finden, deutet eher darauf hin, dass zwar eher im Oktober etwas bekanntgegeben wird. Ich glaube, darum kommt Draghi nicht mehr herum. Aber es bleibt noch etwas Unklarheit und eventuell wird im Dezember nachgelegt. Die EZB steckt ein bisschen in der Zwickmühle, weil sie das Programm zurückfahren will und den Euro-Kurs im Blick hat. Wahrscheinlich wird die Feinabstimmung zwischen Oktober und Dezember erfolgen und die Verlängerung des Programms womöglich länger als gedacht ausfallen, wenn der Euro nochmal steigen sollte."

STEFAN KIPAR, BAYERNLB:



"Draghi hat die Währung als Unsicherheitsfaktor genannt, der auch den Inflationsausblick auf mittlere Frist in Risiko stellt. Das sendet auf jeden Fall ein gemäßigtes Signal an die Währungsmärkte. Wenn er die Gremien mit dem Ausstiegsplan beauftragt, wäre die EZB auf Kurs, dass sie im Oktober einen langsamen Ausstieg aus QE verkündet, also in das Jahr 2018 hinein, aber mit geringerem Volumen."

FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW:



"Die heutige geldpolitische Entscheidung der EZB ist eine Enttäuschung. Obwohl eine verbale Vorbereitung des Ausstiegs aus den Anleihenkäufen dringend geboten ist, hat sie sogar noch den Hinweis auf eine mögliche Ausweitung des Kaufprogramms beibehalten. Offenbar verängstigt die Euro- Aufwertung der vergangenen Wochen die Mitglieder des Zentralbankrats. Die Euro-Aufwertung ist jedoch kein gültiges Argument gegen ein Ende der Anleihenkäufe im kommenden Jahr."

KLAUS WIENER, GESAMTVERBAND DEUTSCHE VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT:



"Es ist bedauerlich, dass die EZB keinerlei Hinweise auf ein Ende der Anleihekäufe gibt, denn die erhofften positiven Effekte dieser Politik werden immer geringer. Besonders deutlich wird dies am Euro-Wechselkurs. Er ist in den letzten Wochen deutlich gestiegen, obwohl die EZB an ihrer aggressiven Politik festgehalten hat. Aufgeschoben ist allerdings nicht aufgehoben. Ich rechne fest damit, dass der Schritt Ende Oktober erfolgt. Das Wachstum im Euro-Raum hat sich nicht nur weiter beschleunigt, es ist inzwischen auch regional sehr viel breiter angelegt. Zudem ist die Gefahr einer deflationären Entwicklung - sofern sie in der Phase seit Beginn der Anleihekäufe 2015 überhaupt jemals bestanden hat - weggefallen. Die EZB arbeitet immer noch im Krisenmodus. Eine Krise liegt aber schon länger nicht mehr vor."

MICHAEL KEMMER, HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER BANKENVERBAND:



"Die Euro-Wächter haben vor der notwendigen Entscheidung, das Aufkaufprogramm im kommenden Jahr schrittweise zu beenden, heute einen weiteren Seitwärtsschritt eingelegt. Die EZB sollte die jüngste Wechselkursentwicklung nicht überbewerten. Der Euro war zuvor deutlich unterbewertet. So gesehen passt die Euro-Entwicklung zu einem allmählichen Normalisierungsprozess, dem sich auch die europäische Notenbank mit ihrer Geldpolitik in den kommenden Monaten anschließen sollte."

ALEXANDER KRÜGER, BANKHAUS LAMPE:



"Der EZB-Rat hat sich um eine Grundsatzentscheidung über die künftige geldpolitische Ausrichtung heute gedrückt. Laut aktueller Pressemitteilung gibt es im Vergleich zur Juli-Sitzung keinerlei Änderungen. Dadurch ist es fraglicher geworden, ob es nun am 26. Oktober zum großen Rundumschlag kommen wird."

JÖRG ZEUNER, KFW BANKENGRUPPE:



"Der Exit ist und bleibt ein Geduldsspiel. Die kräftige Konjunktur und die leicht aufwärtsgerichtete Inflation sind wieder ein Stück Normalität. Jetzt ist es an der EZB, auch die Geldpolitik zu normalisieren. Gleichzeitig darf sie das bisher Erreichte nicht gefährden. Das erfordert eben so viel Augenmaß wie Entschlossenheit. Deshalb bleibt die EZB vorsichtig."

rtr