Familienunternehmen (laut der weitgefassten Definition der Stiftung Familienunternehmen gilt eine Firma dann als Familienunternehmen, wenn eine Familie die Mehrheit der Entscheidungsrechte besitzt und/oder mindestens ein Familienmitglied die Leitung oder Kontrolle innehat) sind für Deutschland von großer wirtschaftlicher Bedeutung: Über 90 Prozent der Unternehmen sind in Familienbesitz, schreibt die DZ Bank in einer aktuellen Studie mit dem Titel "Erfolgsfaktor Familie".

Wie es in der Publikation weiter heißt, sind diese Gesellschaften nicht nur in städtischen Gebieten angesiedelt, sondern oft auch in ländlichen Regionen. Dort seien sie teilweise von enormer Bedeutung für die Wirtschaftsstruktur. Die Corona-Pandemie hinterlasse dabei auch bei Familienunternehmen ihre Spuren. Laut einer ifo-Umfrage hätten rund 80 Prozent der Betriebe im vergangenen Jahr einen Auftragsrückgang hinnehmen müssen.

Zudem stünden Familienunternehmen vor strukturellen Herausforderungen. Der demografische Wandel werde die zukünftige Entwicklung der Unternehmen stark beeinflussen. Im Rahmen des Generationswechsels finde sich nicht immer ein geeigneter Nachfolger, und auch der Fachkräftemangel sei in vielen Branchen und ländlichen Regionen ein Problem. Auf der technischen Seite verändere die Digitalisierung etablierte Geschäftsmodelle und Strukturen.

Was die Börse angehe, so spielten Familienunternehmen neben den USA vor allem in Europa eine bedeutende Rolle. In Europa gebe es zwischen 700 und 900 börsennotierte Familienunternehmen. Davon seien die meisten in den großen Ländern Frankreich, Deutschland, Schweiz und Spanien angesiedelt. Deutschland liege auf Basis der Definition der Deutschen Börse mit rund 150 Firmen ganz vorne in Europa.

Innerhalb der letzten 15 Jahre haben sich die Aktienkurse dieser Unternehmen laut DZ Bank besser entwickelt als die breiten Aktienindizes. Bei der Auswertung der Aktienkursentwicklung von Familienunternehmen an der Börse hat man sich dabei auf den deutschen Markt fokussiert. Hier sei die Datenlage besser nutzbar als in den ausländischen Märkten, heißt es zur Begründung.

Seit 2004 gibt es den Angaben zufolge den "DAXplus Family"-Index der Deutschen Börse. Dieser Index bildet die Aktienkursentwicklung von Familienunternehmen im Prime Standard ab. In diesen Index werden Unternehmen aufgenommen, bei denen die Gründerfamilie mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält oder im Vorstand oder Aufsichtsrat vertreten ist und mindestens fünf Prozent der Stimmrechte hält. Der Index umfasst 113 Unternehmen.

Zusätzlich sind die 30 größten und liquidesten Werte des Index im Auswahlindex DAXplus Family 30 vertreten, sozusagen der "DAX der Familienunternehmen". Die Gewichtung der Titel im Index richtet sich nach der Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien; der Anteil einer Aktie ist auf 10 Prozent begrenzt. Zu den größten Positionen gehören Merck KGaA, Henkel und Symrise.

Über einen Zeitraum von 15 Jahren legte der DAXplus Family 30 laut DZ Bank um 10,7 Prozent pro Jahr zu. Der Index habe sich deutlich besser als der DAX entwickelt, der in diesem Zeitraum nur 6,5 Prozent pro Jahr zugelegt habe. Der Index habe auch die Kursentwicklung des MDAX (9,8 Prozent p.a.) übertroffen, sei aber hinter der des TecDAX (11,4 Prozent p.a.) zurückgeblieben. MDAX und TecDAX seien dafür bekannt, dass sie viele Weltmarktführer aus Deutschland enthielten, von denen wiederum viele familiengeführt seien. Es gebe viele Aktien, die sowohl im MDAX als auch im DAXplus Family 30 notierten.



Für die bessere Aktienkursentwicklung gebe es mehrere Gründe. Die Eigentümer hätten einen klaren Fokus auf nachhaltiges und langfristiges Wachstum und nicht auf einzelne Quartalsergebnisse, wie es angestellte Manager manchmal tun würden. Aber es gebe auch nicht immer nur Erfolgsgeschichten unter den Familienunternehmen. Viele inhabergeführte Unternehmen seien in den vergangenen Jahren gescheitert, nicht zuletzt aufgrund von persönlichen Streitigkeiten innerhalb der Familie.

Ein Rückblick auf 15 Jahre Kurshistorie beweist laut DZ Bank zwar nicht unbedingt, dass sich die Kurse von Familienunternehmen an der Börse über noch längere Zeiträume (oder in anderen Ländern) besser entwickelt haben als andere Aktien. Verschiedene Auswertungen, z.B. der Stiftung Familienunternehmen, sowie wissenschaftliche Studien zeigten jedoch, dass sich Aktien inhabergeführter Unternehmen langfristig tatsächlich besser entwickelt hätten.

In der Studie beleuchten die Analysten auch vier der bekanntesten deutschen Familienunternehmen, die allesamt mit einer Kaufempfehlung versehen sind. Konkret geht man unter anderem auf die jeweilige Aktionärsstruktur ein, die aktuellen Schlüsselfaktoren für das jeweilige Unternehmen sowie auf die kommenden Herausforderungen und Chancen. BÖRSE ONLINE berichtet und verrät auch die Kursziele für die einzelnen Titel, wobei diese in der Spitze 26 Prozent Luft nach oben lassen.

BMW-Aktie



Bei BMW rät die DZ Bank mit einem Kursziel von 88,00 Euro zum Kauf. Das vergleicht sich mit einer aktuellen Schlussnotiz am Freitag von 70,01 Euro, so dass sich theoretische die Chance auf einen Anstieg von 25,7 Prozent ergibt.

Mit Blick auf den aktuellen Strukturwandel in der Autobranche sollte BMW von seiner stabilen Aktionärsstruktur sowie der frühzeitigen Fokussierung auf das Thema Nachhaltigkeit sowie das Premium-Segment profitieren, heißt es zur Begründung. Zudem sehen die Analysten Wettbewerbsvorteile bei BMW beim Thema E-Mobilität. Zur geschäftlichen Ausrichtung heißt es allgemein, der Münchener Autobauer verfolge mit seinen Marken BMW, MINI und der englischen Edelschmiede Rolls-Royce eine reine Premium-Markenstrategie. BMW-Motorräder sowie die konzerneigene Finanzdienstleistungssparte rundeten die Produktpalette ab.

Zur Aktionärsstruktur hält man fest, dass Stefan Quandt (25,8 Prozent) und Susanne Klatten geb. Quandt (20,9 Prozent) zusammen 46,7 Prozent der Stammaktien halten und beide Mitglieder des Aufsichtsrats sind. Aufgrund der stabilen Aktionärsstruktur sei BMW frühzeitig bei strategischen Themen - Nachhaltigkeit, Emissionen, E-Mobilität etc. - positioniert gewesen, auch wenn dies kurzfristig zu einer Belastung bzw. Verwässerung der operativen Entwicklung führe. So habe BMW bei "Efficient Dynamics" frühzeitig auf eine Reduktion der Emissionen gesetzt, ohne dass die Mehrkosten komplett an Endkunden weitergegeben werden konnten. Mittelfristig habe BMW jedoch von geringeren Verbrauchswerten im Konkurrenzvergleich sowie höheren Restwerten profitiert.

Bedingt durch das Coronavirus sei der weltweite Absatz im Vergleich zum Vorjahr um 8,4 Prozent gesunken. Hierbei sei jedoch der Absatz von elektrifizierten Fahrzeigen in 2020 um 32 Prozent gestiegen. Somit habe der Anteil am Konzernabsatz bei rund 8,3 Prozent nach 5,8 Prozent in 2019 gelegen und habe wie erwartet das europäische CO2-Flottenziel erreicht. BMW sollte mittelfristig von seiner Fokussierung auf das Premium-Segment sowie seiner Positionierung bei der E-Mobilität profitieren.

Bei den Ergebniszielen für 2020 gehe das Unternehmend davon aus, das obere Ende der Prognosebandbreiten - beispielsweise EBIT-Marge Automobile 0 Prozent bis drei Prozent - erreicht zu haben. BMW erscheine mit einem Preis/Buchwert-Verhältnis, bezogen auf die Konsenserwartungen für die nächsten zwölf Monate, von 0,8x im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt von 1,2x sowie im Peer-Group-Vergleich attraktiv bewertet zu sein.



Hella-Aktie



Bei den Aktien der Hella GmbH & Co. KGaA legt die DZ Bank mit Kursziel 59,00 Euro einen Kauf nahe. Aus einer Schlussnotiz von 50,40 Euro im Xetra-Handel am Freitag ergibt sich daraus rund 17 Prozent Luft nach oben.

Zur Begründung für die positive Meinung erklären die Analysten, Hella sollte weiterhin von steigenden Ausstattungsquoten bei Fahrerassistenzsystemen sowie einer zunehmenden Elektrifizierung sowie einer sukzessiven Nachfrageerholung in Kombination mit bereits eingeleiteten Kostenmaßnahmen profitieren.

Laut DZ Bank zählt Hella zu den 50 größten Autozulieferern weltweit, fungiert aber nicht als Systemlieferant, sondern fokussiert sich mit seinen Produkten auf einzelne Bereiche/Lösungen in den Themen Licht und Elektronik. Hierbei strebt das Unternehmen eine führende Position (Markt- / Technologie) an. Zudem ist das Unternehmen im Ersatzteilgeschäft aktiv.

Zur Aktionärsstruktur führt man aus, dass nach dem Börsengang 2014 sowie weiterer Platzierungen 2015/16 durch die Familiengesellschafter bzw. Altaktionäre deren Anteilsbesitz zuletzt rund 71 Prozent betrug. Für 60 Prozent der ausstehenden Aktien bestehe eine langfristige Poolvereinbarung zwischen den Gesellschafterfamilien bis mindestens 2024. Den frei verfügbaren Anteil der Altaktionäre schätzt man nach mehreren weiteren Platzierungen in den vergangenen Jahren auf drei bis vier Prozent.

Neben dem Aufsichtsrat berate der Gesellschafterausschuss die Geschäftsführung. Dem Ausschuss gehören demnach neben drei externen auch fünf Familiengesellschafter an, die durch die Hauptversammlung berufen werden. Dank der stabilen Aktionärsstruktur habe sich HELLA bereits frühzeitig bei strategischen Themen positionieren können, auch wenn dies kurzfristig zu einer Verwässerung der operativen Entwicklung geführt habe.

Hella sollte von einer steigenden Nachfrage nach Fahrerassistenzsystemen und innovativen Licht-Lösungen profitieren. Zusätzliche Impulse dürften sich aus der zunehmenden Elektrifizierung von Antrieben, beispielsweise durch Lösungen für das Energiemanagement bei 48V-Bordnetzssystem ergeben. Die eingeleiteten Effizienzmaßnahmen sollten sich zusätzlich positiv auf Margenentwicklung auswirken.

Bei der Vorlage vorläufiger Halbjahreszahlen für das Geschäftsjahr 2020/21 habe das Unternehmen den zuvor eher konservativen Ausblick angehoben. Die gute Positionierung der Gesellschaft komme in der aktuellen Bewertung, sowohl beim Preis/Buchwert-Verhältnis, bezogen auf die Konsenserwartungen für die nächsten zwölf Monate, von 2,4x im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt von 2,0x als auch im Peer-Group-Vergleich zum Ausdruck.



Merck KGaA-Aktie



Die Aktien der Merck KGaA hat die DZ Bank im Rahmen einer Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 161,00 Euro versehen. Nimmt man die Schlussnotiz vom Freitag von 137,70 Euro als Maßstab, dann ergibt sich aus dieser Vorgabe die Chance auf einen Anstieg von rund 17 Prozent, zumindest für den Fall, dass die Rechnung aufgeht.

Das erfolgreiche Portfolio-Management der Merck-Gruppe und die strategische Konzernneuausrichtung von 2016 bis 2022 zahle sich aus, heißt es erläuternd zum Kaufvotum. Auf Basis einer Bewertung basierend auf der Summe der Einzelteile resultiert der bereits erwähnte faire Wert von 161,00 Euro.

Geschäftlich betrachtet sei Merck ein Hybrid-Unternehmen, das mehrheitlich in Familienbesitz sei. Im Segment Healthcare verkaufe die Gruppe rezeptpflichtige Arzneimittel (ethische Pharmazeutika). Performance Materials werde von Flüssigkristallen/OLED, Pigmenten und Elektronikchemie bestimmt. Das Segment Life Science stelle Hightech-Geräte und Verbrauchsmaterial für die biopharmazeutische Forschung und Industrie her.

Die persönlich haftende Gesellschafterin E. Merck KG (Komplementär) halte am Gesamtkapital der Merck KGaA 70,3 Prozent, die Kommanditaktionäre hielten den in öffentlich handelbare Aktien eingeteilten Rest. Insgesamt errechne sich daraus eine theoretische Aktienanzahl von 434,8 Millionen Stück. Aktuell bestehe die Gesellschafterversammlung der E. Merck KG aus rund 270 Familienmitgliedern.

Die E. Merck KG sei nicht an der Geschäftsführung der Merck KGaA beteiligt, allerdings werde der von der Familie gewählte Gesellschafterrat bei unternehmerischen Grundsatzentscheidungen des Merck-Konzerns einbezogen. Die Familie lege großen Wert auf eine Diversifikation der Gruppe, um das Familienunternehmen langfristig zu sichern. Zudem sehe die Familie die, aus der Börsennotierung resultierende, Finanzmarktkommunikation als wichtiges Instrument zum Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und der Informationsgewinnung an.

Die COVID-19-Krise habe Merck bisher nur wenig belastet. Im Segment Life Science habe über Kunden aus der Impfstoff- und Pharmaforschung sogar positive COVID-19-Effekte erzielt werden können. Damit unterstütze Merck als wichtiger Zulieferer von Impfstoffunternehmen die globale Impfkampagne gegen COVID-19.

Laut Merck soll das angepasste EBITDA 2020 zwischen 5,05 und 5,25 Milliarden Euro liegen, wobei sich die DZ BANK-Schätzung bei 5,19 Milliarden Euro bewegt. Die Schätzung für den bereinigten Gewinn je Aktie beträgt für 2020 6,68 Euro, nach 5,56 Euro in 2019. Die Prognosen für die beiden kommenden Jahre betragen 6,33 Euro bzw. 7,09 Euro je Anteilsschein. Die Dividendenschätzreihe für die Geschäftsjahre 2020 bis 2022 sieht wie folgt aus: 1,35 Euro, 1,42 Euro und 1,59 Euro je Aktie.



Wacker Chemie-Aktie



Auch die Aktien von Wacker Chemie hat die DZ Bank mit einem Kaufvotum versehen. Das Kursziel beträgt 141,00 Euro. Das liegt um knapp 18 Prozent über der Schlussnotiz von 119,60 Euro am Freitag.

Die erwarteten Mittelzuflüsse aus der geplanten Siltronic-Übernahme erhöhen bei Wacker Chemie den Spielraum für Akquisitionen und für eine Sonderdividende ab 2023, erklären die zuständigen Analysten. Durch den Green Deal der EU und ähnliche strategische Ziele in Asien und in den USA steige die Nachfrage nach Polysilicium für Solar-Installationen.

Die Wacker Chemie AG bezeichnet man als einen global operierenden Chemiekonzern, der sich mehrheitlich in Familienbesitz befinde. Das Leistungsportfolio konzentriere sich auf die Silicium-Chemie (Silikone), Kunststoffe, Feinchemie (Agrar, Pharma, Lebensmittel) sowie auf die Herstellung von Reinst-Polysilicium.

Die Familie halte über die Dr. Alexander Wacker Familien-GmbH 55,64 Prozent und über die Blue Elephant Holding GmbH weitere 10,86 Prozent der Wacker Chemie-Anteile. Eine aktive Teilnahme an der Geschäftsführung der Wacker Chemie AG finde aktuell nicht statt. Der frühere Vorstandsvorsitzende Dr. Peter-Alexander Wacker sei zurzeit Vorsitzender des Aufsichtsrats. Darüber hinaus sind nach Informationen der DZ Bank vier weitere Familienmitglieder im Aufsichtsrat vertreten.

Die Familie habe im Jahr 2001 eine Mehrheit von 51 Prozent an dem früheren Gemeinschaftsunternehmens Wacker Chemie GmbH zurückgewonnen. Danach sei der Rückkauf der restlichen Anteile erfolgt. Im Anschluss sei das Unternehmen von der Familie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 29 Prozent der Stammaktien im Rahmen eines Börsengangs zur Refinanzierung verkauft worden.

Im Falle der von der DZ Bank erwarteten Zulassung des Curevac-Impfstoffs gegen COVID-19 plane Wacker 2021 rund 100 Millionen und 2022 circa 200 Millionen Dosen zu produzieren. Die Einreichung zur Zulassung solle Ende des ersten Quartals 2021 erfolgen.

Wacker habe keine Prognose für 2020 veröffentlicht. Für das abgelaufene Jahr erwartet die DZ Bank ein EBITDA in Höhe von 649 Millionen Euro (Konsens: 645 Millionen Euro). Im vierten Quartal 2020 seien Rückstellungen für Effizienzmaßnahmen in Höhe von 53 Millionen Euro berücksichtigt worden. Durch die anhaltend hohe Nachfrage nach Polymeren, Silikonen und Polysilicium erwartet man weitere Preiserhöhungen. Das Kursziel ergibt sich auf der Grundlage einer Summe der Einzelteile-Bewertung.

Die Schätzung für den Gewinn je Aktie in 2020 beträgt 4,02 Euro nach -15,32 Euro in 2019. Die Prognosen für 2021 und 2022 sehen Ergebnisse je Anteilsschein von 5,74 Euro bzw. von 6,49 Euro vor. Für 2020 soll den Vorhersagen zufolge eine unveränderte Dividende von 0,50 Euro je Aktie fließen. Für das laufende und das nächste Geschäftsjahr geht man dann von jeweils höheren Zahlungen von 1,50 Euro bzw. von 2,00 Euro je Anteilsschein aus.