Doch von in Aussicht gestellten 15 Milliarden Euro sind erst rund 450 Millionen ausgezahlt. Unternehmen klagen über zu viel Bürokratie, während sich Bund und Länder gegenseitig die Schuld für die Misere geben.

Aus Sicht des Digitalverbands Bitkom steht schon jetzt fest, dass die öffentliche Verwaltung viel zu unmodern aufgestellt ist, um mit den aktuellen Herausforderungen fertig zu werden. Diese müsse rasch und umfassend digitalisiert werden. "Die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, welche Defizite wir bei der Digitalisierung in Deutschland noch haben", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "So haben in einer Umfrage 92 Prozent der Unternehmen, die eine Form von staatlichen Corona-Hilfen beantragt haben, beklagt, dass es bei der Antragstellung technische Probleme gegeben hat. Nur jedes Zweite konnte die Antragstellung komplett digital abwickeln."

Auch die FDP schimpft auf die große Koalition, die mit riesigen Summen die Folgen der Pandemie bekämpft. "Es kann nicht sein, dass es dann an der Technik scheitert", sagt der Vize-Fraktionschef der Liberalen im Bundestag, Christian Dürr. Das sei ein Armutszeugnis für die Regierung. "Viele Betriebe stehen vor dem Aus."

PROBLEME MIT DER SOFTWARE


Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte bei den November-Hilfen - also Entschädigungen für Umsatzausfälle bei zwangsweise geschlossenen Betrieben - erste Abschlagszahlungen Ende November versprochen, die gesamten Hilfen dann "einige Wochen" später. Doch zuletzt wurde bekannt, dass es vor Januar nichts wird mit den endgültigen Auszahlungen. Für das reguläre Verfahren werde momentan mit Hochdruck an der Software gearbeitet, so das Wirtschaftsministerium. Die Länder hätten für die Auszahlungen gerne die Finanzämter eingespannt. Dafür fehlen aber die gesetzlichen Grundlagen ebenso wie die passende IT-Infrastruktur.

Die Folge sind gegenseitige Schuldzuweisungen. Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop sagt, sie sei verwundert, dass es nun bis Januar dauere. Außerdem könnten einmal beantragte Abschlagszahlungen nicht erhöht werden, was ein Problem sei. Ein hochrangiger Vertreter der Länder ergänzt, der Bund habe seine Hausaufgaben nicht gemacht. Die Umsatzentschädigungen für November seien viel zu großzügig angelegt und damit in vielen Fällen anderen Firmen gegenüber ungerecht.

MERKEL NIMMT ALTMAIER IN SCHUTZ


Der Bund hat bereits auf die Kritik reagiert. Regierungskreisen zufolge werden die Abschlagszahlungen von maximal 10.000 Euro auf bis zu 50.000 Euro erhöht. Eigentlich wären die Länder für die Auszahlungen zuständig, betont das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. "Dass die Abschlagszahlungen über die Bundeskasse erfolgen, ist ein zentrales Entgegenkommen gegenüber den Ländern." Bei drei von vier Anträgen von Unternehmen habe es schon Auszahlungen gegeben. Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern gebe es bisher aber nur für November, nicht aber zu den Dezember-Hilfen, die noch einmal rund 15 Milliarden Euro für Umsatzausfälle ausschütten sollen. Auch für die Überbrückungshilfe III, die ab Januar umfassender als bisher Fixkosten-Zuschüsse möglich machen soll, gebe es noch keine Verwaltungsvereinbarung mit den 16 Ländern.

Kanzlerin Angela Merkel nimmt ihren CDU-Parteifreund Altmaier in Schutz. Er habe übernommen, was eigentlich Aufgabe der Länder gewesen sei. "Er hat uns dann gezeigt, dass das, wie es in Deutschland halt gemacht wird, also 45 Seiten voller Prozeduren sind, die jetzt umgesetzt werden müssen, und das muss natürlich auch mit einer gewissen Sorgfalt gemacht werden. Die Programmierer sind mit Nachdruck und Hochdruck daran."

Doch am Ende könnte es schon zu spät sein: "Für viele Unternehmen ist es bereits '5 nach 12'", warnt Hans-Jürgen Völz vom Mittelstandsverband BVMW. "Den Ankündigungen der Politik müssen endlich Taten folgen." Denn der Druck wird immer größer, auch weil im Dezember weitere Hilfen folgen sollen, für die aber noch keine Anträge gestellt werden können. Und spätestens im Januar drohen noch schärfere Corona-Einschränkungen - mit dann voraussichtlich noch mehr Hilfsbedarf der betroffenen Betriebe.

rtr