Hoffnungsträger Emmanuel Macron, erst im Mai 2017 zum Präsidenten gewählt, hat Probleme. Der Aufstand der "Gilets Jaunes" setzt ihm zu. Viele seiner Landsleute sind reformunwillig. Seit Wochen protestieren die Gelbwesten gegen seine Agenda - dabei wurde Macron selbst durch eine Volksbewegung (En Marche) ins Amt gespült. Es sind zwar nicht mehr Hunderttausende, die regelmäßig auf die Straße gehen, trotzdem ist die Zahl an Unzufriedenen weiterhin beeindruckend.

Dass die Gelbwesten Spuren hinterlassen, sieht man an der Konjunktur: Die Wirtschaftsentwicklung lässt nach. Dies zeigt etwa der "Economic Surprise Index", der von der Citigroup für viele Wirtschaftsregionen ermittelt wird. So auch für Frankreich. Der Indikator vergleicht die Daten mit den zuvor gemachten Prognosen. Fällt der Vergleich gut aus, notiert der Index im positiven Bereich, enttäuscht er, ist das Gegenteil der Fall. Aktuell notiert der Index bei minus 194 Punkten - so niedrig wie noch nie. Niedriger sogar als während der Finanzkrise 2008/09.

Von einem Extrem ins andere



Die Prognosen waren demnach viel zu optimistisch. Macrons Pläne, Frankreich zu reformieren, werden damit nicht einfacher. Allerdings ist die Erwartungshaltung nun von einem ins andere Extrem umgeschlagen, was Raum für positive Überraschungen schafft. Außerdem kann Macron bis 2022 unangefochten weiterregieren - seine Mehrheit in der Nationalversammlung ist nicht gefährdet. Die Frage ist nur, ob es ihm gelingt, unpopuläre Reformen durchzusetzen. Zuletzt ist er eingeknickt - er hat die Ökosteuer ausgesetzt und den Mindestlohn erhöht.

Leisten kann man sich das eigentlich nicht: Frankreichs Arbeitslosenquote beträgt 9,1 Prozent, die Gesamtverschuldung steht bei 99 Prozent und das Haushaltsdefizit bei 2,7 Prozent. Dass Macron zuletzt auch auf der Straße wieder etwas Rückhalt bekam, verkommt so fast zur Anekdote. 10 000 Menschen kamen neulich zu einer Demonstration der "Rotschals" in Paris zusammen, um gegen die Gewalt der Gelbwesten und für Macrons Reformpolitik zu protestieren. Auch an der Börse hat Macron wohl noch etwas Kredit. Jedenfalls schlägt sich der französische Leitindex CAC 40 besser als der DAX, auch wenn beide im Zwölfmonatsvergleich im Minus sind.

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Spannendes abseits vom Leitindex



Als Anleger wäre es aber ein Fehler, nur auf die bekannten Bluechips oder den Index zu achten. Es gibt etliche gute Aktien, die weder im CAC 40 noch im Nebenwerte-Index CAC Mid 60 vertreten sind. So etwa Teleperformance, ein schnell wachsender Anbieter von Callcenter-Dienstleistungen. Das Angebot reicht von simplem Kundenservice und technischer Unterstützung bis hin zu Kundenakquise und Backoffice-Dienstleistungen. Das 1978 gegründete Unternehmen hat an 340 Standorten in 76 Ländern 220 000 Mitarbeiter. Zu den Klienten des Unternehmens gehört "ein großer Teil der 500 größten Firmen der Welt", so Gründer und Chef Daniel Julien. Dazu kommt viel neues Geschäft mit staatlichen Verwaltungen, die ebenfalls zunehmend Tätigkeiten auslagern. Teleperformance bearbeitet etwa auch Visaanträge - auch für die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland. Ehrgeiziges Ziel: Um mindestens sechs Prozent jährlich soll der Umsatz bis 2022 zulegen. Julien möchte Teleperformance zu einem der größten Unternehmen des Landes machen - und es in den CAC 40 schaffen.



Auch Ubisoft, Hersteller und Entwickler von Videospielen, fehlt in den beiden wichtigsten Indizes des Landes. Das Unternehmen produziert unter anderem die erfolgreiche Assassin’s-Creed-Reihe. Mit fünf Prozent Anteil ist bei Ubisoft zuletzt Tencent eingestiegen, das Chinas Markt für mobile Spiele dominiert. Die beiden haben eine Partnerschaft vereinbart, um Ubisofts Reichweite in Asien zu verbessern. Unter Experten gelten die Franzosen als besonders prädestiniert für "the next big thing": Cloud-Gaming und Streaming von Spielen.

Wenigstens im CAC Mid 60 enthalten ist Orpea, ein Betreiber von Pflege- und Reha-Einrichtungen in ganz Europa. Das Unternehmen, an dem auch die Industriellendynastie Peugeot beteiligt ist, betreibt 800 Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit 83 000 Betten. Die Aktie hat während der jüngsten Konsolidierung ein Drittel an Wert verloren und scheint jetzt wieder kaufenswert.

Wer generell auf einen Aufschwung in Frankreich setzt, kann dies auch via ETF auf den CAC 40 oder den 80 Aktien umfassenden MSCI France tun. Beide Indizes laufen in etwa gleich.

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Auf einen Blick: Frankreich