Ende gut, alles gut. Das wird sich der eine oder andere Freenet-Aktionär in diesen Tagen gedacht haben. Der in London ansässige Mobilfunkkonzern Liberty legte für den Schweizer Telekommunikationsanbieter Sunrise Communicationns, an dem Freenet mit 25 Prozent beteiligt ist, eine Übernahmeofferte vor. Auch den Führungsetagen von Freenet und Sunrise kommt der Deal gelegen. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass seit der gescheiterten Übernahme des Schweizer Kabelkonzerns UPC durch Sunrise der Haussegen schief hängt.

Ursprünglich wollte Sunrise, der zweitgrößte Mobilfunkbetreiber der Schweiz hinter Swisscom, UPC für 6,3 Milliarden Schweizer Franken übernehmen. Die Übernahme hätte die größte in der Firmengeschichte werden können. Freenet unterstützte sie allerdings von Anfang an nicht. Einerseits empfanden die Norddeutschen den Kaufpreis als überhöht, andererseits hätte Sunrise eine Kapitalerhöhung durchführen müssen, welche die Freenet-Beteiligung an dem Schweizer Unternehmen verwässert hätte. Eine Beteiligung an der Kapitalerhöhung wäre wegen des erheblichen Schuldenstands von Freenet schwierig gewesen.

Nägel mit Köpfen

Nun macht Liberty, der Eigentümer von UPC, Nägel mit Köpfen und bietet 110 Franken pro Sunrise-Aktie. Der Deal ist für alle Beteiligten sinnvoll. Liberty kann den Schweizer Markt weiter konsolidieren und seine Position dort stärken. Die Führungsriege von Sunrise kann ihr Gesicht wahren, und bei Freenet sorgt der Geldsegen für bilanzielle Entspannung. Abgesehen davon kann sich Freenet-Chef Christoph Vilanek nun damit brüsten, einen guten Riecher beim Sunrise-Einstieg im Jahr 2016 gehabt zu haben. Damals wurden 70 Franken pro Aktie gezahlt. Die Liberty-Kaufofferte von 110 Franken bedeutet für den Büdelsdorfer Mobifunkkonzern einen Gewinn von satten 57 Prozent.

Die Bilanz wird stabiler

Genehmigen die Kartellbehörden den Verkauf, winkt Freenet ein Erlös von rund 1,1 Milliarden Euro. Gut 800 Millionen Euro davon sollen für die Schuldentilgung verwendet werden, was die Kosten für den Zinsdienst senken und die Profitabilität sozusagen über Nacht erhöhen würde. Allein im vergangenen Jahr musste der Konzern 48 Millionen Euro für Kreditzinsen aufbringen, was im Vergleich zum 2019 erwirtschafteten freien Cashflow von 319 Millionen Euro kein Pappenstiel ist.

Zudem kann sich Freenet nach den Querelen in Zusammenhang mit dem Übernahmekrimi zwischen Sunrise und UPC voll aufs Kerngeschäft fokussieren, was bitter nötig scheint. Seit Jahren ist die Zahl der Mobilfunkkunden bei Freenet rückläufig. Bediente man im Jahr 2008 über 19 Millionen Kunden, waren es Ende 2018 nur noch 11,5 Millionen. Immerhin konnte der Umsatz auf stabilem Niveau gehalten werden. In Sachen Cashflow-Generierung beweist das Management Qualitäten. Erzielte Freenet im Jahr 2010 noch 210 Millionen Euro freiem Cashflow, waren es voriges Jahr 319 Millionen Euro, was klar für Firmenchef Vilanek spricht. Das Geschäft mit Handyverträgen ist schwierig, denn der Preis ist das wichtigste Argument. Der heiß umkämpfte Mobilfunkmarkt ist gesättigt. Aktien aus dem Telekommunikationssektor bieten schon lange keine Wachstumsstorys mehr.

Corona kostet die Dividende

Dafür verdienen die Konzerne aber gutes Geld und schütten dieses an ihre Aktionäre aus. Bei der Dividendenperle Freenet wurde der Großteil der Einnahmen bisher stets in satte Ausschüttungen gesteckt. Wegen der Corona-Pandemie strich das Unternehmen in diesem Jahr allerdings die Dividende.

Der Verkauf von Sunrise könnte nun aber den Freenet-Aktionären ein Happy End bescheren. Ein Teil der Erlöse aus dem Sunrise-Deal könnte in eine Sonderdividende gesteckt werden, meint Simon Bentlage, Analyst bei Hauck & Aufhäuser. Die Bewertung wirkt auch nach dem jüngsten Kurssprung immer noch günstig.