Vorsichtige Entspannung nach tagelangem, nervenzehrendem Gaskrimi: Die Wiederaufnahme der Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 hat am Donnerstag die Gemüter der Börsianer etwas beruhigt. Nach zehntägiger Wartungspause strömte am Donnerstag wieder russisches Gas nach Deutschland. Laut Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller könnte die Auslastung 40 Prozent und damit das Niveau vor der Wartung erreichen.

Die politische Unsicherheit und die 60-prozentige Kürzung von Mitte Juni bleibe aber bestehen. Die Aktie des Gasimporteurs Uniper hatte zunächst mit Kursgewinnen reagiert.

VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel rechnete ebenfalls damit, dass sich die Liefermengen wie von Gazprom angekündigt auf dem Niveau von etwa 40 Prozent der sonst üblichen Mengen einpendeln werden. "Unter Berücksichtigung von leicht erzielten Einsparungen, Effizienzgewinnen und alternativen Bezugsquellen könnten die aktuell gelieferten Volumen für einen Aufbau der Gaslager ausreichen", sagte Gitzel.

Dennoch sei das Thema Gassicherheit weiter offen, warnte der Ökonom. "Russland könnte erneut technische Probleme für eine etwaige neuerliche Gasunterbrechung oder Reduktionen der Volumen anführen."

Ähnlich äußerte sich Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners: "Die Wiederaufnahme der Gaslieferung lässt die Börsianer aufatmen. Damit ist die Energiekrise natürlich bei Weitem nicht gelöst. Aber zumindest kurzfristig ist das Albtraumszenario abgewendet."

Bund soll 30 Prozent halten

Deutlich profitieren konnte die Uniper-Aktie unterdessen auch von der Aussicht auf baldige Staatshilfen. Das Papier legte am Mittwoch um bis zu 13 Prozent zu, nachdem bekannt geworden war, dass die Bundesregierung den Gasimporteur mit einer Bundesbeteiligung in Milliardenhöhe retten und zugleich ermöglichen will, dass höhere Einkaufspreise für Gas direkt an die Kunden weitergereicht werden können. Davon unterrichtete das Wirtschaftsministerium den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie. "Zur Deckung der aufgelaufenen Verluste ist eine Kombination aus Kapitalerhöhung mit Zielbeteiligung des Bundes von 30 Prozent an Uniper und weiterem hybridem Eigenkapital geplant", heißt es in einer Vorlage, aus der die Nachrichtenagentur Reuters zitierte. Zudem werde von einer Preisweitergabe gemäß dem Energiesicherungsgesetz ausgegangen. Eine abschließende Entscheidung stehe aber aus. Sie soll bis spätestens 25. Juli fallen.

Offen ist insbesondere, wie sich der finnische Uniper-Mehrheitseigentümer Fortum in die Lösung einbinden lässt. Das staatliche Unternehmen Fortum will kein Geld zuschießen. Die Verhandlungen mit den Finnen gelten als komplex. Deutschlands größter Gasimporteur ist durch ausbleibende Lieferungen aus Russland unter Druck geraten. Das Unternehmen muss die gesunkenen Mengen durch teure Zukäufe am Markt ersetzen und macht dadurch hohe Verluste. Diese "täglich auflaufenden Verluste aus Ersatzbeschaffung" sollen laut der Ausschussunterrichtung nun durch eine Preisweitergabe an die Kunden gestoppt werden. Insidern zufolge könnte das Rettungspaket nun die Möglichkeit für Uniper umfassen, einige Kosten weiterzureichen.

Falls das Paket nicht rechtzeitig bis 25. Juli geschnürt ist, drohen dem Düsseldorfer Konzern noch größere Liquiditätsengpässe, hieß es aus informierten Kreisen. Laut Ausschussunterrichtung soll die öffentliche Förderbank KfW ihren Kreditrahmen für Uniper von zwei auf acht Milliarden Euro heraufsetzen, da das Unternehmen den bisherigen Kreditrahmen bereits ausgeschöpft hat.

Die Vereinbarung mit der deutschen Bundesregierung könne in den nächsten Tagen abgeschlossen werden, berichtete unterdessen die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Verweis auf informierte Personen. Im Anschluss könnte die Bundesregierung eine Sperrminorität von bis zu 30 Prozent an Uniper halten