Wachstumstitel haben Value-Aktien in den vergangenen Jahren bei der Performance um Längen abgehängt. Unter Börsianern sorgte dieser Sachverhalt immer wieder für viele Diskussionen. Im Vergleich dazu fand ein anderer, ähnlich gelagerter Aspekt viel seltener Erwähnung. Und das, obwohl hier der Wettkampf zwischen zwei Anlagegruppen unterm Strich sogar schon sehr viel länger einseitig ausfällt: das langfristige Preisverhältnis von realen Vermögenswerten (Immobilien, Rohstoffe und Sammlerstücke) zu Finanzanlagen (Aktien und Anleihen). Nach Berechnungen der Bank of America sind reale Assets gegenüber Finanz-Assets auf den niedrigsten Stand seit 1925 zurückgefallen.

Wie die Liniengrafik rechts zeigt, fällt die Bilanz aus der Sicht der realen Vermögenswerte streng genommen sogar vernichtend aus. Erschwerend kommt hinzu, dass der bestehende Abwärts- trend einen völlig intakten Eindruck macht, während der Value-Ansatz in diesem Jahr zumindest erste Comeback-Versuche zeigte.

Inflation positiv für reale Assets

Zum besseren Verständnis der Grafik: Der Abwärtstrend bedeutet nicht, dass alle realen Assets im Wert gefallen sind. Er demonstriert vielmehr, dass Sachwertanlagen schlechter abgeschnitten haben als Finanzanlagen. Deutlich macht das beispielsweise das Ergebnis bei US-Immobilien. Deren Preise sind zwar seit 2009 stark gestiegen, US-Standardaktien haben allerdings noch sehr viel stärker zugelegt. Das Resultat sind Rekordstände im relativen Vergleich zugunsten der US-Standardwerte. Ein weiteres Beispiel sind die Kurse für US-Staatsanleihen, die sich im Verhältnis zum Diamantenpreis auf einem Allzeithoch befinden.

Doch für die Fans von realen Assets gibt es erstmals wieder Hoffnung auf ein künftig besseres Abschneiden im relativen Performance-Vergleich. Damit es tatsächlich dazu kommt, sind allerdings ganz spezifische Rahmenbedingungen erforderlich.

Wie diese typischerweise aussehen, hat die Bank of America anhand der Historie ermittelt. Demnach fielen frühere Bullenmärkte bei realen Vermögenswerten mit Kriegen und großen fiskalischen Stimulierungsprogrammen zusammen. Als konkrete Beispiele nennen die Analysten des US-Instituts die 1940er-Jahre (Zweiter Weltkrieg), den Anstieg der Inflation in den 1960er- und 1970er-Jahren (sozialistisches US-Reformprogramm unter dem Namen Great Society plus Ende des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse) sowie die Terroranschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 und den Beitritt Chinas zur WTO in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts.

Als Fazit kommen die Studienautoren zu dem Schluss: "Das Hauptargument für reale Vermögenswerte ist, dass ihr Wert relativ zu finanziellen Vermögenswerten stark mit der Inflation korreliert ist (73 Prozent seit 1950). Der relative Wert von Sachwerten korreliert auch stark (84 Prozent seit 1950) mit der Fed Funds Rate - dem Zinssatz, zu dem sich die US-Finanzinstitute Geld untereinander leihen. Sachwerte sind demnach eine sehr gute Absicherung gegen steigende Inflation und Zinsen in den kommenden Jahren."

Aktuell glauben die Bank-of-America-Strategen, dass der von der Politik ausgerufene Krieg gegen die Einkommensungleichheit eine Trendwende bewirken kann. Denn dieser geht mit einer Fiskal- und Handelspolitik einher, die darauf abzielt, die Löhne weltweit zu erhöhen. So summieren sich die globalen monetären und fiskalischen Stimuli auf 28 Billionen Dollar. Die angestrebten Umverteilungen im Verbund mit stärkeren Regulierungen und weniger Globalisierung wirkten inflationär. Wobei die politisch Verantwortlichen derzeit in Sachen Teuerung toleranter agieren als früher. Schließlich helfe Inflation dabei, die realen Kosten der immens gestiegenen staatlichen Schuldenberge zu senken.

Nicht vergessen darf man auch, dass sich die offiziell ausgewiesene Inflation im historischen Vergleich auf einem niedrigen Niveau bewegt. Schon eine Normalisierung und Angleichung an Werte von vor den jüngsten Krisen birgt somit Teuerungspotenzial. Die Inflation war seit einem Hoch von 15 Prozent im Jahr 1980 bis dato in einem säkularen Abwärtstrend. Dabei ging es in den 1970er- und 1980er-Jahren im Durchschnitt auf etwa zehn Prozent nach unten, in den 1990er-Jahren fiel sie in den OECD-Ländern auf fünf Prozent. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends sank sie auf drei Prozent und im abgelaufenen Jahrzehnt auf etwa zwei Prozent. Zur Mitte dieses Jahres sei ein Anstieg auf drei bis vier Prozent zu erwarten, so die Prognose des US-Instituts.

Sachwerte sind (noch) unbeliebt

All das zusammen erhöht aus Sicht der Bank of America die Chancen auf einen Bullenmarkt bei Realwerten. Denn schaut man auf die Historie, erwiesen sich Sachwerte bislang als Absicherung gegen Inflation und Stagflation. Außerdem profitieren sie traditionell von Themen wie "mehr Staat" und einer "kleineren Welt". Zudem sind Rohstoffe, Immobilien und Infrastruktur direkte und/oder indirekte Nutznießer von fiskalischen Exzessen, Protektionismus sowie dem Ende der Globalisierungswelle.

Abgesehen davon nennen die Studienautoren noch einige andere Gründe, die es aus Anlegersicht sinnvoll erscheinen lassen, reale Assets im Depot zu haben. Das erste dieser Argumente ist, wie eingangs erwähnt, die Tatsache, dass sich das langfristige Preisverhältnis von Sach- zu Finanzwerten auf dem niedrigsten Stand seit 1925 bewegt. Das führt im Umkehrschluss zu der These, dass reale Vermögenswerte zumindest vergleichsweise günstig sind. Dafür spricht auch, dass reale Assets oft höhere Renditen als Finanz-Assets aufweisen.

So gibt die Bank of America die Durchschnittsrendite bei börsennotierten Immobilienfonds und Infrastrukturprojekten mit 3,5 beziehungsweise 3,4 Prozent an, was klar über den Renditen erstklassiger Staatsanleihen liegt. Einen weiteren Pluspunkt stellt der teilweise vernachlässigte Diversifikationsaspekt dar. Beherzigen Anleger diesen, zahlt sich das in schwierigen Zeiten meist aus. Jedenfalls boten Sachwerte früher bessere risikobereinigte Renditen während Bärenmärkten an der Wall Street. Sollte sich die Anlegerstimmung mit Blick auf reale Assets bessern, birgt das allein schon deshalb einiges an Aufwärtspotenzial, weil Sachwerte in den Portfolios momentan unterrepräsentiert sind. Nach Angaben der Bank of America stecken etwa von der gesamten Marktkapitalisierung aller ETFs nur 5,5 Prozent in Sachwerten. In den Privatportfolios der vermögenden Kunden des US-Instituts beträgt deren Anteil sogar nur 1,5 Prozent.

Das ist relativ wenig, weil reale Assets auch Zugang zu strukturell wichtigen Themen der 2020er-Jahre wie etwa Infrastrukturausgaben, eine erhöhte Datennutzung, E-Commerce, Logistik und erneuerbare Energiequellen bieten. Laut Bank of America gab es zuletzt bereits erste Anzeichen für ein Umdenken bei Anlegern. Investoren hätten begonnen, die potenziellen Vorteile des Eigentums an Sachwerten zu erkennen und ihre Portfolios entsprechend umzuschichten.

Zu guter Letzt heben die Analysten als weiteren Vorteil auch noch die Knappheit von Sachwerten hervor. Dieser Aspekt sollte sich gerade in einer Zeit wertsteigernd erweisen, in der die Geldmenge förmlich explodiert.

Neun Aktien-Profiteure

Sicherlich ist es sinnvoll, unabhängig vom jeweils vorherrschenden Umfeld, seinem Portfolio auch reale Assets beizumischen. Ob es zu einer breit angelegten Renaissance von Sachwerten kommt, muss sich allerdings erst noch zeigen. Schließlich existierten einige der aufgezeigten Rahmendaten für eine Outperformance von realen Assets auch schon in früheren Jahren. Nachhaltig bewirkt hat das allerdings nichts. Was fehlte, war eine nachhaltig anziehende Inflation. Damit der Funke dieses Mal überspringt, dürften spürbar anziehende Konsumentenpreise die wichtigste Vorbedingung sein.

Weil es neben inflationären nach wie vor auch deflationäre Tendenzen gibt, bleibt abzuwarten, wie es an der Preisfront weitergeht. Eine umfassende Wette auf ein Comeback von Sachwerten ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas gewagt. Wir ziehen es daher vor, nur gezielte Wetten einzugehen. Unsere Investment-Ideen erklären wir auf den Folgeseiten.