Am Freitag voriger Woche waren die Chancen darauf nur auf 60 Prozent taxiert worden. Für eine Anhebung bereits im September 2022 stehen die Chancen nach Einschätzung der Akteure am Geldmarkt der Euro-Zone inzwischen bei mehr als 80 Prozent, nachdem die Wahrscheinlichkeit dafür zuletzt mit 50:50 eingeschätzt wurde. Mit der vorgezogenen Erwartung einer Straffung folgen sie einem Trend, der sich bereits mit Blick auf die künftige Geldpolitik in Großbritannien und den USA abzeichnet.

Am US-Geldmarkt wird mittlerweile fest damit gerechnet, dass eine Zinserhöhung der Notenbank Fed im Dezember 2022 ansteht. Doch manche Analysten wenden ein, dass die Märkte in Europa womöglich mit Blick auf die Zinsen die geldpolitischen Straffungsabsichten der Europäischen Zentralbank (EZB) überschätzten. Denn diese hat im Sommer eine überarbeitete Strategie vorgelegt, die es ihr erlaubt, für eine Übergangszeit auch Inflationsraten zu tolerieren, die moderat über der angestrebten Marke von 2,0 Prozent liegen.

Die Teuerungsrate im Euro-Raum war im September mit 3,4 Prozent so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr und entfernte sich damit weiter von der EZB-Zielmarke. Ein Großteil des derzeitigen Auftriebs ist nach Ansicht der Währungshüter jedoch nur vorübergehend und durch die Folgen der Corona-Krise bedingt - so auch Lieferkettenprobleme und Materialengpässe. Laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel gibt es jedoch mehrere Unsicherheitsfaktoren, die einen länger andauernden Inflationsdruck mit sich bringen könnten.

Den Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent - der Einlagesatz bei minus 0,5 Prozent. Die Geldhäuser müssen damit Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken.

rtr