Er bemängelte, dass derzeit gesunde Anwender des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup den Vergleichsvorschlag nicht verstehen könnten, da er "von einem Problem spricht, das zu weit entfernt ist". Der Richter legte dem Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern nahe, den Antrag auf Genehmigung nochmals zurückzuziehen. Ansonsten könnte es eine Weile dauern, bevor er darüber entscheide.

Für Bayer ist das eine erneute Schlappe, weil das Unternehmen das Paket bereits einmal nachbessern musste: Schon an der ursprünglichen Einigung hatte Chhabria, bei dessen Gericht mehrere Verfahren gebündelt sind, im vergangenen Jahr Kritik geübt. Bayer hatte darauf den Antrag auf eine vorläufige Genehmigung zurückgezogen und im Februar ein überarbeitetes Konzept vorgelegt. Anleger, die auf einen Schlussstrich unter Glyphosat-Debakel hoffen, reagierten enttäuscht: Bayer-Aktien verloren knapp ein Prozent und gehörten zu den größten Dax-Verlierern.

"Es ist üblich, dass Gerichte gewisse Änderungswünsche an so genannten Class Settlement Agreements äußern und wir sind zuversichtlich, die vom Gericht aufgeworfenen Punkte gemeinsam mit den Klägeranwälten lösen zu können. Wir sind weiterhin fest entschlossen, die Rechtsstreitigkeiten zu Glyphosat beizulegen", erklärte ein Unternehmenssprecher. Das zwei Milliarden Dollar teure Paket für den Umgang mit möglichen künftigen Klagen ist Teil des umfangreicheren, rund 11,6 Milliarden schweren Glyphosat-Vergleichs, den Bayer im vergangenen Sommer angekündigt hatte.

RICHTER - "WUNDERE MICH SCHON SEIT JAHREN"


Chhabria schlug Bayer bei der Anhörung vor, dass der Konzern einen Warnhinweis bei den Roundup-Produkten anbringen könnte. "Seit Jahren wundere ich mich schon, warum Monsanto das nicht freiwillig tun würde, um sich zu schützen", sagte er mit Blick auf den Glyphosat-Entwickler, mit dessen Übernahme sich Bayer die Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids ins Haus geholt hatte. Chhabria schlug sogar eine Formulierung für einen solchen Warnhinweis vor, mit dem nach seiner Einschätzung weitere Klagen verhindert werden könnten. Daran äußerte Bayer-Anwalt William Hoffman allerdings Zweifel. Für den Konzern war das bislang zudem keine Option: Warnhinweise vor möglichen Krebsgefahren hatte die US-Umweltbehörde EPA selbst verboten, da dies eine falsche Behauptung sei.

Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Allein die Krebsforschungsagentur IARC bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend". Auf diese Einschätzung beriefen sich die Kläger. Der Umgang mit künftigen Glyphosat-Klagen ist ein entscheidender Teil des Vergleichs, da Bayer eine Lösung finden muss, das Risiko künftiger Klagen zu mindern, ohne Roundup dafür vom Markt zu nehmen. Im vergangenen Jahr erzielte der Konzern mehr als die Hälfte seiner Herbizid-Umsätze von rund fünf Milliarden Euro damit.

Die Einigung, der Chhabria grünes Licht geben muss, sieht bisher unter anderem einen Fonds vor, aus dem mögliche künftige Kläger in den kommenden vier Jahren Kompensationszahlungen erhalten sollen. Personen, die Roundup verwendet haben und bei denen Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert wurde, haben demnach Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 200.000 Dollar. Die Vereinbarung würde zudem alle Rechtsstreitigkeiten für vier Jahre unterbrechen und diejenigen, die den Vergleich angenommen haben, daran hindern, Strafschadenersatz zu verlangen, wenn sie die Entschädigung verweigern und sich letztendlich doch entscheiden, zu klagen.

rtr