Kaum ein Sektor ist bei Anlegern zuletzt so aufs Abstellgleis geraten wie Gold. Dabei ist es gerade einmal acht Monate her, dass der Goldpreis am 6. August vergangenen Jahres nach einer bemerkenswerten Rallye bei 2064 US-Dollar je Unze ein neues Rekordhoch markieren konnte. Mitten in der Pandemie wurde Gold seinem Ruf als sicherer Hafen gerecht. Eine ultralockere Geldpolitik von Regierungen und Notenbanken sowie rekordniedrige Zinsen befeuerten damals den Anstieg des Goldpreises.

Während bei Gold die Champagnerkorken knallten, lagen die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen bei mageren 0,5 Prozent. Seither könnte die Entwicklung jedoch nicht gegensätzlicher sein. Während die Zinsen zunächst kontinuierlich auf rund ein Prozent Anfang 2021 und in den vergangenen Wochen nun aber zunehmend rasant auf zuletzt 1,75 Prozent gestiegen sind, befindet sich Gold jetzt schon seit acht Monaten im Abwärtsstrudel.

Die Aussichten auf einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung haben sich zuletzt deutlich verbessert, und in einem starken wirtschaftlichen Umfeld ist ein steigendes Zinsniveau nicht ungewöhnlich. Aktuell fürchten Marktteilnehmer jedoch, der kräftige Anstieg der lang laufenden Zinspapiere sowie der schwächelnde Goldpreis könnten bereits die Vorboten eines baldigen Endes der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken sein.

Dabei zeigt die heutige Situation Parallelen zur Entwicklung Anfang 2013. Als in den Kommentaren des damaligen US-Notenbank-Chefs Ben Bernanke erstmals eine mögliche Straffung der Geldpolitik herauszuhören war, schossen die Renditen der zehnjährigen US-Staats- anleihen binnen eines Monats um 60 Basispunkte nach oben. Der Goldpreis rutschte im Gegenzug um 14 Prozent ab. In der Retrospektive war die spätere offizielle Ankündigung der Federal Reserve, die Bilanz reduzieren zu wollen, Ende 2013 ein Fehler. Die Inflation zeigte sich für eine solche Kehrtwende nicht konstant genug.

Auch heute sind die amerikanischen Währungshüter noch weit von ihren Zielen entfernt und haben nicht zuletzt mit Blick auf die rekordhohen Staatsschulden gute Gründe, die Zinsen nicht zu früh anspringen zu lassen. Im vergangenen Jahr verzeichneten die USA mit 3,1 Billionen US-Dollar beziehungsweise 14,9 Prozent der Wirtschaftsleistung ihr größtes Defizit seit dem Zweiten Weltkrieg, mit dem jüngst verabschiedeten Stimuluspaket dürfte das Defizit 2021 sogar nochmals höher ausfallen.

Noch stärker als der Goldpreis selbst haben in den letzten Monaten die Kurse der Goldaktien nachgegeben, von denen viele Titel mittlerweile wieder nahe an ihrem Vor-Corona-Niveau notieren. Dabei haben sich die Bilanzen angesichts zeitweise neuer Rekordhochs beim Goldpreis in den zurückliegenden zwölf Monaten zum Teil dramatisch verbessert.

Ein gutes Beispiel ist die Aktie von Endeavour Mining, deren Aktienkurs von letztjährigen Topkursen um 39 kanadische Dollar mittlerweile um 40 Prozent nachgegeben hat. Im vierten Quartal hat der Konzern seine Goldproduktion um 41 Prozent erhöht und gleichzeitig die Förderkosten auf 803 US-Dollar je Unze reduziert. Unter dem Strich verdient der Konzern also eine hervorragende Marge. Über 600 Millionen US-Dollar Schulden hat Endeavour im Kalenderjahr 2020 abgebaut, 250 Millionen US-Dollar davon allein in den letzten drei Monaten des Jahres zurückbezahlt.

Zum Jahreswechsel verfügte Endeavour bereits über eine Nettoliquidität von 75 Millionen US-Dollar, und dieses niedrige Kursniveau will das Management nun nutzen, um in den kommenden zwölf Monaten bis zu 12,1 Millionen eigene Aktien zurückzukaufen.

Übernahmen dürften zunehmen

Viele Konzerne dürften ihre stark angewachsenen Liquiditätsbestände vor allem aber für den Ausbau ihrer Goldreserven nutzen. Da Goldunternehmen derzeit im Schnitt mit weniger als 500 US-Dollar je Unze der höchsten Kategorie bewertet werden und es deshalb günstiger scheint, bereits vorhandene Vorkommen hinzuzukaufen statt viel Geld in Exploration zu stecken, rechnen Brancheninsider in den kommenden Monaten mit einer Beschleunigung der Übernahmeaktivität innerhalb des Sektors. Die jüngsten Deals dürften nur der Anfang gewesen sein. Yamana Gold schnappte sich Ende Januar Monarch Gold, Newmont Mining präsentierte den Aktionären von GT Gold ein Übernahmeangebot im Volumen von gut 450 Millionen kanadischen Dollar.

Auch Barrick Gold hält intensiv Ausschau nach sinnvollen Zukäufen. Der zweitgrößte Goldproduzent der Welt hat sich zu einer echten Gelddruckmaschine entwickelt, nachdem den Konzern 2013 noch beträchtliche Nettoschulden hatte. Heute findet man diese nicht mehr in der Bilanz, die Liquidität ist auf 5,2 Milliarden US-Dollar angewachsen, drei Milliarden US-Dollar stehen als Kreditlinie zur Verfügung. Die für das laufende Jahr geplante Produktion von 4,7 Millionen Unzen Gold zu Gesamtkosten von rund 1000 US-Dollar je Unze wird den finanziellen Spielraum weiter vergrößern.

Ähnlich ist die Situation bei Kirkland Lake Gold, die im vergangenen Jahr 1,4 Millionen Unzen Gold zu Gesamtkosten von gerade einmal 800 US-Dollar je Unze produziert haben. Inzwischen sitzt der schuldenfreie Konzern auf einem Cashpolster von 850 Millionen US-Dollar, obwohl er bereits 19 Millionen eigene Aktien zurückgekauft und 115 Millionen US-Dollar in Form von Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet hat.