Auf den ersten Blick mag man das veröffentlichte Zahlenwerk negativ interpretieren, schließlich hat sich die Goldnachfrage im ersten Halbjahr gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode um über 10 Prozent auf 1.833,1 Tonnen reduziert, während bei der angebotenen Goldmenge ein markantes Plus in Höhe von 4,3 Prozent auf 2.307,9 Tonnen registriert worden war. Normalerweise wird ein solches Kräfteverhältnis (Angebot größer als Nachfrage) an den Märkten als negativer Begleitumstand wahrgenommen. Anleger tun aber gut daran, diesen Sachverhalt nicht überzubewerten, schließlich kann man das erste Halbjahr 2020 aufgrund der corona-bedingten Verwerfungen an den Finanz- und Rohstoffmärkten als "extrem außergewöhnlich" bezeichnen. In den Monaten Januar bis Juni 2021 war nun so etwas wie Normalisierung zu beobachten.

Der stärkste Verkaufsdruck kam zweifellos aus dem ETF-Sektor. Die nachlassende Risikoaversion bzw. der gestiegene Risikoappetit hat massive Goldabflüsse bei physisch hinterlegten Wertpapieren generiert. Angesichts der starken Erholung der Weltwirtschaft und aufgrund der markanten Erholung wichtiger Aktienindizes dürfte dies wenig verwunderlich sein. In konkreten Zahlen ausgedrückt gab es im ersten Halbjahr Goldabflüsse in Höhe von 129,3 Tonnen zu vermelden, nachdem im vergleichbaren Vorjahreszeitraum Zuflüsse von mehr als 731 Tonnen verzeichnet worden waren.

In einigen Marktsegmenten gab es aber auch starkes Wachstum zu vermelden. Der besonders wichtige Schmucksektor verzeichnete zum Beispiel in den ersten sechs Monaten einen Anstieg der Nachfrage von 558,0 auf 873,7 Tonnen (+56,6 Prozent), was in erster Linie den chinesischen Konsumenten zu verdanken war. Im Reich der Mitte wurde nämlich ein Nachfragewachstum in Höhe von 122 Prozent auf 338 Tonnen erzielt. Ein stark gestiegenes Interesse war aber auch beim Geschäft mit Barren und Münzen registriert worden. Hier stellte sich im Berichtszeitraum nämlich ein Plus von 409,3 auf 594,5 Tonnen (+45,2 Prozent) ein. Und selbst Notenbanken verspürten wieder einen ausgeprägten Goldhunger. Nachdem sich deren Nettokäufe in H1 2020 auf "lediglich" 204,5 Tonnen belaufen haben, stockten sie ihre Bestände 2021 um 333,2 Tonnen auf. Geld in Gold zu tauschen, ist bei Währungshüter mit großer Geldexpertise offensichtlich weiterhin en vouge.

Goldpreis: 200-Tage-Linie auf Talfahrt


Unter charttechnischen Aspekten hinterlässt der Goldpreis gegenwärtig einen leicht labilen Eindruck. Zum einen, weil er im Juli bereits zweimal an der langfristigen 200-Tage-Linie abgeprallt ist und zum anderen, weil diese Durchschnittslinie mittlerweile eine sinkende Tendenz aufweist. Beides gilt in der Chartlehre als negativer Begleitumstand. Alarmstufe "Rot" müsste man ausrufen, wenn die im Bereich von 1.680 Dollar verlaufende Unterstützungszone markant verletzt wird. Ein charttechnischer Boden verläuft zudem im Bereich von 1.770 Dollar.

Chartinduziertes Kaufinteresse dürfte jedoch aufkommen, falls ein Ausbruch aus der mittelfristigen Keilformation gelingen sollte. Dies wäre bei mehr als 1.860 Dollar der Fall. Angenehmer Begleiteffekt: Damit wäre zugleich die 200-Tage-Linie "geknackt" und somit würde ein zusätzliches charttechnisches Kaufsignal entstehen. Nun darf man gespannt, wann das gelbe Edelmetall einen Ausbruch aus der gegenwärtigen Seitwärtsbewegung versuchen wird. Langeweile dürfte in den kommenden Wochen und Monaten an den Goldmärkten höchstwahrscheinlich nicht aufkommen.

Technische Indikatoren zeigen derzeit ein leicht aufgehelltes Marktsentiment an. Auf der Website Tradingview wechselte das Pendel gegenüber der Vorwoche von " Verkaufen " auf "Neutral". Von den insgesamt 26 Parametern stehen derzeit sieben auf "Verkaufen" (Vorwoche: 14), neun auf "Halten" (Vorwoche: 9) und zehn auf "Kaufen" (Vorwoche: 3).