Im Anschluss daran traf sie sich erstmals ohne ihren griechischen Kollegen, um zu beraten, wie sich die Euro-Zone vor Ansteckungsgefahren einer unmittelbar erwarteten griechischen Zahlungsunfähigkeit schützen kann. Die Regierung in Athen hatte Freitagabend überraschend ein Referendum angekündigt, bei dem die Griechen am 5. Juli über das Reformpaket abstimmen sollen. Darin geht es um Reformauflagen, aber auch um Finanzhilfen von 15,3 Milliarden Euro bis November.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und seine Kollegen warfen sich in Brüssel nach dem Scheitern gegenseitig vor, die Glaubwürdigkeit der Euro-Zone zu zerstören. Varoufakis warnte zugleich vor einer Debatte über Athens Zugehörigkeit zum Euro. "Es gibt keine Vorkehrungen über den Exit aus der Währungsunion."

Der Streit war eskaliert, nachdem Ministerpräsident Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza Freitagabend ein Referendum angekündigt und zugleich betont hatte, seine Regierung lehne die Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern ab. Varoufakis hatte dann am Samstag um eine Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms um "einige Tage oder Wochen" gebeten, um die Entscheidung des Volkes abzuwarten. Er räumte ein, dass Athen diesen Weg auch dazu nutzen wollte, in den nächsten Tagen bessere Konditionen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission auszuhandeln.

"PLAN B MUSS NUN ZUM PLAN A WERDEN"



Das lehnten die anderen Euro-Finanzminister jedoch ab. In scharfen Worten kritisierten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Kollegen etwa aus Finnland oder Österreich, dass Athen mit seiner überraschenden Referendums-Ankündigung die Tür einen Abschluss der Verhandlungen bis Dienstag selbst zugeschlagen habe. Der finnische Finanzminister Alexander Stubb hatte schon vor der Sitzung gesagt, dass "Plan B" nun zum "Plan A" werden müsse, also Beratungen über einen griechischen Staatsbankrott.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijesselbloem begründete das Ende des griechischen Hilfsprogramms mit einem völligen Vertrauensverlust in die Regierung in Athen. Weitere Milliarden könne es nur auf der Basis eines glaubwürdigen Reform-Programms geben, dass auch von einer Regierung getragen werden müsse. "Beides war nicht vorhanden", sagte er.

Dijsselbloem sagte, dass sich nun wahrscheinlich in dem kommenden Tagen die Lage in dem EU-Land Griechenland schnell verschlechtern werde. Die griechische Regierung hatte zwar am Samstag betont, dass sie weiter Kapitalverkehrskontrollen ablehne und die Banken am Montag öffnen sollten. Aber in Brüssel wurde daran gezweifelt. Die EZB plante eine Sondersitzung noch am Wochenende, um sich auf die neue Situation vorzubereiten.

Ob die griechische Regierung ihren Zahlungsverpflichtungen in der neuen Woche nachkommen kann, ist damit ungewiss. Am Dienstag läuft nicht nur das Hilfsprogramm und damit der Zugriff auf Hilfen von insgesamt 18 Milliarden Euro aus. Es wird auch eine Überweisung an den IWF von 1,6 Milliarden Euro fällig. Eine entscheidende Rolle kommt nun der EZB zu. Sie genehmigt Tag für Tag Notkredite für Athens Geldhäuser. Der CDU-Abgeordnete Eckhardt Rehberg forderte bereits gegenüber Reuters ein Stopp der sogenannte ELA-Hilfen ab Dienstag. Die griechischen Banken würden dann zahlungsunfähig.

SPARMASSNAHMEN IN GRIECHENLAND VERHASST



Die Geldgeber wollen im Gegenzug für Hilfen Reformen durchsetzen, um die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. So soll sich auch die Haushaltslage verbessern. Unter anderem werden Änderungen bei den Renten und am Arbeitsmarkt sowie Steuererhöhungen verlangt. Diese Maßnahmen sind in Griechenland aber verhasst. Tsipras wurde mit dem Versprechen gewählt, den Sparkurs zu beenden. Während er die Forderungen als Erpressung bezeichnete, sprachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Francois Hollande beim EU-Gipfel am Freitag von einem großzügigen Angebot.

Die Entwicklung hat auch Konsequenzen für den Bundestag: Mit der Ankündigung der Volksabstimmung entfällt nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Gunther Krichbaum die Grundlage für eine Zustimmung des Bundestages zu weiteren Griechenland-Hilfen. "Tsipras hat mit der Ankündigung selbst den Stecker gezogen", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses.