Einem Vertreter der Euro-Zone zufolge stehen bei einem Scheitern der Verhandlungen Gespräche über Vorbereitungen auf eine Staatspleite Griechenlands im Raum: "Die Stimmung ist so, dass Griechenland bis Samstag entweder (die Forderungen der Gläubiger) akzeptiert oder es Beratungen über einen 'Plan B' gibt."
Beim EU-Gipfel forderten mehrere Regierungschefs der Eurozone den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras nach Angaben von Diplomaten auf, den Kompromissvorschlägen der Gläubiger nachzugeben. Gelingt am Wochenende keine Lösung, dürfte die Zeit für mehrere Parlamente in der Euro-Zone zu knapp werden, um vor Dienstagabend noch über eine Einigung abzustimmen und damit die Freigabe von Hilfsgeldern zu ermöglichen. Auf diesen Umstand wies auch Bundeskanzlerin Angela Merkel Teilnehmern zufolge bei einem Treffen der Chefs der konservativen Parteien in der EU hin. Der Bundestag muss einer Einigung ebenso zustimmen wie zuvor das Parlament in Athen. Am Dienstag endet das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland, zudem wird an diesem Tag eine Zahlung an den Internationalen Währungsfonds von 1,6 Milliarden Euro fällig.
Die Regierung in Athen und die Gläubiger-Institutionen IWF, EZB und EU-Kommission ringen schon seit Februar fieberhaft um die Auflagen für weitere Milliardenhilfen, finden bisher aber keinen gemeinsamen Nenner. Erst auf Basis eines Reformplans können die Euro-Finanzminister einen Beschluss fällen.
Eigentlich war eine Lösung bis zum Beginn des EU-Gipfels am Donnerstagnachmittag angestrebt worden. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem setzte nun für Samstag ein neues Ministertreffen an. Die Tür für Griechenland, die Vorschläge der Geldgeber zu akzeptieren, bleibe offen. Merkel mahnte Teilnehmern zufolge bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei eine Lösung bis zur Öffnung der Finanzmärkte am Montagmorgen an.
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RINGEN UM STEUERN UND RENTEN
Den Finanzministern lagen zwei Dokumente zur Entscheidung vor, eines der griechischen Regierung und eines der Gläubiger-Institutionen. Aus dem Reuters vorliegenden Papier der drei Institutionen geht hervor, dass sie Griechenland bei den Themen Steuern und Renten entgegenkommen wollten. So sollten die umstrittenen Erhöhungen der Mehrwertsteuersätze Ende 2016 überprüft werden, wenn sich bis dahin neue Einnahmequellen für den Haushalt ergeben. Zudem sollte das Auslaufen der Aufschläge für die Bezieher kleiner Renten zwei Jahre länger bis Ende 2019 gestreckt werden.
Die griechische Regierung besteht weiter auf einen Schuldenerlass, den die Geldgeber aber ablehnen. Sie müssten dann einen Großteil ihrer Kredite abschreiben. Deutschland bürgt für Darlehen von über 50 Milliarden Euro. Seit 2010 hat Griechenland von seinen Partnern rund 240 Milliarden Euro erhalten.
Reuters