Die Feiern zum 70. Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. sind vorüber, das Vereinigte Königreich ist in den Alltag zurückgekehrt. Trotz der Aufforderung der Monarchin, optimistisch in die Zukunft zu blicken, will das nicht allen Bürgern und Unternehmen gelingen. Auch Premier Boris Johnson, der gerade ein Misstrauensvotum seiner Konservativen Partei überstanden hat, kann mit den Perspektiven für sein Land nicht zufrieden sein.

Großbritannien weist mit neun Prozent die höchste Inflationsrate innerhalb der G-7-Staaten auf. Der Preisanstieg bei Lebensmitteln, Benzin und beim Heizen lässt so schnell nicht nach. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert einen zwischenzeitlichen Anstieg im Lauf dieses Jahres auf über 13 Prozent. Auch für das kommenden Jahr werden Teuerungsraten weit über dem Schnitt anderer Länder erwartet.

Noch dazu wird Großbritannien das schwächste Wachstum innerhalb der Gruppe der sieben wichtigsten Industrienationen erzielen. Im ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt um gerade mal 0,8 Prozent. Für das Gesamtjahr wird ein Minus von 0,25 Prozent erwartet, für 2023 ist ein Plus von gerade mal 1,2 Prozent möglich. Die Stagflationsgefahr sei real, warnen die Währungshüter aus Washington.

Die anhaltend hohe Inflationsrate ist nicht nur auf den Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise zurückzuführen. Der enge Arbeitsmarkt - aktuell gibt es mehr offene Stellen als Arbeitslose - hat eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt. Hinzu kommt eine im Vergleich zu anderen Staaten stärker auf Effizienz, auf just in time fokussierte Unternehmenspolitik. Großbritannien leide daher unter unterbrochenen Lieferketten deutlich stärker als andere Länder, analysiert der IWF.

Import übersteigt Export

Auch die Folgen des Brexits belasten die Wirtschaft zunehmend. Im ersten Quartal importierte das Land weit mehr, als es exportierte. Die Ausfuhr in EU-Staaten hat sich in Folge höherer Zölle deutlich verteuert. Das schwache britische Pfund verschärft die Inflationsproblematik. Die Unternehmen und Bürger müssen mehr für Einfuhren bezahlen.

Die britische Notenbank steht nun vor einem nur schwer aufzulösendem Dilemma: Zinserhöhungen können die Inflationsdynamik bremsen und auch das Pfund wieder stärken. Doch je restriktiver die Geldpolitik ausfällt, desto mehr riskiert Notenbank-Gouverneur Andrew Bailey, die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Bislang hat die Bank of England die Zinsen schon viermal in Folge um jeweils 25 Basispunkte auf aktuell ein Prozent erhöht. Bis zum Frühling im kommenden Jahr preist der Markt fünf weitere Anhebungen ein.

Weiterhin Aufwärtspotenzial

Trotz der ungünstigen Rahmenbedingungen zeigt sich die Börse in London erstaunlich resilient. Während der US-Leitindex S & P 500 und der DAX deutlich verloren haben, weist der FTSE 100 immerhin ein Plus von einem Prozent auf. Analysten von UBS sehen weiter Aufwärtspotenzial: Bis Jahresende trauen sie dem britischen Leitindex einen Anstieg von sechs Prozent zu. Die Widerstandskraft hat einen Grund: Im Index sind Energieunternehmen reichlich vertreten. Hinzu kommen Banken, die von Zinserhöhungen profitieren. Auch Unternehmen aus der Gesundheitsbranche oder dem nichtzyklischen Konsumbereich, die von Investoren als defensiv eingeschätzt werden, sind an der Börse in London positioniert.

Investoren, die an der Wertentwicklung britischer Aktien partizipieren wollen, können dies mit dem iShares MSCI UK ETF. Der Exchange Traded Fund umfasst insgesamt 81 Titel, die im Schnitt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende Jahr von gerade mal 13,6 aufweisen.

Nichtzyklische Konsumgüter wie Unilever oder British American Tobacco sind mit 19 Prozent gewichtet. Die Aktie des Tabakunternehmens legte seit Anfang des Jahres 25 Prozent zu. Auf Finanzwerte wie HSBC entfallen rund 16 Prozent, die Aktie legte seit Januar dieses Jahres neun Prozent zu. Gut gelaufen sind auch Gesundheitswerte. Die Aktie von Astrazeneca weist ein Plus von 17 Prozent auf.

Zu den Gewinnern zählen vor allem BP und Shell. Im Zuge der Preisanstiege für Öl und Gas aufgrund des Krieges Russlands gegen die Ukraine kletterten die Aktien der Energieriesen seit Jahresanfang um 20 beziehungsweise 26 Prozent. Die beiden Unternehmen dürften auch weiterhin einen positiven Beitrag zur Wertentwicklung des iShares MSCI UK ETF leisten - trotz der vom britischen Finanzminister Rishi Sunak vor Kurzem erhobenen Sondersteuer auf die hohen Gewinne. Analysten halten die Auswirkungen der "windfall-tax" jedoch für überschaubar und stufen die Titel weiter mit "outperform" ein.

Guter Branchenmix: Im iShares MSCI UK ETF notieren 81 Werte. Banken, nichtzyklische Konsumgüter, Gesundheitstitel sowie Öl- und Gasunternehmen sind hoch gewichtet. In drei Jahren legte der Exchange Traded Fund um 23 Prozent zu.