Davon ausgenommen sind unter anderem Lebensmittelläden. Von Dienstag an sind auch Schulen und Kindergärten geschlossen, an den Grenzen zu fünf EU-Nachbarn wird verstärkt kontrolliert. Die EU will nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zudem Einreisen für Nicht-EU-Bürger für zunächst 30 Tage bis auf Ausnahmefälle aussetzen. Gleichzeitig versuchen nach Angaben des Auswärtigen Amtes Tausende im Urlaub gestrandete Deutsche und andere Europäer, wieder nach Hause zu gelangen. Dies wird wegen der Streichung von Flügen zunehmend schwieriger. Baden-Württemberg verkündete, dass der Personen-Flugverkehr in einigen Tagen eingestellt werden solle.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gibt es in Deutschland mittlerweile 4838 laborbestätigte Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Das seien 1043 mehr als noch am Sonntag, sagte RKI-Vize-Präsident Lars Schaade in Berlin. Bislang seien zwölf Menschen in Deutschland an dem Virus gestorben. Die Zahl der neu Infizierten steige nach wie vor "relativ rasch".

Bund und Länder verschärften daraufhin am Montag erneut ihren Kurs zur Eindämmung des Coronavirus: Die Mehrzahl der Geschäfte in Deutschland muss schließen, gaben sie in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Sportstätten sind ebenfalls betroffen. In Regierungskreisen wird aber betont, dass dies kein "Shutdown" sei. Ausdrücklich ausgenommen werden neben Lebensmittelgeschäften auch Wochenmärkte, Lieferdienste, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.

BAYERN RUFT KATASTROPHENFALL AUS


Für diese Bereiche soll das Verkaufsverbot an Sonntagen bis auf weiteres ausgesetzt werden. Allerdings soll es deutliche Auflagen geben, damit es etwa nicht zu Warteschlangen kommt, in denen man sich ansteckt. "Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nachgehen", heißt es in der Erklärung weiter. Restaurants und Mensen dürfen frühestens um 06.00 Uhr öffnen und müssen spätestens um 18.00 Uhr schließen. Hotelübernachtungen sollen nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Zudem soll es strenge Besucherregeln etwa für Krankenhäuser und Pflegeheime geben, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen.

Die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium teilten mit, dass der Bahnverkehr zunächst weiter regulär verlaufe. Über Einschränkungen im Flugverkehr werde derzeit in der Bundesregierung und mit den Bundesländern beraten, sagten Sprecher von Verkehrs- und Innenministerium.

Am Montag tagte erstmals der neue Corona-Koalitionsausschuss unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel. Er soll nun mindestens zweimal die Woche zusammenkommen und die Arbeit des gemeinsamen Krisenstabs von Innen- und Gesundheitsministerium ergänzen. Innenminister Horst Seehofer hatte bereits am Sonntagabend gesagt, dass es jetzt auch darum gehe, die Sicherheit und die Versorgung in Deutschland zu gewährleisten. Merkel wollte zudem noch am Montag mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Industriestaaten telefonieren.

Bayern hatte zuvor den Katastrophenfall ausgerufen, was auch die Aussetzung der Schuldenbremse in der Landesverfassung bedeutet. Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte nicht sagen, ob auch die Bundesregierung bereits Grund für die Aussetzung der Schuldenbremse auf Bundesebene sehe.

"DIE WELT WIRD EINE ANDERE SEIN"


An den Grenzen zu Frankreich, der Schweiz, Österreich, Luxemburg und Dänemark wird seit Montagmorgen verstärkt kontrolliert. Zwar sollen der grenzübergreifende Pendelverkehr und der Warenaustausch nicht betroffen sein, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Er kündigte aber an, dass es etwa auch für EU-Bürger Beschränkungen bei der Einreise geben könne, wenn sie keine wichtigen Gründe für die Einreise angeben könnten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte einseitige Grenzkontrollen in der EU, wie sie Polen und Tschechien schon zuvor ergriffen hatten. Die Bundesregierung betonte dagegen, dass alle Schritte mit der französischen Seite auf Ebene des Präsidenten und der Innenminister zuvor besprochen worden seien.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte, dass Europa zusammenhalten müsse. "Wir haben es in der Hand, ob die Solidarität nach innen und außen die Oberhand gewinnt - oder der Egoismus des Jeder-für-sich. Die Welt wird nach der Coronavirus-Krise eine andere sein", sagte er im Interview mit t-online.de. Temporäre Schließungen einzelner Grenzen könnten sinnvoll und notwendig sein. "Aber grundsätzlich gilt: Viren haben keine Staatsangehörigkeit", sagte Steinmeier.

rtr