Grundsteuerreform: Bundesfinanzminister Olaf Scholz bevorzugt das Ertragswertmodell. Die Gegner befürchten Bürokratie und höhere Lasten. Von Bernhard Bomke



Der Basar der ernst zu nehmenden Vorschläge zur Reform der Grundsteuer ist eröffnet. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber am 10. April dazu verdonnert hatte, bis Ende 2019 eine Reform der Grundsteuer für die mehr als 35 Millionen Immobilien in Deutschland vorzunehmen, die mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz vereinbar ist, präsentierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) diese Woche gleich zwei Reformvorschläge.

Zum einen nannte er das sogenannte Flächenmodell. Dabei würde die Grundsteuer auf der Basis der Flächen von Grundstück und Gebäuden berechnet. Eine Bewertungskomponente, welche die Verfassungsrichter in ihrem Urteil zumindest nahelegten, bliebe außen vor. Zum anderen brachte Scholz das Ertragswertmodell mit. Dabei würden die Komponenten Baujahr, Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Wohnfläche und Kaltmiete herangezogen. Für selbstgenutzte Gebäude würde eine fiktive Miete angesetzt.

Scholz bevorzugt das Ertragswertmodell. Er hält es für gerechter. Ob sich Bund und Länder in den für eine Neuregelung verbleibenden 13 Monaten auf eines der beiden Modelle verständigen werden, erscheint völlig ungewiss. Während eine Reihe von Bundesländern traditionell zum Ertragswertmodell neigt, sprechen sich Bayern und Niedersachsen dagegen aus.

Einfach oder gerecht



Bayerns Finanzminister Albert Füracker warnt vor einem Bürokratiemonster. Die Kritiker befürchten unter anderem, die Bewertung der Immobilien sei bis Ende 2024 nicht zu bewerkstelligen. Das wäre jedoch erforderlich, denn Anfang 2025 läuft die Übergangsfrist aus, welche die Verfassungsrichter gesetzt haben. Spätestens dann muss die Grundsteuer auf eine Weise erhoben werden, die verfassungsgemäß ist. Bislang erfolgt die Besteuerung auf der Grundlage von Einheitswerten aus den Jahren 1964 (Westdeutschland) und 1935 (Ostdeutschland).

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, wiederum hält nichts davon, primär eine einfache Reform anzustreben. Er fordert ein gerechtes Modell, das von der Bevölkerung akzeptiert werde. "Es macht einen Unterschied, ob ich in einer Gründerzeitvilla sitze oder einem Plattenbau", sagte er dem Deutschlandfunk.

Auch wenn Scholz betont, die Reform solle nicht zu Mehreinnahmen der Kommunen führen, stellt sich die Frage, wer in Zukunft höhere Grundsteuerlasten zu tragen haben könnte als bislang. Der Deutsche Mieterbund befürchtet, beim Ertragswertmodell würden ausgerechnet die Mieter stärker belastet, die in teuren Städten leben und schon hohe Mietkosten zu tragen haben. Die Grundsteuer für Immobilien bescherte den Kommunen zuletzt 13,3 Milliarden Euro per annum. Sie kann von den Eigentümern auf die Mieter umgelegt werden.