Wie Jim Simons mit Renaissance Technologies den erfolgreichsten Hedgefonds der Geschichte schuf – und was der aktuelle 13F-Report über die jüngsten Portfolio-Umschichtungen verrät
James „Jim“ Simons war vieles – aber sicher kein gewöhnlicher Finanzmanager. Geboren 1938 in Newton, Massachusetts, promovierte Simons in Mathematik, arbeitete als Codeknacker für das Pentagon und leitete das Mathe-Institut der State University of New York. Mit 40 Jahren wechselte er in die Finanzwelt und veränderte sie für immer. 1982 gründete er Renaissance Technologies, getrieben von der Vision, die Finanzmärkte mit wissenschaftlichen Methoden zu entschlüsseln. Simons stellte nicht Banker, sondern Mathematiker, Physiker und Informatiker ein. Sein Ziel: Mit Hilfe von Algorithmen und Big Data systematisch Marktmuster erkennen und ausnutzen. Sein Medallion Fund, 1988 ins Leben gerufen, wurde zum Flaggschiff – und zur Legende.
Simons schuf eine offene, kollaborative Atmosphäre, in der Wissen geteilt und Ideen gemeinsam weiterentwickelt wurden. „Wir stellen die klügsten Köpfe ein – und geben ihnen die Freiheit, das System immer weiter zu verbessern“, so Simons in einem seiner seltenen Interviews. Diese Kultur, gepaart mit einer strikten Geheimhaltung, ist auch nach dem Tod von James Simon im Mai 2024 bis heute ein Markenzeichen von Renaissance Technologies.
Zahlen, die selbst Legenden alt aussehen lassen
Der Medallion Fund ist der Stoff, aus dem Investmentträume sind und für Außenstehende gleichzeitig ein Mysterium. Von 1988 bis 2021 erzielte der Fonds eine durchschnittliche Jahresrendite von etwa 66 Prozent vor Gebühren, nach Gebühren immer noch rund 39 Prozent. Zum Vergleich: Der S&P 500 brachte im selben Zeitraum durchschnittlich rund 10 Prozent pro Jahr. Wer 1988 mit 100 US-Dollar einstieg, hätte daraus bis 2018 laut Berechnungen über 400 Millionen US-Dollar gemacht.
Auch in Krisenjahren glänzte der Fonds: 2008, als die Finanzwelt Kopf stand, erzielte der Medallion Fund sagenhafte 80 Prozent Gewinn. Und 2020, im Corona-Schock, waren es noch immer 76 Prozent. Diese Performance ist nicht nur unerreicht, sondern wirft Fragen auf: Was macht Renaissance Technologies so einzigartig?
Wissenschaft schlägt Spekulation
Das Erfolgsgeheimnis des Hedgefonds liegt in der radikalen Wissenschaftlichkeit des Ansatzes. Während andere Fondsmanager auf Intuition, Marktstimmung oder Wirtschaftsdaten setzen, vertraut RenTech auf Algorithmen, Machine Learning und die Auswertung gigantischer Datenmengen. Die Systeme analysieren historische Kursdaten, Nachrichtenflüsse, Wetterdaten, ja sogar Satellitenbilder – alles, was einen Einfluss auf Preise haben könnte. Daraus werden statistische Muster extrahiert, die mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederkehren.
Die Investmententscheidungen trifft ein System, nicht ein Mensch. Der Medallion Fund wurde bereits in den 1990er Jahren für externe Investoren geschlossen, seitdem profitieren ausschließlich Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter von den sagenhaften Renditen. Die Firmenkultur ist geprägt von Teamwork und permanenter Verbesserung. Wer bei Renaissance arbeitet, ist Teil eines exklusiven Zirkels und darf sich über Boni freuen, die in der Finanzwelt ihresgleichen suchen.
Auch die Organisation ist besonders: Renaissance beschäftigt nur rund 300 Mitarbeiter, davon einen Großteil im Bereich Forschung und Entwicklung. Die Hierarchien sind flach, die Kommunikation offen. Jeder arbeitet daran, die Algorithmen noch ein Stück besser zu machen. Diese Kultur der ständigen Innovation sorgt dafür, dass Renaissance immer einen Schritt voraus ist und die Konkurrenz rätseln lässt.
Im zweiten Quartal 2025 verwaltete Renaissance Technologies laut 13F-Report rund 75 Milliarden US-Dollar in US-Aktien, ein neuer Rekordwert. Der Fonds hält aktuell Positionen in über 3.500 verschiedenen Wertpapieren, was die enorme Diversifikation und die Breite des quantitativen Ansatzes unterstreicht. Die Top-Positionen im Portfolio lauten: Palantir Technologies, Nvidia, Robinhood, VeriSign und Netflix. Besonders auffällig: Der Anteil von Palantir macht rund 2,5 Prozent des Portfolios aus, gefolgt von Nvidia mit 1,6 Prozent und Robinhood mit 1,4 Prozent.
Die Performance bleibt beeindruckend: Im zweiten Quartal 2025 erzielte Renaissance Technologies eine Rendite von über 25 Prozent und ließ damit erneut die meisten Wettbewerber hinter sich. Die Strategie, auf viele kleine, statistisch abgesicherte Trades zu setzen, zahlt sich weiterhin aus.
Wo Renaissance Technologies jetzt investiert
Besonders spannend ist der Blick auf die größten Zukäufe und Verkäufe im jüngsten Quartal. Laut dem aktuellen 13F-Report und verschiedenen Auswertungen hat Renaissance Technologies im zweiten Quartal 2025 klare Schwerpunkte gesetzt. Zu den größten Zukäufen zählt die UnitedHealth Group, bei der Renaissance Technologies rund 1,35 Millionen Aktien im Wert von über 420 Millionen US-Dollar neu ins Portfolio aufgenommen hat. Dies ist ein deutliches Signal für das Erholungspotenzial der arg gebeutelten Aktie. Auch beim Cloud-Data-Spezialisten Snowflake wurde kräftig zugekauft. Der Zahlungsdienstleister Fiserv wurde als neue Position aufgebaut. Die Tech-Giganten Nvidia und Netflix wurden weiter aufgestockt, wobei besonders bei Nvidia die Aufstockung bemerkenswert ist, da der Titel bereits zu den größten Positionen zählt. Zudem hat Renaissance Technologies bei MicroStrategy 243.799 Aktien hinzugefügt, was auf das Interesse an Unternehmen mit Krypto-Exposure hindeutet.
Auf der Verkaufsseite wurde die Position bei Advanced Micro Devices komplett aufgelöst. Auch der Einzelhandelsriese Walmart wurde aus dem Portfolio entfernt. Bei den Tech-Schwergewichten Broadcom, Alphabet und Meta Platforms wurden die Positionen deutlich reduziert. Diese Umschichtungen zeigen, dass Renaissance Technologies flexibel bleibt und konsequent auf datenbasierte Chancen setzt. Neue Trends werden früh erkannt und umgesetzt, unabhängig vom Marktsentiment oder medialen Hypes.
Renaissance Technologies bleibt die Messlatte im Hedgefonds-Bereich. Das Unternehmen ist mehr als ein gewöhnlicher Fonds – es ist ein wissenschaftliches Labor für die Finanzmärkte. Der Einfluss von Jim Simons prägt das Unternehmen bis heute. Seine Vision, Mathematik und Teamgeist mit absoluter Diskretion zu verbinden, hat eine Geldmaschine geschaffen, die ihresgleichen sucht. Der aktuelle 13F-Report zeigt, dass Renaissance Technologies weiterhin innovativ, anpassungsfähig und für die Konkurrenz schwer berechenbar bleibt. Die Jagd nach Alpha ist für Simons‘ Erben noch lange nicht vorbei. Für Anleger bleibt RenTech ein Mythos – und ein Vorbild für die Zukunft des Investierens.