BÖRSE ONLINE: Heidelberger Druck hat jüngst das erste Mal seit langer Zeit wieder in einen Zukauf investiert. Welche strategische Bedeutung hat die Übernahme des Druckereibedarfanbieters PSG?
Dirk Kaliebe: Durch die Akquisition bauen wir unser Service- und Verbrauchsmaterialiengeschäft aus. Die Übernahme ist strategisch sinnvoll und wird sich positiv auf unser Ergebnis auswirken. Ich gehe davon aus, dass wir nach der Integration von PSG auch dort unsere Ebitda-Zielmarge von mindestens acht Prozent erreichen werden.

Branchenkenner schätzen, dass Heidelberger Druck rund 60 Millionen Euro für PSG bezahlt hat. Was hat der Zukauf wirklich gekostet?
Über den Kaufpreis haben wir Stillschweigen vereinbart. Nur so viel: Es waren deutlich weniger als 60 Millionen Euro.

Mussten Sie die Übernahme finanzieren?
Nein, das haben wir mit Barmitteln bezahlt. Wir haben rund 220 Millionen Euro Cash, das ist mehr als ausreichend.

Ihre Eigenkapitalquote liegt nur noch bei neun Prozent, die Verschuldung bei 250 Millionen Euro. Fühlen Sie sich mit diesen bilanziellen Parametern dennoch wohl?
Im Verhältnis zum Ebitda, das mehr als die Hälfte unserer Schulden abdeckt, ist die Verschuldung keinesfalls zu hoch. Da wir zudem künftig vor allem das Service- und Consumables- Geschäft ausbauen wollen, was weniger kapitalintensiv ist, wäre eine Eigenkapitalquote von rund 20 Prozent durchaus akzeptabel. Dieses Niveau streben wir an.

Müssen sich Anleger also bald wieder auf eine Kapitalerhöhung einstellen?
Nein, eine Kapitalerhöhung ist derzeit nicht geplant. Wir haben zahlreiche strategische Schritte eingeleitet, um unser Ergebnis weiter zu verbessern und unsere Bilanz nachhaltig zu entlasten.

Etwa durch die Umstrukturierung der Pensionsverbindlichkeiten. Welche bilanziellen Entlastungen bringt dieser Schritt mit sich?
Die Umstrukturierung entlastet uns bilanziell um rund 100 Millionen Euro. Der finale Wert zum Geschäftsjahresende am 31. März hängt aber noch von weiteren Parametern wie den Pensionszinssätzen ab. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird es wohl einen positiven Ertrag von rund 50 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr geben. Das ist allerdings ein Einmalbetrag im Betriebsergebnis und unabhängig von unseren künftig angestrebten Profitabilitätszielen.

Auf Seite 2: Sind weitere Zukäufe denkbar?



Sind weitere Zukäufe denkbar? Wenn ja, wonach suchen Sie?
Wir sind an weiteren Übernahmen interessiert. Unser Suchfeld liegt im Bereich Serviceund Verbrauchsmaterialien. Übernahmen wären dort weniger kapitalintensiv. Wir halten Ausschau nach kleineren Händlern und Herstellern oder nach regionalen Einheiten, die wir integrieren können. Voraussetzung für einen Zukauf wäre, dass wir dadurch entweder ein neues Produkt oder ein regionales Angebot oder - wie jetzt im Falle von PSG - eine Kombination aus beidem hinzubekommen. Bei einem attraktiven Angebot würden wir dann erneut akquirieren.

Ist in diesem Jahr noch mit der einen oder anderen Übernahme zu rechnen?
Weitere Zukäufe im Jahr 2015 sind vorstellbar, müssen strategisch und preislich aber passen. Wir sondieren den Markt, lassen uns aber sicherlich nicht überstürzt in eine Übernahme treiben. Wie heißt es so schön: Wenn du es eilig hast, gehe langsam.

Auf Seite 3: Wo wird Heidelberger Druck in zehn Jahren stehen?



Wo wird Heidelberger Druck aus Ihrer Sicht in zehn Jahren stehen?
Unser Ziel ist es, wieder nachhaltig profitabel zu werden. Dafür treiben wir den eingeleiteten Geschäftsumbau weiter voran. Als Vision ist vorstellbar, dass wir in zehn Jahren deutlich mehr als die Hälfte unseres Geschäfts im Service- und Consumables-Bereich abwickeln. Im Bereich Equipment wird ein Schwerpunkt auf der Kombination von Offsetund Digitaldruckanwendungen liegen.

Welche finanziellen Ziele streben Sie in den kommenden zwei Jahren an?
Wir wollen im nächsten Jahr mindestens eine Ebitda-Marge von acht Prozent erzielen und ab dem Jahr darauf beim Umsatz im Schnitt wieder mit zwei bis vier Prozent wachsen.

Ist dann eine Dividende wieder denkbar?
Im Vordergrund stehen zunächst die Stärkung unserer Kapitalstruktur und die Rückkehr zu nachhaltiger Profitabilität.

Auf Seite 4: Weichen auf Wachstum gestellt



Einschätzung der Redaktion:

In der Finanzkrise stand das Traditionsunternehmen Heidelberger Druck kurz vor der Pleite. Nur mithilfe staatlicher Garantien und neuer Bankkredite ist der Maschinenbauer im Jahr 2009 dem Firmentod von der Schippe gesprungen. Seither ist viel passiert. Finanzielle und personelle Einschnitte sowie jede Menge Umstrukturierungen sorgten dafür, dass sich das Blatt nun langsam zum Guten wendet.

Im Vorjahr schrieben die Heidelberger operativ bereits schwarze Zahlen, im laufenden Geschäftsjahr wurden Verlustbringer verkauft, geschlossen oder neu sortiert. Über den Berg ist der SDAX-Konzern zwar auch heute noch nicht, aber der eingeschlagene Weg stimmt optimistisch. Über Kapitalmaßnahmen wurde die Nettoverschuldung spürbar gesenkt. Die 250 Millionen Euro, mit denen Heidelberger Druck heute noch in der Kreide steht, werden zu mehr als der Hälfte durch das Ergebnis (Ebitda) abgedeckt. Zudem liegen über 200 Millionen Euro Cash auf der hohen Kante. Dadurch erscheint die magere Eigenkapitalquote von neun Prozent in einem besseren Licht. Das Management will künftig im Digitalgeschäft wachsen und die Servicesparte auch durch Akquisitionen ausbauen, was weniger kapitalintensiv ist. Der jüngste Zukauf von PSG dürfte nicht die letzte Übernahme gewesen sein.

Als Ziel hat sich Heidelberger Druck nachhaltig profitables Wachstum auf die Fahnen geschrieben. Gelingt auch dieser finale Schritt, hat die Aktie noch viel Luft nach oben.

Auf Seite 5: Investor-Info