Herr Kaliebe, der operative Gewinn lag im Quartal April bis Juni bei 28  Millionen Euro. Im Vorjahresquartal war es noch ein Minus von elf Millionen Euro. Ist der Knoten nun geplatzt?
Wir sind auf einem guten Weg. Die Maßnahmen der strategischen Neuausrichtung tragen zunehmend Früchte, das Portfolio ist weitestgehend bereinigt, unsere optimierte Finanzierungsstruktur steht, wir haben das Gros unserer Hausaufgaben gemacht. Wir werden trotzdem weiter konsequent unsere Kosten optimieren und Heidelberg auf Topline-Wachstum trimmen.

Der Konzernumbau ist abgeschlossen, das Marktumfeld für Druckmaschinenbauer aber nach wie vor schwierig. Wie geht es weiter?
Das war ja Sinn und Zweck der Sache, uns unabhängiger vom generellen Marktumfeld unserer Branche zu machen. Das Kerngeschäft Bogenoffset wurde verschlankt und flexibler gemacht, um Schwankungen auszugleichen. Gleichzeitig haben wir das Portfolio in Richtung Digital und Services umgebaut, denn hier liegt die Zukunft, hier sind die Wachstumspotenziale.

Etwas konkreter, bitte: Wie wollen Sie das Gewinnwachstum weiter steigern?
Auf der einen Seite beginnt nun für Heidelberg die Phase des aktiven Portfolioausbaus, um das Unternehmen beim Umsatz wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Also Umsatz rauf. Auf der anderen Seite behalten wir die Kosten weiter fest im Griff. Also Rendite hoch. Die operative Marge soll auf mindestens acht Prozent steigen und gleichzeitig der Umsatz jährlich und nachhaltig um zwei bis vier Prozent pro Jahr zulegen.

Wie beurteilen Sie die Verschuldung?
Die Verschuldung ist kein Problem. Wir haben jetzt ein angemessenes Verhältnis von Ebitda zu Nettofinanzverschuldung. Unser Leverage liegt trotz einer kürzlich bar finanzierten Akquisition unter zwei, wir sind bis 2022 langfristig durchfinanziert. Künftige Free Cashflows eröffnen uns weitere unternehmerische Handlungsmöglichkeiten, aber auch Optionen zur weiteren Optimierung der Kapitalstruktur.

Auf Seite 2: Kaliebe über den Auftragseingang, die Ebitda-Marge und das Neumaschinengeschäft in China





Von April bis Juni lag der Auftragseingang mit rund 700 Millionen Euro deutlich über dem Vorjahresquartal. Sind die Bücher für das zweite Halbjahr ebenso prall gefüllt?
Das Geschäftsjahr hat auch dank einer Stabilisierung in China und der PSG-Übernahme ordentlich begonnen; ob wir dies fortschreiben können, wird das nächste Quartal zeigen. Unser Umsatzwachstumsziel sollte in diesem Geschäftsjahr 2015/16 auch währungsbereinigt gut erreichbar sein.

Das mittelfristige Ziel einer mindestens achtprozentigen Ebitda-Marge peilen Sie nun bereits für das laufende Geschäftsjahr an. Worauf bauen Sie hier?
Die acht Prozent sollen erreicht werden, und damit wollen wir auch nach Steuern einen nennenswerten Gewinn erzielen. Verlustbringer wurden im Vorjahr bereinigt, die Kosten auf allen Ebenen gesenkt und Wachstumsbereiche auch durch Akquisitionen gestärkt. Das ist nun die Basis für die Ergebnisverbesserung.

Im Vorjahr litt der Umsatz unter dem rückläufigen Neumaschinengeschäft in China. Beeinträchtigen die nachlassende Wirtschaftsdynamik und die Börsenturbulenzen dort Ihre operativen Ziele?
China ist und bleibt für uns einer der größten Absatzmärkte. Wir hatten im Frühjahr eine durchaus erfolgreiche Messe in China, dies zeigt sich in den Auftragsbüchern. Dennoch schießen die Bäume auch bei uns nicht in den Himmel; wir glauben jedoch, Teile des Rückgangs wieder aufzuholen. Langfristig erwarten wir weiteres Wachstum.

Auf Seite 3: Kaliebe über die Stärken von Heideldruck





Wie wollen Sie neben der Konkurrenz bestehen? Auf welche Stärken setzen Sie?
Wir können auf unser Kunden- und Servicenetzwerk weltweit bauen. Zudem expandieren wir in Zukunftsfelder mit globalen Partnern wie Fuji und Ricoh. In unseren Kerngeschäften behaupten wir nach wie vor unsere Markt- und Technologieführerschaft. Wichtige Themen wie die Vernetzung und die Digitalisierung begleiten wir seit Jahren aktiv. Dies ist eine sehr gesunde Grundlage für profitables Wachstum.

Die niederländische Printing Systems Group (PSG) steuerte 19 Millionen Euro zum aktuellen Ergebnis bei. Mit der Übernahme haben Sie ein glückliches Händchen bewiesen. Wann kaufen Sie weiter zu?
PSG wird operativ erst im Geschäftsjahr 2016/17 nennenswert zu unserem Ergebnis beitragen, die 19 Millionen Euro sind ein Einmalertrag im Zusammenhang mit einem negativen Kaufpreis. Aufwände für die Integration sind aber auch noch zu erwarten. Dennoch sind wir froh, dass wir mit PSG unser Portfolio im Service- und Verbrauchsmaterialienbereich deutlich verbessert haben. Jetzt gilt es, PSG im laufenden Geschäftsjahr zu integrieren. Wir sondieren weiter den Markt nach interessanten Kandidaten, die zu uns passen und unser Geschäftsmodell stärken.

PSG wurde gekauft, um das Geschäft mit Dienstleistungen und Verbrauchsmaterialien auszubauen. Auch der Bereich Digitaldruck soll zulegen - durch Zukäufe?
PSG haben wir aus Barmitteln finanziert, ohne den Kapitalmarkt nutzen zu müssen. Im Digitaldruck fahren wir zweigleisig. Mit dem Kompletterwerb der schweizerischen Gallus haben wir eine gute Position im Bereich digitaler Etikettendruck erworben; mit unserem Partner Fujifilm sind wir dabei, neue Digitaldruckmaschinen für den Werbe- und Verpackungsdruck zu entwickeln, von denen die ersten zur Branchenmesse Drupa im Frühjahr 2016 vorgestellt werden. Weitere Kooperationen oder Zukäufe sind auch in diesem Bereich möglich, wenn sie uns den Zugang zu Wachstumsmärkten eröffnen.

Auf Seite 4: Kaliebe über die Dividende





Wann zahlen Sie wieder eine Dividende?
Ein Schritt nach dem anderen. Erst einmal müssen wir nachhaltig profitabel sein. Dafür haben wir die Basis im abgelaufenen Geschäftsjahr gelegt. Wenn wir dies erreicht haben, schaffen wir damit die Voraussetzung für eine Dividendenfähigkeit.

Beim Konzernumbau wurden zahlreiche Stellen gestrichen. Entlassen Sie noch weitere Mitarbeiter?
Der große Umbau, der auch die Mitarbeiterzahl betroffen hat, ist vorbei. Sie müssen sich vergegenwärtigen, dass wir einmal über 20 000 Mitarbeitende hatten. Jetzt sind wir bei deutlich unter 12 000. Wir arbeiten aber weiter an unserer Kosteneffizienz, das heißt, innerhalb der Geschäftsfelder kann es immer zu Anpassungen im "normalen Umfang" kommen. Dafür werden aber auch Mitarbeiter in den Wachstumsfeldern aufgebaut.

Seit einer Erkrankung von Vorstandschef Gerold Linzbach leiten Sie den Konzern. Für wann erwarten Sie seine Rückkehr?
Der Aufsichtsrat hat mich Mitte Juli zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des Un-ternehmens berufen, da sich der Genesungsverlauf bei Dr. Linzbach voraussichtlich noch etwas verzögert. Bitte haben Sie Verständnis, mehr möchte ich nicht zu diesem Thema sagen.

Reizt Sie persönlich die Rückkehr von Heidelberg in den MDAX?
Ja, denn dort genießt man noch einmal mehr Aufmerksamkeit der Investoren. Wenn wir dauerhaft profitabel sind, wird neben den Handelsumsätzen auch der Wert des Unternehmens weiter steigen. Eine dann mögliche Aufnahme in den MDAX würden wir natürlich begrüßen.

Auf Seite 5: Investor-Info