Die Zahl der aktiven Kunden in den 17 Ländern, in denen HelloFresh aktiv ist, fiel im Vergleich zum Vorquartal um etwa 500.000 auf acht Millionen, lag aber im Vergleich zum Vorjahresquartal immer noch um vier Prozent im Plus. Vor allem auf dem wichtigsten Markt, den USA, büßten die Berliner Kunden ein. Konzernchef Dominik Richter versuchte die Entwicklung zu relativieren: "Das zweite Quartal ist erfahrungsgemäß immer schwächer als das erste", sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Wichtiges US-Geschäft

Als aktive Kunden zählt der Konzern Menschen, die innerhalb der vergangenen drei Monate ab Ende des entsprechenden Quartals mindestens eine Box erhalten haben. Dazu zählen neben regulären Bestellungen auch Neu- und Testkunden. In den USA drehten vom ersten zum zweiten Quartal unter dem Strich rund 220.000 Menschen HelloFresh den Rücken zu, in den restlichen Märkten waren es kumuliert gar 300.000. Auch die Summe an Bestellungen konzernweit ging zurück: Waren es im Auftaktquartal des laufenden Jahres noch rund 34,6 Millionen, zählte HelloFresh jetzt noch knapp 32,3 Millionen. Dabei geht mehr als die Hälfte jeweils auf das Konto der USA, die mit Abstand der wichtigste Markt des Konzerns sind: Im zweiten Quartal erzielte HelloFresh mehr als die Hälfte seines Erlöses dort.

Wie wichtig die Vereinigten Staaten für das Unternehmen sind, wird das beim operativen Gewinn des zweiten Quartals noch klarer: Während das Berliner Tech-Unternehmen zusammengerechnet in all seinen anderen Märkten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang um fast ein Viertel auf 64,8 Millionen Euro hinnehmen musste, legte das US-Betriebsergebnis um fast 23 Prozent auf 112,2 Millionen Euro zu. Insgesamt machte HelloFresh drei Viertel des operativen Gewinns in den USA.

Neuer Q2-Umsatzrekord


Der Konzernumsatz der Monate April bis Juni stieg gegenüber dem Vergleichszeitraum um rund ein Viertel auf knapp zwei Milliarden Euro - ein neuer Rekord für ein Q2. Dabei halfen neben einer Aufwertung des US-Dollars auch ein Anstieg des durchschnittlichen Bestellwertes und dass Kunden öfter zu Zusatzprodukten griffen.

Allerdings schwächt das Wachstum in der Essensliefer-Branche seit einigen Monaten ab: Auch andere Unternehmen wie Delivery Hero oder Just Eat Takeaway haben mit der gedämpften Konsumlaune zu kämpfen. HelloFresh muss also noch mehr dafür sorgen, dass Kunden bei der Stange gehalten werden - und erhöhte die Kosten für Werbung in Form von Gutscheinen oder Anzeigen.

Gewinn schrumpft weniger als befürchtet


Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) ging um um 7,5 Prozent auf 145,9 Millionen Euro zurück. Branchenexperten hatten aber mit einem deutlicheren Rückgang gerechnet. Die dazu gehörende Marge reduzierte sich um 2,6 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent. Damit bestätigte das Unternehmen seine vorläufige Zahl zum Quartalsumsatz und konkretisierte die bereits bekannte Spanne für den operativen Quartalsgewinn von 140 bis 150 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente HelloFresh mit 62,5 Millionen Euro gut ein Viertel weniger als noch im Vorjahreszeitraum.

Im vergangenen Monat hatte das Unternehmen mit Verweis auf die getrübte Verbraucherstimmung seine Jahresziele eingedampft. Die gesenkte Jahresprognose wurde vom Vorstand bestätigt. Ausgehend vom Vorjahreswert von knapp 6 Milliarden Euro soll der Konzernumsatz 2022 um 18 bis 23 Prozent zulegen. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll auf 460 bis 530 Millionen Euro sinken, nachdem HelloFresh im Vorjahr einen operativen Gewinn von 527,6 Millionen Euro vermeldet hatte.

Mit Blick auf die Jahresprognosen, die trotzt der jüngsten Senkung, zumindest teilweise noch auf dem Niveau der alten Ziele liegt, habe sich der HelloFresh-Chef nun optimistisch geäußert, erklärte ein Händler.

Einschätzungen zur HelloFresh-Aktie


Die Aktie von HelloFresh macht trotz der gemischt ausgefallenen Zahlen am Montag-Vormittag einen Kurssprung. Zeitweise beträgt der Kursaufschlag im Xetra-Handel zehn Prozent auf 33 Euro - DAX-Spitze. Später schrumpft das Tagesplus, dennoch hält sich der Kurs über der 50-Tage-Linie.

Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für HelloFresh nach den endgültigen Quartalszahlen auf "Underperform" mit einem Kursziel von 24 Euro belassen. Obwohl der Kochboxenlieferant mehr Geld für Werbung ausgegeben habe, habe die Zahl der aktiven Kunden zuletzt stagniert, schrieb Analyst William Woods in einer aktuellen Studie. Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für HelloFresh unterdessen auf "Neutral" mit einem Kursziel von 34 Euro belassen. BÖRSE ONLINE hält die HelloFresh-Aktie derzeit lediglich auf einer Beobachtungsliste. mmr mit dpa u. rtr