Leere Fußgängerzonen und Flughäfen, geschlossene Läden und Einkaufszentren, gestoppte Fließbänder, abgesagte Veranstaltungen: Die Corona-Krise hat das Leben in Europa weitgehend stillgelegt. Das schadet nicht nur großen Konzernen wie VW, die bereits ihre Produktion ausgesetzt haben, sondern auch vielen kleinen Firmen, Selbstständigen, Handwerkern, Sportlern, Kulturschaffenden oder Dienstleistern. Steht das Leben einen Monat still, entgehen der Wirtschaft laut einer Schätzung des ifo-Instituts 152 bis 265 Milliarden Euro, bei drei Monaten wären es 354 bis 729 Milliarden - und das nur in Deutschland. Die Zahlen bedeuten im schlimmsten Fall tausende Firmeninsolvenzen und Millionen verlorene Jobs, so die Wirtschaftsforscher.

Die Fondsgesellschaft Acatis, die Ende 2019 rund sieben Milliarden Euro an Kundengeldern verwaltet hat, schlägt nun eine ungewöhnliche Methode vor, wie man die Bürger finanziell etwas entlasten und damit die Wirtschaft stützen könnte: Sie fordert ein einmaliges Geldgeschenk für jeden Europäer in Höhe von 3000 Euro. Mit diesem Geld könnten die Bürger der Eurozone zum Beispiel ihre Miete bezahlen und so eine gefährliche Pleitewelle von Firmen und Privatpersonen verhindern, die letztlich auch wieder die Banken mit den Abgrund reißen könnte. "Die bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sind zu begrüßen, sie reichen jedoch nicht aus und sind nach allem was wir sehen nicht so schnell und unbürokratisch zu erhalten, wie verkündet", heißt es in dem Vorschlag, der von Acatis-Fondsmanager Hendrik Leber und dessen Kapitalmarktstratege Stefan Riße stammt. Ein solches Bürgergeld könne jedoch sehr schnell überwiesen werden, wenn es nur an die Bedingung geknüpft sei, dass der Empfänger 2019 auch in der Eurozone Steuern bezahlt habe. "So würden nur diejenigen Personen auch etwas zurückerhalten, die zuvor auch in die Gemeinschaft einbezahlt haben", so Leber. Bezieher von Renten und Sozialleistungen würden ihre Transfergelder ohnehin weiter behalten, wären also von den Zahlungen ausgeschlossen.

Bei rund 200 Millionen Steuerzahlern in der Eurozone würden sich die Kosten eines solchen Bürgergeldes laut Kalkulationen von Acatis auf etwa 600 Milliarden Euro belaufen. Finanziert könnte die Aktion laut Leber und Riße durch die erstmalige Ausgabe von Gemeinschaftsanleihen aus der Eurozone werden, sogenannten Eurobonds, welche von der Europäischen Zentralbank aufgekauft werden würden. Die Maßnahme sei laut Leber und Riße viel effizienter als klassische Anleihekäufe, "weil das Geld nicht an den Finanzmärkten landen und für steigende Vermögenspreise und am Ende steigende Mieten sorgen würde, sondern direkt in der Realwirtschaft ankäme." Ob Leber und Riße ihren Vorschlag auch schon der EU-Kommission und der Bundesregierung vorgelegt haben, geht nicht aus der Pressemitteilung hervor. Dort dürfte sie nicht zuletzt deshalb auf erheblichen Widerstand stoßen, da die zur Finanzierung vorgesehen Eurobonds schon während der Schuldenkrise in Europa vor allem Deutschland als unzulässige Vergemeinschaftung europäischer Staatsschulden heftig abgelehnt wurden.