Die Nachfrage ist weiter hoch. Andererseits ist die Angebotssituation angespannt. In den vergangenen Jahren wurde zu wenig investiert. Bei damals niedrigen Ölpreisen rentierte sich das nicht. Zudem gingen immer mehr Banken dazu über, Ölexploration aus Umweltgründen nicht mehr zu finanzieren. Der Krieg in der Ukraine und das Embargo gegen Russland haben die Lage noch verschärft. Russisches Öl, gefördert mit westlicher Technologie, wird schwerer den Weg auf die Märkte finden. All das sorgt dafür, dass die freien Kapazitäten sehr gering sind.

Wenn aber der Ölpreis nicht abschmiert, erscheinen Ölfirmen niedrig bewertet. Bei europäischen Firmen kommt hinzu, dass der Euro sich schwach entwickelte. Weil Öl in Dollar gehandelt wird, sorgt das für zusätzliche Währungserträge. Selbst große Anbieter wie Shell, Total und BP eskomptieren in ihren Kursen schon einen massiven Ölpreisrückgang. Besonders deutlich sind die Abschläge in der zweiten Reihe. Die weniger beachtete spanische Ölfirma Repsol (WKN: 876 845) etwa nimmt in den Notierungen schon einen Anstieg des Wechselkurses auf 1,20 Dollar für einen Euro und gleichzeitig einen Ölpreisverfall auf deutlich unter 50 Dollar je Barrel vorweg. Werden hingegen aktueller Ölpreis und Wechselkurs angesetzt, liegt der faire Wert der Aktie weit jenseits von 20 Euro. Aktuell kostet das Wertpapier weniger als zwölf Euro. Einen ähnlich hohen Hebel bringt der portugiesische Konzern Galp (WKN: A0L B24) mit, der seine Quellen vor allem in Afrika und Brasilien hat. Hier eskomptiert der Kurs einen Ölpreis um 45 Dollar bei einem Wechselkurs um 1,20. Zu den aktuellen Konditionen hingegen liegt der faire Wert eher bei 21 Euro. Die Aktie wird im Moment um zehn Euro gehandelt.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.