Ausgeschlossen wird derzeit von der Union ein Bündnis mit AfD oder der Linken - von SPD und Grünen nur eines mit der AfD. Als Unbekannte gelten die Freien Wähler, die in einigen Umfragen bei mehr als drei Prozent gesehen werden. Vor allem bei SPD und Grünen wird darüber spekuliert, dass die Linke vielleicht nicht die Fünf-Prozent-Hürde schafft - was die Koalitions-Arithmetik stark verändern würde.

Weil verschiedene Koalitions-Optionen möglich sein dürften, könnte die Bildung einer Regierung sehr lange dauern - darauf haben Politiker mehrerer Partei hingewiesen, darunter Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU). Zur Erinnerung: Nach der Bundestagswahl 2017 konnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre vierte Amtszeit erst im März 2018 antreten.

ROT-GRÜN ODER GRÜN-ROT


SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock haben am Sonntag im dritten TV-Triell betont, dass sie am liebsten eine Regierung aus beiden Parteien hätten - wobei sie untereinander um die Führung ringen. Eine Mehrheit für ein solches Zweierbündnis dürfte es aber wohl nur geben, wenn die Linke nicht in den Bundestag käme und die Schwelle für eine absolute Mehrheit wegen der hohen Prozentzahlen für die "sonstigen" Parteien damit sinken würde. Dann hätte eine Regierung im Bundestag vielleicht schon mit 43 Prozent Stimmenanteil eine Mehrheit.

Als Untervariante gilt eine rot-grüne Minderheitsregierung - unter Duldung der Linken, worauf Unionskandidat Armin Laschet am Montag hinwies. Spekuliert wird, dass SPD und Grüne sich bei sozial- und steuerpolitischen Reformen auf die Stimmen der Linken, bei außenpolitischen Themen aber auf die der Union verlassen würden.

SCHWARZ-GRÜN ODER GRÜN-SCHWARZ


Lange Zeit waren Beobachter fest davon ausgegangen, dass Deutschland nach der Bundestagswahl ein schwarz-grünes Bündnis bekommt. Doch die gegenwärtige Schwäche sowohl von Union als auch den Grünen lässt diese Option noch unwahrscheinlicher erscheinen als ein Bündnis nur aus SPD und Grünen. Ferner gibt es in beiden Parteien die Erwartung, dass es in den neuen Fraktionen etliche unkalkulierbare Abgeordnete geben dürfte - eine Mehrheit müsste also einen gewissen "Puffer" aufweisen.

ROT-SCHWARZ ODER SCHWARZ-ROT


Nach den jüngsten Umfragen hat die SPD die Union deutlich überholt. Die Fortsetzung der bisherigen Koalition rückt aber rechnerisch in greifbare Nähe - eventuell mit umgekehrten Rollen. Allerdings gelten die Aussichten dafür als eher unwahrscheinlich. Die SPD hat deutlich gemacht, dass sie die CDU und CSU in der Opposition sehen will. Die Union dürfte kaum eine Juniorrolle akzeptieren, heißt es in CDU und CSU.

DEUTSCHLAND-KOALITION


Als eine Option galt eine sogenannte Deutschland-Koalition aus Union, SPD und FDP. In der Union liebäugelte man damit in einem Moment, in dem man vor der SPD lag. Nun aber liegen die Sozialdemokraten in Umfragen vorn. CDU/CSU müssten einen SPD-Kanzler schlucken - dies gilt wie erwähnt als unwahrscheinlich. Zusätzliches Problem: Fällt das Wahlergebnis am 26. September so aus, wie Umfragen dies derzeit andeuten, wären gleichzeitig auch etliche andere Koalitionen möglich.

AMPEL-KOALITION


Ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP gilt derzeit als favorisierte Option der Sozialdemokraten. Die FDP hat sich diese Option offengehalten, auch wenn sie keine Steuererhöhungen und keine Schuldenunion in der EU akzeptieren will. Die Union fürchtet, dass FDP-Chef Christian Lindner dennoch eine Ampel-Koalition eingehen könnte. Die SPD wiederum lockt die Liberalen mit dem Hinweis auf die besseren persönlichen Zustimmungswerte des SPD-Kanzlerkandidaten.

JAMAIKA-KOALITION


Ein Bündnis von Union, Grünen und FDP war schon 2017 die bevorzugte Option zumindest der CDU. Diesmal dürfte es auch dafür eine Mehrheit geben. Allerdings gelten anders als 2017 nicht die Liberalen, sondern die Grünen als "Problem". Sie wären in einem solchen Bündnis der Außenseiter, ein Grünen-Parteitag müsste einem Koalitionsvertrag zudem zustimmen. Das Risiko einer Ablehnung ist also vorhanden. Zudem müssten sowohl Grüne als auch FDP bei mehreren gleichzeitig möglichen Optionen erklären, wieso sie mit dem zumindest derzeit laut Umfragen unbeliebteren Kanzler regieren wollen. Die Union lockt die Grünen damit, etwa das Amt des Bundespräsidenten besetzen zu können.

ROT-ROT-GRÜN


Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei galt lange rechnerisch als ausgeschlossen. Aber nach den jüngsten Umfragen ist diese Koalition, die in Teilen der SPD und der Grünen als echter Politikwechsel bevorzugt wird, rechnerisch möglich. Die Kanzlerkandidaten von SPD und Grünen haben sie nicht ausgeschlossen - auch wenn sowohl Scholz als auch Baerbock deutliche Kritik vor allem an den außenpolitischen Vorstellungen der Linken äußerten. Die Union wiederum versucht verstärkt, im Wahlkampf Wähler mit den Warnungen vor einem Linksbündnis und dann angeblich steigenden Steuern zu gewinnen.

rtr