Die Wirtschaft ist in vielen Ländern auf Erholungskurs, die Nachfrage nach Kupfer, Stahl oder Bauholz sowie Energie steigt rasant (siehe Titelgeschichte dieser Ausgabe). Damit ist Inflation das Thema der Stunde, sogar in den USA, wo hohe Teuerungsraten zuletzt Anfang der 1980er-Jahre als ernsthafte Gefahr für die Wirtschaft galten. Der US-Verbraucherpreisindex stieg im Mai um fünf Prozent und damit stärker als erwartet. Die Kerninflation ohne Nahrungs- und Lebensmittel und Energie lag bei 3,8 Prozent - der höchste Anstieg seit fast 30 Jahren.

Dennoch erwarten Marktteilnehmer, dass die Fed auf ihrer Sitzung (nach Redaktionsschluss) nicht an der Zinsschraube drehen und mit dem Tapering, also mit dem Auslaufen ihrer Anleihekaufprogramme, abwarten wird. Letzteres erfordert viel Fingerspitzengefühl. In schlechter Erinnerung geblieben sein dürfte vielen Anlegern der Mai 2013, als die Fed überraschend die Reduzierung ihrer Anleihekäufe ankündigte und damit heftige Marktturbulenzen auslöste.

In Europa stieg die Teuerung zuletzt auf 2,0 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte ihre Inflationsprognose für dieses Jahr von 1,5 auf 1,9 Prozent. In Deutschland lag die Teuerungsrate im Mai bei 2,5 Prozent, so hoch wie seit fast zehn Jahren nicht mehr - und das dürfte es noch nicht gewesen sein: "In der zweiten Jahreshälfte ist aufgrund eines Basiseffekts wegen der temporären Senkung der Umsatzsteuersätze ein Jahr zuvor so- gar mit Raten um die drei Prozent zu rechnen", schreibt das Bundeswirtschaftsministerium in seinem aktuellen Monatsbericht. Man beobachte aber keine Anzeichen einer Lohn-Preis-Spirale, die zu dauerhaft hoher Inflation führen könne, so das Ministerium. Die EZB hält indes an ihrer extrem lockeren Geldpolitik fest, trotz der konjunkturellen Erholung. Es sei viel zu früh, um über ein Ende der Krisenanleihekäufe zu diskutieren, so EZB-Chefin Christine Lagarde in einem Interview.