Spätestens seit der Sitzung der US-Notenbank Fed von Anfang November sollten sich Investoren Gedanken um die Aufstellung ihres Portfolios machen, weil hier nicht weniger als eine Trendwende an den Kapitalmärkten verkündet wurde. Fed-Chef Jerome Powell hat die Märkte auf ein Ende der ultralockeren Geldpolitik und den Beginn von Zinserhöhungen eingestimmt als Reaktion auf die deutlich erhöhten Inflationsraten. Das Tempo der Geldentwertung liegt nicht nur in den USA, sondern auch in Europa weit über dem Niveau der vergangenen Jahre. Für die Eurozone wurde für November 2021 eine Inflationsrate von 4,9 Prozent gemessen, für Deutschland sogar 5,2 Prozent. Noch bleibt die Europäische Zentralbank bei ihrem Narrativ, es handele sich um eine vorübergehend anziehende Inflation. An dieser Version gibt es allerdings berechtigte Zweifel. Hans-Werner Sinn etwa, ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts, erwartet ein inflationäres Jahrzehnt, da die Schulden in der Eurozone aus dem Ruder gelaufen sind und die Kosten der Corona-Krise langfristig den Preisauftrieb stützen.

Genau an dieser Stelle scheinen wir jetzt zu stehen, was Anleger vor eine große Herausforderung stellt. Für langfristig ausgerichtete Investoren wird es immer schwieriger, Anlageklassen zu finden, die einen nachweisbaren Inflationsschutz bieten, sprich den Erhalt der Kaufkraft, die mit dem Vermögen verbunden ist. Der Aktienmarkt bietet zwar in inflationären Phasen einen gewissen Schutz, da starke Unternehmen höhere Preise an ihre Kunden weitergeben. Allerdings ist hier mit deutlich erhöhter Volatilität, also zwischenzeitlichen Kursverlusten, zu rechnen.

Eine ideale Positionierung bietet der Immobiliensektor. Vor allem die Nachfrage nach Wohnimmobilien in Toplagen ist in Zeiten zunehmender Nutzung von Homeoffice trotz hoher Grundstückspreise weiter gestiegen. Die Preise für Wohnimmobilien in den deutschen Großstädten haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, und der Trend hält weiter an. Schwierig ist für Investoren aber der Marktzugang zu attraktiven Objekten. Einen "Sweet Spot" bieten Nießbrauch-Immobilien. Hierbei handelt es sich um ein Konzept, das zwar schon lange bekannt ist, sich aber erst in den vergangenen Jahren stärker entwickelt hat. Ein Grund ist die Demografie, da immer mehr aktive Senioren ihr Eigenheim aktivieren wollen. Das ZEW Mannheim hat einer aktuellen Marktstudie zufolge ein Potenzial von 100 000 Immobilienbesitzern berechnet, für die Nießbrauch oder ähnliche "Equity Release"-Konzepte infrage kommen könnten.

Nießbrauchkonzepte sind für Investoren besonders interessant, da sie die Immobilie mit einem Sicherheitspuffer kaufen. Der Mietwert für die voraussichtliche unentgeltliche Nutzung durch den bisherigen Eigentümer wird vom Marktwert in Abzug gebracht. Der Verkäufer kann die Immobilie weiter bewohnen oder sie vermieten. Dadurch ergeben sich gleich zwei Renditetreiber: Während der Investitionsphase steigen die Immobilienpreise im selben Maße wie die Inflationsrate, damit ist langfristig der Kapitalerhalt gesichert. Gleichzeitig schmilzt der Nießbrauchwert ab, das ist dann die weitere Möglichkeit für eine attraktive Rendite.

Aus Sicht eines institutionellen Investors gibt es einen weiteren Vorteil. Er kann sich ein regional gestreutes Portfolio an Wohnimmobilien aus verschiedenen deutschen Metropolregionen zusammenstellen, ohne sich vor Ort um die Objekte kümmern zu müssen. Denn die Nießbrauchnehmer kümmern sich weiter um die Immobilien, die sie zum Teil schon seit Jahrzehnten bewohnen und pflegen. Aufgrund unserer langen Markterfahrung können wir zeigen, dass sich mit einem gestreuten Portfolio mit Nießbrauch-Investitionskonzepten im Basisszenario ein Return on Investment von 6,25 Prozent erzielen lässt. Im Gegensatz zu anderen Anlageklassen besteht hier nicht die Gefahr, dass steigende Inflationsraten die Renditeaussichten schmälern.


Otto Kiebler

Kiebler ist Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der GIV Gesellschaft für internationale Immobilienvermittlung und Vermögensplanung mbH und hat mehr als 30 Jahre Branchenerfahrung. Bis heute wurden in der Unternehmensgruppe circa 600 Immobilien mit einem Marktwert von rund 360 Millionen Euro mit Nießbrauchkonzepten sowohl für private als auch institutionelle Investoren umgesetzt.


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