In die Gespräche sei ein wenig Schwung gekommen, sagte der Europa-Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Poul Thomsen, am Montag: "Das ist eine gute Entwicklung und gibt Anlass zur Hoffnung." Aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) können die griechischen Geldhäuser die finanzielle Hängepartie nicht mehr lange durchhalten, weil ihnen irgendwann die Sicherheiten ausgehen. Die EZB spielt nach Informationen von Reuters bereits Szenarios für den Fall einer Staatspleite durch, darunter die Ausgabe einer Art Parallelwährung in Athen.

Die Finanzminister der Euro-Zone wollen am Freitag im lettischen Riga erneut über die Reformauflagen für Athen sprechen, die im Gegenzug für weitere Hilfskredite verlangt werden. Zur Vorbereitung des Treffens beraten die Staatssekretäre bereits am Mittwoch. Bisher hat die griechische Regierung keine Vorschläge gemacht, die die Billigung der Geldgeber finden. Die Regierung in Athen ist dringend auf Geld angewiesen, um ihre Verbindlichkeiten weiter bezahlen zu können.

Die Finanzmittel der Griechen reichten vielleicht noch bis Juni, sagte IWF-Vertreter Thomsen dem "Handelsblatt". Die Tilgungslasten, die dann auf das Land zukämen, seien sehr groß: "Wir brauchen vorher eine Einigung, damit weitere Hilfskredite ausgezahlt werden können." Alleine an die EZB werden im Juli und August insgesamt über 6,7 Milliarden Euro fällig. Hinzu kommen Rückzahlungen von insgesamt gut acht Milliarden Euro an den IWF in diesem Jahr und weitere Zahlungen an private Gläubiger.

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WARNUNGEN VOR EINEM "GREXIT"

Thomsen warnte trotz jüngster Fortschritte, man sei noch "weit vom Ziel entfernt". Die Verhandlungen müssten noch deutlich mehr Schwung bekommen, wenn eine rechtzeitige Einigung gelingen solle. Er warnte, die Folgen eines Austritts des Landes aus der Euro-Zone zu unterschätzen: "Niemand sollte denken, dass ein Grexit ohne Probleme wäre." Europa sei heute zwar in einer stärkeren Position, wäre natürlich aber auch Risiken ausgesetzt.

Dreh- und Angelpunkt für den Erhalt der Zahlungsfähigkeit der griechischen Regierung sind die dortigen Banken, die dem Staat Anleihen abkaufen. Die Institute wiederum hängen ab von den Nothilfen der Notenbank in Athen, die die EZB genehmigen muss. Dafür müssen sie jedoch Sicherheiten stellen. EZB-Ratsmitglied Christian Noyer sagte der Zeitung "Le Figaro", die Pfänder könnten ihnen bald ausgehen. Daher müsse die Regierung dringend ein Programm mit dem IWF und den Euro-Partnern auf die Beine stellen, um das Vertrauen an den Finanzmärkten zurückzugewinnen, von denen Griechenland de facto abgeschnitten ist.

Noyer sagte, ein Austritt aus dem Euro wäre "ein Trauma für die Euro-Zone", dessen Auswirkungen bis in die Weltwirtschaft hinein spürbar wären. Die dramatischsten Konsequenzen würden aber Griechenland selbst treffen. Auch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici mahnte: "Damit Griechenland in der Euro-Zone bleibt, brauchen wir jetzt Reformen. Es darf keine Zeit verloren werden." Sein deutscher Kollege Günther Oettinger sagte der "Bild", die Zeit laufe ab. Griechenland stehe deshalb "im Mai endgültig finanziell mit dem Rücken zur Wand."

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SCHULDENSCHEIN-SZENARIO WIRD DURCHGESPIELT

Sollte Griechenland zahlungsunfähig werden und in der Folge auch Hellas-Banken kollabieren, könnte die Regierung in Athen dazu gezwungen sein, Schuldscheine auszugeben, um zum Beispiel die Staatsbediensteten zu bezahlen. Dies wäre de facto der Beginn einer Parallelwährung. Ein EZB-Vertreter sagte zu Reuters, weil es in den Verhandlungen keine Fortschritte gebe, sei man gezwungen, sich solche Szenarios anzuschauen. Die EZB würde solche Schuldscheine voraussichtlich aber nicht als Sicherheit für weitere Nothilfen an die Banken akzeptieren.

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis warnte im spanischen Sender "La Sexta" vor den Folgen einer Staatspleite: "Jeder, der darauf setzt, dass die anderen Länder überleben, wenn man ein Stück von der Euro-Zone abschneidet, der spielt mit dem Feuer." Manche Leute glaubten, der Rest Europas sei von Griechenland abgeschottet und die EZB habe Werkzeuge, um Griechenland abzutrennen, so Varoufakis in dem bereits vor zehn Tagen aufgezeichneten Interview. Er zweifele aber sehr daran.

Reuters