Sehnsüchtig warten Anleger auf die Jahresendrallye und morgen schon könnte die Entscheidung dafür fallen. Doch was wird die FED beschließen? Und was dürfte Aktionäre ansonsten erwarten? Von Johann Werther

Nach dem besten Oktober im Dow Jones sind die Erwartungen und Hoffnungen nach einer Jahresendrallye groß. Allerdings fällt die Entscheidung darüber morgen bei der FED-Sitzung. In dieser wird Jerome Powell und die anderen US-Notenbänker nicht nur eine Zinserhöhung beschließen, sondern vor allem auf die immer noch hohe Inflation und die durchwachsenen Unternehmensergebnisse reagieren müssen.

Good News = Bad News?

Aktuell geht der Markt zu 87 Prozent von einer Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte auf dann vier Prozent Zins aus. Dies war nach der letzten FED-Sitzung und den schlechten Inflationsrate für den September eindeutig. Doch die Frage ist: Wie weit will die FED die Zinsen noch anheben? Vor Bekanntgabe der Inflationsrate für September sprach man von einem endgültigen Leitzinsziel von 4,75 Prozent. Sollten die Inflationsergebnisse für Oktober aber genauso schlecht für die des Septembers ausfallen, dann gibt es auch die Möglichkeit für noch höhere Zinsen, spätestens bei der übernächsten Notenbanksitzung.

Das einzige, was bisher die Börse vom Fallen bremste, waren allerdings die vergleichsweise schlechten Unternehmensergebnisse, vor allem im Big-Tech und Blend Bereich. Denn die schlechten Nachrichten deuten auf eine Rezession hin und könnten die Notenbank noch umstimmen. Denn anders als in Europa hat die FED ein duales Mandat bestehend aus Preisniveaustabilität und Arbeitsmarkt. Letzterer ist zwar sehr robust, dürfte seine Aussichten aber in einer sich verschärfenden Rezession deutlich eintrüben.

Jahresendrallye voraus?

Ob es also zum Ende des Jahres noch einmal nach unten oder oben geht, entscheidet sich morgen. Doch was dürfte dann eigentlich passieren? Selbstverständlich würden die großen Indizes erst mal zwei oder drei Prozent ins Plus drehen und wir sehen einige sehr grüne Handelstage. Aber ist der Bärenmarkt damit vorbei?

Die klare Antwort ist leider nein. Weder der Russland-Ukraine Krieg, die Lieferkettenkrise, der Gasmangel, der Chipmangel oder irgendein anderes globales Problem ist dadurch gelöst. Auch die Inflation wird sich bei 75 Basispunkten mehr oder weniger nicht einfach verabschieden und muss erst in einem langen und harten Kampf niedergerungen werden.

Eine Jahresendrallye wäre also zweifelsohne ein schönes Gefühl nach fast einem Jahr Blutbad an den Börsen, ist aber keineswegs das, was alle Problem auf dieser Welt löst. Damit wir wirklich einen nachhaltigen Aufschwungerleben, braucht es auch die Lösungen der so bedrückenden Situation, in der es sich anfühlt, als jage eine Schlagzeile die nächste.

Deswegen gibt es für Anleger in einer solchen Situation nur eines: Weiter günstig nachkaufen und die Schwarzmaler ignorieren. Denn natürlich wird es irgendwann wieder nach oben gehen, nur wahrscheinlich lange nicht so schnell, wie es viele inzwischen erwarten. Diese Krise ist anderes, es ist ein Test der Geduld, der nur den Anleger belohnen wird, der dabeibleibt und Chancen nutzt.