Alles KLAR? Der schwedische Bezahldienstleister startet stark an der Wall Street – die Erstnotiz liegt deutlich über dem Ausgabekurs, doch das Geschäftsmodell bleibt ein Risiko.

Mit einem Paukenschlag betritt Klarna heute die New Yorker Börse. Der schwedische Bezahldienst, bekannt für seine „Buy now, pay later“-Modelle, hat seine Aktien zu 40 Dollar ausgegeben – über der ursprünglich avisierten Spanne von 35 bis 37 Dollar. Zu Handelsbeginn sprang die Aktie, die an der NYSE unter dem Tickersymbol KLAR gehandelt wird, sofort um 30 Prozent nach oben – nämlich auf 52 Dollar.

Zum Ausgabekurs wurde das schwedische Unternehmen mit rund 15 Milliarden Dollar bewertet. Der Börsengang bringt insgesamt 1,37 Milliarden Dollar ein, wovon der überwiegende Teil allerdings an Altaktionäre fließt. Nur rund 200 Millionen Dollar fließen tatsächlich in die Kassen des Unternehmens.

Von 45 Milliarden zu 6,7 Milliarden Dollar – und zurück in die erste Liga

Kaum ein europäisches Fintech verkörpert die Achterbahnfahrt der vergangenen Jahre so eindrücklich wie Klarna. 2021 war SoftBank mit einer Bewertung von mehr als 45 Milliarden Dollar eingestiegen – Symbol einer Zeit, in der Nullzinsen und Wachstumsfantasien die Tech-Bewertungen in luftige Höhen trieben. Nur zwölf Monate später, mitten in der Zinswende, wurde das Unternehmen in einer weiteren Finanzierungsrunde lediglich noch mit 6,7 Milliarden Dollar bewertet. Nun ist Klarna mit seinem IPO zurück auf der großen Bühne.

Die Börsennotiz ist nicht nur ein Meilenstein für das Unternehmen selbst, sondern auch ein Lackmustest für die Risikofreude der Investoren. Denn nach der langen IPO-Dürre signalisierten zuletzt die fulminanten Börsendebüts von Figma und Circle, dass der Markt wieder bereit ist, Technologiewerten Vorschusslorbeeren zu geben.

Geschäft zwischen Hype und Realität

Klarna verdient den Großteil seiner Umsätze mit Gebühren von Händlern, die den Zahlungsdienst auf ihren Plattformen anbieten. Hinzu kommen Zinsen aus längerfristigen Krediten und Verzugsgebühren. Im zweiten Quartal stiegen die Erlöse um 20 Prozent auf 823 Millionen Dollar – ein solides Wachstum, das aber nicht ohne Schattenseiten kommt: Der Nettoverlust weitete sich von 18 Millionen im Vorjahr auf 53 Millionen Dollar aus.

Das Unternehmen versucht derzeit, sich vom reinen Zahlungsdienstleister zum digitalen Retail-Bankhaus zu wandeln – eine strategische Neuausrichtung, die auch an den Kapitalmärkten kritisch beäugt wird. Wettbewerber wie Affirm in den USA zeigen, dass das „Buy now, pay later“-Modell zwar enorme Reichweite erzeugt, aber in einem Umfeld steigender Zinsen und wachsender Regulierung schnell unter Druck geraten kann.


Gewinner und Verlierer

Besonders profitieren dürften beim IPO die Altinvestoren, die nun Kasse machen. Rund 1,17 Milliarden Dollar des Emissionserlöses gehen an frühe Anteilseigner. Für Klarna selbst bedeutet das, dass frisches Kapital nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht, um die Transformation zum Retail-Banking-Anbieter zu finanzieren.

Für den Markt indes ist Klarna ein Signal: Die Fenster für große Tech-Börsengänge öffnen sich wieder, auch für europäische Schwergewichte. Ob der schwedische Fintech-Pionier die hohen Erwartungen an der Wall Street erfüllen kann, hängt nicht nur von Umsatzwachstum ab, sondern auch von der Fähigkeit, das Geschäftsmodell nachhaltig profitabel zu gestalten.

Der Börsengang markiert das Comeback eines einstigen europäischen Tech-Stars, der nun beweisen muss, dass er mehr ist als nur ein Kind des Nullzinszeitalters. Mit 15 Milliarden Dollar Börsenbewertung ist Klarna aus dem Stand ein Fintech-Gigant, aber eben auch ein Unternehmen mit erheblichen offenen Fragen. Für Investoren ist das IPO eine Wette – auf Wachstum, auf Disruption und auf die Fähigkeit, sich in einem raueren Marktumfeld neu zu erfinden.


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