BÖRSE ONLINE: Wie steht die DSW zur Kritik und den Forderungen von Cerberus?
Klaus Nieding: Nun, es ist in der Tat schon länger kein richtiges Vorankommen der Bank zu beobachten. Stattdessen werden immer neue Strategiepapiere veröffentlicht. Die Bank tritt gewissermaßen auf der Stelle oder kommt nur mit Trippelschritten voran - auch im Vergleich zu Mittbewerbern. Ähnliche Kritik äußere ich schon seit Jahren. Insofern kommt die Kritik von Cerberus eher etwas spät.

Sollte dieser Streit in der Öffentlichkeit ausgetragen werden?
Da habe ich zwei Seelen in meiner Brust. Solch eine Kritik kann man anders adressieren und in anderen Kreisen äußern. Anderseits, wenn man mit seiner Kritik entlang der regulären Kanäle nicht mehr weiter kommt, dann kann die Öffentlichkeit durchaus ein Weg sein, um sich Gehör zu verschaffen. Ich weiß nicht, inwiefern Cerberus mit seiner Kritik intern nicht weitergekommen ist, kann also diese spezielle Situation nicht bewerten.

Wie schätzen Sie die generelle Situation der Commerzbank in dieser Krise ein?
Ich denke, man muss abwarten, wie sich die Krise entwickelt. Die Commerzbank wähnt sich in recht sicherem Fahrwasser, weil sie sehr viel Immobilienfinanzierung im Portfolio hat. Das kann schon ganz gut sein, wenn die jetzige Krise eine steile "V" Charakteristik hat. Aber wenn es zu einem flachen "U" oder gar zu einer "L"-Entwicklung kommt, dann kann die Immobilienfinanzierung auch Probleme bringen. Diese Krise wird also der Lackmustest sein, ob die Risikovorsorge ausreicht. Sie ist jedenfalls niedriger, als bei manchen Mitbewerbern. Schon lange sehe ich kritisch, dass die Commerzbank in einem Jahr einen Geschäftsbereich feiert, um ihn dann im nächsten Jahr zu relativieren oder fallen zu lassen - so wie zum Beispiel die mBank in Polen.

Ist Martin Zielke noch der richtige Vorstandsvorsitzende? Die Kritik an ihm nahm in den letzten Tagen und Wochen immer mehr zu.
Ein Vorstandsvorsitzender in der Kritik muss nicht immer gleich zurücktreten; Ich fände es schlimm, wenn einer immer sofort umfallen würde, wenn ihm der Wind ins Gesicht bläst. Aber er muss sich den Fragen des Kapitalmarkts stellen. Das gilt aber nicht nur für den Vorstand. Auch der Aufsichtsrat muss die Strategien in der Öffentlichkeit mit tragen. Da gefällt mir Paul Achleitner von der Deutschen Bank besser als Stefan Schmittman von der Commerzbank - der sich in der Öffentlichkeit seit der letzten Aktionärsvollversammlung ziemlich weggeduckt hat. Der Aufsichtsrat muss sich auch in der Öffentlichkeit langfristig hinter eine Strategie stellen und darf nicht jedes Jahr eine neue Strategie als Ei des Kolumbus verkaufen.