Bereits 2045 statt 2050 soll der CO2-Ausstoß fast auf null sinken. "Das ist ein faires Angebot auch an die jüngeren Generationen", sagte Schulze. Die größte Last werde nicht in die Zukunft verschoben. "Jede Generation übernimmt hier Verantwortung." Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich optimistisch für eine Einigung im Kabinett nächste Woche: "Ich weiß aber, dass die Gespräche im Detail noch schwierig sein werden."

Das Bundesverfassungsgericht hatte vergangene Woche das Klimagesetz von 2019 als unzureichend gerügt und bis Ende 2022 eine Reform verlangt. Die Richter kritisierten, dass für die Zeit nach 2030 keine konkreten Vorgaben mehr auf dem Weg zur vorgesehenen Klimaneutralität 2050 gemacht wurden. Zudem sprachen sie von einer zu hohen Last für die jüngere Generation angesichts der nötigen CO2-Einsparungen in dieser Zeit.

Dies hatte erheblichen Druck auf die Regierungsparteien im aufziehenden Wahlkampf ausgelöst, auch weil die Grünen in Umfragen teils vorne liegen. "Wir erleben derzeit einen Überbietungswettbewerb beim Klimaschutz. Das ist eine positive Nachricht", sagte Schulze. Der Streit gehe nun um die besten Konzepte. "Das ist keine leichte Aufgabe: Es geht nicht um Mathematik, sondern darum, wie wir leben."

Die Koalition hat nun laut Schulze und Scholz vereinbart, dass 2040 bereits 88 Prozent weniger Treibhausgase produziert werden als 1990. Damit soll dann Klimaneutralität 2045 geschafft werden. Diese besagt eine Reduktion von etwa 95 Prozent. Der restliche, kaum vermeidbare Ausstoß von CO2 soll dann etwa durch Aufforstungen oder möglicherweise durch unterirdische Speicherung erreicht werden.

SCHULZE ARBEITET NOCH AN SEKTORZIELEN


Bis nächste Woche soll laut Schulze noch geklärt werden, wie die Ziel auf einzelne Sektoren wie Verkehr, Energie oder Gebäude heruntergebrochen wird. Im Klimaschutzgesetz hat jeder Bereich bis 2030 eigene jährliche CO2-Höchstgrenzen, die erreicht werden müssen. Schulze sagte, sie werde diese Grenzen nun aber nicht gleichmäßig prozentual über alle Sektoren hinweg herabsetzen. Daraus folgt, dass beispielsweise womöglich der Energiesektor einen größeren Beitrag zu den neuen Vorgaben leisten muss als etwa der Gebäude-Bereich. Sowohl in Regierung als auch im Parlament ist hier ein Ringen zu erwarten. Jedes Ressort will die zusätzlichen Vorgaben für seinen Sektor gering halten.

GREENPEACE UND GRÜNE SKEPTISCH


Die Umweltorganisation Greenpeace blieb skeptisch. Das Ziel reiche nicht aus. Das Deutschland zugestandene Restbudget an CO2-Ausstoß wäre so 2030 bereits zu 85 Prozent aufgebraucht, warnte Klima-Expertin Lisa Göldner. "Danach wären so drastische Maßnahmen notwendig, dass sie die Freiheitsrechte der jungen Generation erheblich verletzten."

Grünen-Vize-Fraktionschef Oliver Krischer sprach von einem Anfang. "Wir brauchen aber noch mehr." Vor allem fehlten konkrete Maßnahmen. "Das ist das alte Spiel der Bundesregierung: Neu Zielmarken aufstellen ohne zu sagen, wie man da hin kommt." FDP-Klimaexperte Lukas Köhler bemängelte blinden Aktionismus: "Sehr viel wichtiger ist die Wahl der richtigen Instrumente."

Tatsächlich blieb zunächst offen, wie die neuen Ziele umgesetzt werden. In der Koalition gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen etwa beim nötigen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Altmaier sprach sich zwar hier auch für höhere Ausbauziele aus. Die Kosten dafür dürften aber nicht mehr auf den Strompreis umgelegt werden und diesen zusätzlich steigen lassen. Hierfür wie für Veränderungen am CO2-Preis von Sprit oder Heizöl müssten neue Gesetze geändert werden. Dies gilt angesichts des Wahlkampfs als wenig wahrscheinlich, so dass diese Aufgabe einer neuen Regierung ab Herbst zufallen dürfte.

rtr