Die Sparkassen haben sich Ihrer Ansicht nach inzwischen gut auf das extrem niedrige Zinsumfeld eingestellt. Verstummt damit Ihr Protest gegen die expansive Geldpolitik der EZB?


Die Inflation im Euroraum hat inzwischen deutlich angezogen, aktuell liegt sie laut Eurostat bei zwei Prozent. Das ist voll im Zielkorridor der EZB. Wer in den letzten Jahren Nullinflation und damit einhergehende Deflationsgefahren als Argument genutzt hat, um eine extrem expansive Geldpolitik zu begründen, muss jetzt auch die Konsequenzen ziehen und langsam umsteuern. Die Kombination aus Negativ- und Nullzinsen sowie dem Milliarden umfassenden Ankaufprogramm verzerrt die Märkte auf breiter Front.

Inwiefern?


Auf Einlagen bekommt man kaum noch Zinsen und durch das Ankaufprogramm wird der Markt für andere Interessenten leergefegt, die unter Umständen dann höhere Risiken eingehen müssen. Für den normalen Verbraucher kommt hinzu, dass durch die steigende Inflation zum Beispiel die Kosten für Mieten, Lebensmittel und Energie steigen. Auf diese unterschiedlichen Belastungen muss reagiert werden.

Erwarten Sie einen baldigen Zinsschritt?


Die EZB muss langsam und besonnen umsteuern. Dazu gehört zunächst, dass das Anleihe-Kaufprogramm schrittweise zurückgefahren und beendet wird. Ein Zinsschritt ist aktuell noch nicht in Sicht. Er ist aber bei weiterer wirtschaftlicher Erholung des Euroraums perspektivisch der logische nächste Schritt.

Wie groß ist die Belastung durch die niedrigen Zinsen für die einlagenstarken Sparkassen?


Der Zinsüberschuss lag in 2016 mit 22,2 Milliarden Euro rund 840 Millionen Euro unter dem Vorjahreswert. Hier zeigen sich die Auswirkungen des extrem niedrigen Zinsumfeldes. Gleichzeitig ist es den Sparkassen aber gelungen, ungefähr die Hälfte dieser Summe durch eigene Anstrengungen wieder hereinzuholen - etwa indem die Häuser das Provisionsergebnis erhöht und den Verwaltungsaufwand gesenkt haben.

Sie haben ja auch Stellen abgebaut...


Ja, die Institute stellen sich schlanker auf. Dabei nutzen sie die natürliche Fluktuation und besetzen nicht jede Stelle wieder neu.

Wird der Abbau in diesem Jahr fortgesetzt?


Ich gehe davon aus, dass dieser Weg über natürliche Fluktuation und Vorruhestandsregelungen auch in den nächsten Jahren weiter beschritten wird.

Negativzinsen weiterzugeben ist heikel, bei Privatkunden wollen Sie es vermeiden, bei Geschäftskunden und Kommunen machen es die Institute schon. Wie geht die Entwicklung weiter?


Die Sparkassen wollen keine Negativzinsen. Schon gar nicht für Sparer. Deswegen stemmen sie sich mit Macht dagegen - teilweise übrigens zu ihren eigenen Lasten. Die Situation bei gewerblichen Kunden oder institutionellen Anlegern ist dagegen eine andere. Hier können die Sparkassen nicht dauerhaft gegen den Markt arbeiten und Zugeständnisse machen.

Die Kreditvolumina sind im vergangenen Jahren gestiegen. Erwarten Sie das auch 2017 und wenn ja, in welchen Bereichen?


Das hängt natürlich stark von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland ab. Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland sind im Durchschnitt aber kerngesund und verfügen über hohe Eigenkapitalquoten. Gleichzeitig nehmen die Unternehmen die großen Herausforderungen an - die Digitalisierung sowie die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit ins europäische Ausland und darüber hinaus sind wichtige Themen. Das alles macht uns optimistisch und in den ersten Wochen des neuen Jahres sehen wir auch eine sehr gute Entwicklung im Unternehmenskreditgeschäft.

Gleichzeitig sind die privaten Vermögen Ihrer Kunden gewachsen und die Einlagen sind auf einem 15-Jahres-Hoch. Sie verweisen darauf, dass untere und mittlere Einkommen dabei zu kurz kommen und fordern Impulse. Was für Impulse können das sein?


Die Kunden der Sparkassen haben im vergangenen Jahr 38,2 Milliarden Euro zusätzliches Geldvermögen gebildet. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr noch einmal einer Steigerung von knapp 20 Prozent. Wir dürfen über dieser positiven Nachricht aber nicht vergessen, dass von diesem Geldvermögenszuwachs längst nicht alle Teile der Bevölkerung profitieren. Wir haben bewährte Instrumente, wie zum Beispiel das Vermögensbildungsgesetz, die nach fast 20 Jahren an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden müssten. Gerade bei den Vermögenswirksamen Leistungen sind inzwischen viele Menschen aus der Förderung herausgefallen. Hier könnte die Politik durch eine Anpassung der Eckwerte etwas tun, um den Vermögensaufbau zu unterstützen.

Wie würde sich ein solcher Schritt auswirken?


Das würde es den privaten Haushalten, insbesondere bei den mittleren und unteren Einkommengruppen ein Stück weit erleichtern, Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Und Vorsorge - auch wenn sie nur in bescheidenem Umfang ertfolgt - ist wichtig, weil der für den Vermögensaufbau wichtige Zins- und Zinseszinseffekt derzeit ausbleibt. Es ist letztlich eine individuelle Entscheidung für welche Form der Altersvorsorge man sich entscheidet - wichtig ist, dass man möglichst frühzeitig damit beginnt.

Die Privatbanken schalten im Privat- und Firmenkundenbereich - Ihrem Kerngeschäft - auf Angriff. Wie gehen Sie damit um?


Als Marktführer ist man immer den Attacken der Wettbewerber ausgesetzt. Wir haben im alten Jahr wieder gezeigt, dass wir über unsere gute Kenntnis der Marktlage - übrigens ohne die Risiken zu steigern - unsere Marktanteile haben ausbauen können. Das liegt auch an unserer dezentralen Aufstellung. Die hervorragende Kenntnis der jeweiligen Region und des wirtschaftlichen Umfeldes ist für die Sparkassen ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Die Regulierung kostet Geld, vor allem was die IT-Strukturen betrifft - auch die Sparkassen. Ist da das Ende der Fahnenstange erreicht?


Es gibt auch knapp zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise noch eine Fülle von Regulierungen die entweder final ausgehandelt oder umgesetzt werden müssen. Da ist leider noch kein Ende in Sicht. Ein Beispiel sind die neuen Eigenkapitalregeln für Banken, Basel IV genannt. Der Prozess ist ins Stocken gekommen, weil niemand genau weiß, welche Position die neue amerikanische Administration einnimmt. Grundsätzlich brauchen wir eine Regulierung, die mehr Rücksicht auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle nimmt. Es macht keinen Sinn, regional ausgerichtete Kreditinstitute den gleichen Regeln wie weltweit agierende Investmentbanken zu unterwerfen. Deswegen werben wir für eine sogenannte "Small and Simple Banking Box".