Die Produktion von Kali und Salz klingt nicht gerade nach einem sehr aufregenden und turbulenten Geschäftsfeld. Lange war es das dank künstlich stabil gehaltener Preise auch nicht, doch seit dem vergangenen Sommer ist alles anders. Denn da kündigte der damalige Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner das Kali-Kartell mit Weißrusslands Konzern Belaruskali. Das hatte einen deutlichen Kalipreisverfall zur Folge und das wiederum riss auch die Aktienkurse der Branchenvertreter mit nach unten. Die nordhessische K+S AG NA (WKN KSAG88, 25,415 Euro) beispielsweise, die zu den weltweit führenden Anbietern von Düngemitteln und Salzprodukten gehört, beendete das Jahr mit einem Minus von rund 36 Prozent. Damit trug man unter den 30 DAX-Mitgliedern die rote Laterne.

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Denn nach dem scharfen Einbruch ist die Notiz schon seit August wieder dabei, die Scharte auszubügeln. Das lief zunächst zwar etwas holprig ab, doch seit Ende November hat die Erholungsbewegung zusehends an Schwung gewonnen. Ein Trend, der sich bisher auch 2014 fortgesetzt hat. Im noch jungen Börsenjahr steht dadurch schon ein Plus von 13,6 Prozent zu Buche. Der Kurs ist mittlerweile auf den höchsten Stand seit Juli 2013 vorgerückt, was zu einer Verbesserung des angeknacksten Chartbilds beigetragen hat.

Preiskartell im Osten dürfte wieder aufleben

Fundamental begründen Marktteilnehmer die jüngste Entwicklung mit verschiedenen Faktoren. Verwiesen wird zum einen auf die Kältewelle in den USA, weil das dort den Bedarf an Streusalz erhöht hat. Zum anderen, und das dürfte der wichtigste Grund sein, hat sich die Angst vor einem weiteren Kalipreisrückgang gelegt. Vielmehr wird jetzt eher wieder mit steigenden Preisen gerechnet. Dafür spricht, dass Baumgertner auf Druck von Weißrussland hin abgesägt wurde. Nun leitet mit Dimitri Osipow ein Manager des Uralkali-Großaktionär Uralchem die Geschäfte. Dessen bisherige Aussagen werden so interpretiert, dass es zu einer Wiederbelebung des osteuropäischen Preiskartells kommen dürfte, das rund 40 Prozent des Welthandels kontrolliert hatte.

Geht diese Rechnung auf, stehen die Chancen auf zumindest wieder etwas anziehende Kalipreise voraussichtlich nicht schlecht. Zumindest sprechen dafür auch die Maßnahmen des zweiten bestehenden Kalikartells in Nordamerika, dessen Mitglieder als Reaktion auf den drohenden Preisverfall die Kapazitäten gekürzt haben und die rund 30 Prozent des Kali-Düngemittelmarktes beherrschen. Für K+S und die investierenden Anleger wäre eine Kalipreiserholung ein Segen. Denn die Ergebnis- und damit die Kursaussichten hängen stark von den Kalipreisen ab. Wie stark, zeigen Berechnungen von Nils-Peter Fitzl. Der Hauck & Aufhäuser-Analyst beziffert den Verlust je Aktie vor Steuern und Zinsen (Ebit) bei einem Kalipreis von 300 Dollar je Tonne auf zwei Millionen Euro. Den fairen Kurs veranschlagt er bei diesem Szenario auf lediglich vier Euro. Bewegt sich der Kalipreis dagegen bei 450 Dollar die Tonnen, kommt er auf ein Ebit von plus 736 Mio. Euro. Das würde dann Kurse von 44,90 Euro rechtfertigen.

Einfluss des Kalipreises auf den Aktienkurs von K+S (Free-Cashflow.Rendite 2014e)

Das denkbare Szenario ist somit sehr breit gefächert und je nach dem, wo sich die Kalipreise einpendeln, kann das für die Aktionäre entweder scharfe Kursverluste oder stolze Kursgewinne bedeuten. Investieren kann somit eigentlich nur, wer sich zutraut, die weitere Kalipreis-Entwicklung zu prognostizieren. Allerdings können das nicht einmal Experten mit einer wirklich hohen Eintrittswahrscheinlichkeit vorhersagen.

Hoher Investitionsbedarf bereitet Sorgen

Mit Blick auf K+S sind auch noch unternehmensspezifische Risiken zu beachten. Diese haben neben einem ebenfalls volatilen Auftausalzgeschäft vor allem mit der Erschließung einer neuen Kali-Mine in Kanada zu tun, die 2016 in Betrieb gehen soll. Diesen Weg einzuschlagen, daran führt vermutlich kein Weg vorbei, weil sich auf Sicht von 20 bis 30 Jahren die Lagerstätten in Deutschland dem Ende zuneigen. Doch ob sich das mit Investitionen von rund drei Milliarden Euro verbundene Projekt lohnen wird, kann trotz der in Kanada niedrigeren Produktionskosten niemand garantieren. Sorgen bereiten manchen Beobachtern trotz der gleichzeitig eingeleiteten Sparmaßnahmen das Kapital, das dafür in die Hand genommen werden muss. Die Ratingagentur Moody´s hat deswegen jüngst auch schon die Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau gesenkt. Das ist natürlich ein Warnsignal.

Was die voraussichtlichen Gewinne für das Geschäftsjahr 2003 angeht, war zuletzt beim Betriebsergebnis von mehr als 600 Millionen Euro die Rede. 2012 standen noch 804 Millionen Dollar zu Buche. Einige Analysten haben jüngst ihre Kursziele in Reaktion auf das etwas verbesserte Umfeld dennoch erhöht. Allerdings bewegen sich die Kursziele dieser Einschätzungen mit 25 bis 28 Euro in einer Bandbreite, deren unterer Rand die aktuell gültige Notiz bereits erreicht hat. Sollten die Kalipreise steigen, müssten allerdings auch die neuen Kursziele noch einmal angehoben werden. Umgekehrt gilt das natürlich auch für den Fall wieder rückläufiger Kalipreise. Haben die aktuellen Gewinnschätzungen Bestand, dann ergibt sich auf Basis der für 2014 erwarteten Zahlen ein mit gut 20 bereits sehr anspruchsvolles KGV.

Einen anderen Trumpf hat die Aktie neben der breiten Produktpalette bei Düngemitteln und der langfristig vermutlich weiter steigenden Düngemittel-Nachfrage aber noch in der Hinterhand. Gemeint sind damit die noch immer sehr hohen Leerverkäufe in diesem Papier. Sollten die Kurse weiter steigen, könnten die auf fallende Preise wettenden Hedge-Fonds zu Eindeckungen gezwungen werden. Aber dieser Sachverhalt unterstreicht nur noch ein weiteres Mal, dass mit K+S ein DAX-Vertreter einen sehr spekulativen Anlagecharakter hat. Investieren sollte deshalb nur, wer das dazu passende Risikoprofil mitbringt. Als Investor darf man zudem auch kein Problem damit haben, Geld in eine Branche zu stecken, die von Kartellstrukturen geprägt ist, welche eine marktwirtschaftliche Preisfindung verzehren. Aber lassen wir alles das einmal beiseite, dann spricht die jüngste Kursstärke in Verbund mit der rationalen Überlegung, dass Russen und Weißrussen vermutlich einen Teufel tun werden, sich die eigenen Preise zu verderben, dafür, dass der Vorjahresverlierer im Dax in diesem Jahr bessere Aussichten hat.