Die künftig stark steigende Nachfrage und ein Angebotsdefizit sprechen für einen höheren Kupferpreis. Davon dürften die Minenbetreiber profitieren. Von Sven Heckle

In den vergangenen Jahrzehnten war die Situation auf dem Kupfermarkt stets eng mit der Entwicklung der weltweiten Konjunktur verknüpft. Da das rote Metall in vielen Bereichen der Wirtschaft zum Einsatz kommt, gilt es seit jeher als zuverlässiger Frühindikator. Entsprechend war der Kupferpreis mit dem Ausbruch der Pandemie im März 2020 auf ein vorübergehendes Tief eingebrochen und mit der nachfolgenden Erholung der Weltwirtschaft ebenso schnell wieder nach oben gezogen.

Die hohe Korrelation lässt sich besonders gut auch im längerfristigen Zeitfenster beobachten, hat die Kupfernachfrage in den zurückliegenden Jahrzehnten doch in etwa im gleichen Maße wie die Wirtschaftsleistung zugenommen — konkret zwischen 1998 und 2021 um 85 Prozent von 13 auf 24 Millionen Tonnen pro Jahr. Nun aber sorgt vor allem die Energiewende dafür, dass der Kupferverbrauch in den kommenden Jahren überproportional kräftig ansteigen dürfte. So benötigen Elektrofahrzeuge rund dreimal mehr Kupfer als herkömmliche Autos, hoher Bedarf entsteht zudem durch den weltweiten Ausbau der E-Mobility-Ladepunkte. Für Solar- und Windkraftanlagen wird etwa zwei- bis fünfmal mehr Kupfer gebraucht als bei traditionellen Kohle- und Gaskraftwerken, wobei in dieser Rechnung der zusätzliche Kupferbedarf für Energiespeicher und den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur noch nicht einmal berücksichtigt ist.

Trotz aktuell bestehenden Rezessionssorgen warnte Goldman Sachs daher zuletzt vor einem „noch nie dagewesenen Extrem in Bezug auf die Knappheit“ von Kupfer schon in diesem Jahr. War die US-Bank bislang für 2023 noch von einem Überangebot von 169 000 Tonnen ausgegangen, rechnet man nun bereits für das gerade begonnene Jahr mit einem Defizit von 178 000 Tonnen. Für den Kupferpreis dürfte es den Experten zufolge in den kommenden zwölf Monaten auf bis zu 11 000 US-Dollar je Tonne nach oben gehen.

Verdoppelung des Kupferbedarfs

Während die kurzfristige Entwicklung der Kupfernachfrage und damit auch des Kupferpreises noch mit ein paar Unsicherheitsfaktoren wie dem tatsächlichen Ausmaß der Konjunkturdelle und der weiteren Covid-Strategie in China behaftet ist, zeigen sich die meisten Branchenexperten über die längerfristige Situation im Kupfermarkt einig. Das kanadische Brokerhaus Canaccord geht in seiner jüngsten Branchenstudie von einem Anstieg der Kupfernachfrage auf 38 Millionen Tonnen bis 2030 aus, S & P Global rechnet bis 2035 gar mit einer Verdoppelung des Kupferbedarfs auf 50 Millionen Tonnen. 

Hoher Investitionsbedarf der Minen

Die angespannte Angebotssituation dürfte sich in den kommenden Jahren dramatisch verschärfen. Der Rohstoffkonzern BHP rechnet vor, dass zwischen 2019 und 2030 sogar etwa vier Millionen Tonnen wegfallen könnten, da einige der großen Kupferminen entweder dem Ende ihres Produktionszyklus entgegensehen oder nun in Zonen mit geringeren Kupfergehalten vorstoßen. Um das Szenario einer riesigen Versorgungslücke doch noch abzuwenden, müssten nun dringend die Weichen gestellt werden. Zwischen acht und zehn Jahre dauert es, um ein neues Kupferprojekt in die Produktion zu führen. Dabei gleicht vor allem die Entwicklung großer Vorkommen einer Mammutaufgabe, die dazu mit Kosten meist im Milliardenbereich verbunden ist. Den gesamten Investitionsbedarf der Branche taxiert Goldman Sachs in den kommenden zehn Jahren auf etwa 150 Milliarden US-Dollar. Für das Erreichen der Energie- und Umweltziele müssten laut des auf Rohstoffe spezialisierten Analysehauses Wood Mackenzie in den kommenden 30 Jahren sogar geschätzte 23 Milliarden US-Dollar in den Sektor fließen — und das pro Jahr wohlgemerkt. Noch wird Kupfer dafür allerdings auf einem zu niedrigen Niveau gehandelt, als dass derart große Budgets zur Verfügung stehen würden. 

Der Bergbaukonzern Freeport-McMoRan aus den USA warnt daher schon lange davor, dass das aktuelle Preisniveau nicht ausreicht, um neue Investitionen der Rohstofffirmen zu unterstützen. Die Nummer 2 der Branche nach dem chilenischen Konzern Codelco, der in Staatsbesitz ist, konnte mit den Produktionszahlen zum dritten Quartal die erst im Juli veröffentlichten Ziele deutlich übertreffen und ein Ebitda in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar verbuchen. Dazu hat das Unternehmen weitere 400 Millionen US-Dollar Schulden getilgt. Die Aktie kletterte im Schlussquartal deutlich nach oben und dürfte in den kommenden Jahren einen schönen Hebel auf die Entwicklung des Kupferpreises aufweisen: Bis zu 50 Prozent des freien Cashflows sollen auch künftig in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre der Gesellschaft zurückgegeben werden. Einzelne Analysten sehen Freeport-McMoRan in einem freundlichen Umfeld deshalb gar als attraktives Übernahmeziel, nachdem sich das M&A-Karussell der Branche in den vergangenen Monaten wieder schneller gedreht hat. 

So hatte zunächst Rio Tinto mit dem Werben um Turquoise Hill Erfolg, mit deren Übernahme man sich nun alle Besitzrechte an der Oyu-Tolgoi-Kupfermine in der Mongolei sichern konnte. Im Dezember legte BHP ein Übernahmeangebot im Volumen von rund 6,5 Milliarden US-Dollar für den australischen Mitbewerber Oz Minerals auf den Tisch, mit dem der Rohstoff-Riese seine Position innerhalb des Kupfersektors stärken und Synergieeffekte heben möchte. Wird der Deal wie erwartet durchgewunken, wäre es die größte Transaktion für BHP seit der zwölf Milliarden US-Dollar schweren Übernahme des Schiefergasproduzenten Petrohawk im Jahr 2011. 

Suche nach neuen Vorkommen

Schon zu Jahresbeginn hatte sich BHP bereits mit 100 Millionen kanadischen Dollar an der kanadischen Gesellschaft Filo Mining beteiligt. Das Unternehmen entwickelt das Filo-del-Sol-Kupferprojekt in der argentinischen Provinz San Juan, bei dem die bisherigen Explorationsarbeiten ein Weltklasse-Vorkommen vermuten lassen. Anfang 2023 werden weitere Bohrergebnisse erwartet, zudem untersucht die Gesellschaft mit einem 40 000 Meter umfassenden Bohrprogramm während des angelaufenen Sommerhalbjahres auf der Südhalbkugel weitere Gebiete außerhalb der bekannten Mineralisierungszonen. Mit der knappen Verdoppelung der Bohrgeräte von bislang sechs auf jetzt elf tritt die Company nun noch stärker auf das Gaspedal.

Zeigen die Untersuchungen der neuen Bohrziele das Potenzial für ein noch größeres Kupfervorkommen als bislang gedacht, dürfte Filo Mining als mögliches Übernahmeziel nicht nur für den derzeitigen Großaktionär BHP überaus interessant werden.